Der Tod meiner Schwester
fuhren zwischen Bucht und Fluss hin und her.
In dem Sommer, als Ross sechzehn war, tauchte er mit einem Ford Cabrio an der Küste auf. Was hatten wir für Spaß mit dem Wagen! Natürlich war er nur für vier Leute gedacht, doch wir schafften es, uns zu sechst oder siebt hineinzuquetschen, wobei einige nur auf dem Trittbrett standen und sich festklammerten. Wir waren wild – natürlich nicht nach heutigen Maßstäben, doch damals hielten wir uns für ziemlich verwegen. Es schien alles so sicher zu sein. Ich kannte niemanden, der bei einem Autounfall verletzt wurde. Niemand ertrank im Meer. Und vor allem wurde niemand ermordet: Mit dem Zusammenbruch der Wall Street und dem Zweiten Weltkrieg sollte unser beschauliches Leben wenige Jahre später ein Ende finden, doch unsere Teenagerzeit war unbeschwert und voller Spaß.
Da jeder von uns fahren konnte, hingen wir in Jenkinson’s Pavillon an der Strandpromenade rum. Wir wohnten beinahe dort, tanzten abends zu Live-Musik, schwammen tagsüber in dem riesigen Salzwasserpool und brieten stundenlang in der Sonne. Ein Wunder, dass ich niemals Hautkrebs bekam, doch ich hatte den mediterranen Teint meiner Mutter, und der hat mich wohl geschützt.
Meine dunkle Haut hatte jedoch auch ihren Preis.
In dem Sommer, als ich siebzehn war, hatte sich meine Schwärmerei für Ross fast zu einer Obsession entwickelt. Er sah nicht nur gut aus, sondern war auch noch klug. Er erhielt Bestnoten in seiner Privatschule und würde im Herbst in Princeton angenommen werden, wo er in die Fußstapfen seines Vaters trat und Jura studierte. Doch es schien, als würden wir niemals mehr sein als reine Freunde. Ross nahm mich oft mit zu Partys oder anderen Geselligkeiten, und auf dem Heimweg sprachen wir darüber, wen wir attraktiv fanden, mit wem wir gerne ausgehen würden.
Mit dir
, wollte ich sagen.
Du bist es, mit dem ich ausgehen will
. Es war hart für mich, von ihm zu hören, dass er Sally oder Delores mochte, während mein Verlangen nach ihm mich fast zerfraß. Doch ich spielte das Spiel mit, indem ich sagte, ich hätte eine Schwäche für Fred Peters, den am besten aussehenden Jungen in unserer Gruppe. Ross antwortete nur, dass er glaube, Fred sei ebenfalls an mir interessiert.
Die Wende kam, als ich zur Königin des Sommerfestes gekrönt wurde, einer alljährlichen Veranstaltung in Point Pleasant. Dabei gab es eine kleine Parade, bei der ich auf einem Festwagen stand, der von einigen Jungen aus meiner Clique gezogen wurde, darunter Ross und Fred. Ich war von Kopf bis Fuß in Weiß gekleidet und trug eine Krone. Meine neidischen Freundinnen taten unbeeindruckt, doch seit meinen fünfzehn Minuten Ruhm schien Ross mich mit anderen Augen zu sehen.
Nach der Parade fuhr er mich nach Hause. Er bog in den Shore Boulevard, doch statt weiter zu uns nach Hause zu fahren, hielt er vor dem Wald.
“Was soll das?”, fragte ich.
Er blickte mich an und lächelte fast schüchtern. “Ich will dir etwas sagen, Maria”
“Was?”
“Du warst eine sehr schöne Königin.” So etwas hatte Ross noch nie zu mir gesagt. In all den Jahren, die ich ihn kannte, hatte er sich niemals zu meinem Aussehen geäußert.
“Danke”, sagte ich.
“Ich hoffe, du findest das jetzt nicht dumm von mir”, setzte er an, “weil wir ja immer nur Freunde gewesen sind. Doch ich habe den Winter über an dich gedacht. Ich dachte daran, wie toll es wird, dich diesen Sommer wiederzusehen.”
“Das dachte ich auch”, flüsterte ich.
“Tatsächlich?”
Ich nickte.
“Ich bin in Princeton mit ein paar Mädchen ausgegangen, du weißt schon, doch ich dachte die ganze Zeit nur an dich”, gestand er. “Ich sah mir Fotos an, die meine Eltern von dir und mir gemacht hatten … du weißt schon, beim Segeln und in unserer Tenniskleidung und … du kennst die Bilder.”
Ich nickte wieder, und mein Herz wollte schier zerspringen vor Freude und Dankbarkeit. Hier waren die Worte, die ich mir von ihm erträumt und nur in meiner Vorstellung gehört hatte – oder erlogen hatte, wenn ich meinen Freundinnen in Westfield von Ross erzählte.
“Als ich heute bemerkte, wie die anderen Männer dich ansahen …” Er schüttelte den Kopf. “Ich wusste, dass ich dir meine Gefühle gestehen muss. Ich konnte es nicht riskieren, dich fortgehen zu lassen.” Er nahm meine Hand und umschloss sie mit seinen Händen. “Ich habe mich in dich verliebt, Maria.”
Ich war sicher, dass mein Strahlen den ganzen Wagen erhellte. Ich befreite meine Hand
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