Der Tod und der Dicke
erst die Erlaubnis einholen sollen, wenn er die Abschriften von Ffions Verhör mit hinausnehmen wollte. Aber Komorowski konnte doch unmöglich wissen, dass sie da drin waren. Oder doch? Und was zum Teufel machte es schon? War ja nicht so, dass er die Pläne des neuesten Star-Wars-Systems klaute!
»Guten Abend«, sagte er und trat hinaus in die schwere, dampfende Sommerabendluft von Manchester.
5
Mr. No Name
Statt direkt in sein Hotel zurückzukehren, nahm Pascoe den Umweg über den Albert Square, wo er eine leere Parkbank fand. Er zog sein Handy heraus und den Zettel, den Komorowski ihm gegeben hatte, und sah sich um. Niemand in Hörweite. Aber das bedeutete nichts mehr in diesen Tagen der überdimensionierten Richtmikrofone.
Mein Gott, ich werde wirklich noch paranoid, sagte er sich, während er die Nummer wählte.
»Hallo«, kam fast augenblicklich die Antwort.
»Hallo, hier ist Pascoe, ich …«
»Ja. Gut. Es geht um unseren Freund, Sergeant Jonty Young, richtig? Oder Mr. John T. Youngman, wie wir ihn jetzt nennen sollten. Was möchten Sie wissen?«
Die Stimme, ein tiefer Bariton, hatte das leichte Schnarren des südwestlichen Englands. Man konnte sich gut vorstellen, wie diese Stimme kraftvoll »The Floral Dance« zum Besten gab.
»Alles, was Sie mir erzählen können, das ich nicht auch woanders finden kann«, sagte Pascoe.
»Schön zu wissen, dass es noch Sachen gibt, an die ihr Dreckskerle nicht rankommt«, sagte Mr. No Name glucksend. »Alles, was ich Ihnen sagen kann: Ich kannte ihn, als er noch beim Service war, und habe seit seinem Ausscheiden ein Auge auf ihn. Wir verfolgen sehr genau ehemalige Kollegen, die sich aufs Schreiben verlegen. Es gibt ja ein paar Dinge, die man unter Verschluss halten will. Wir stürzen uns auf jeden, der aussieht, als könnte er diese Grenze überschreiten.«
»Sie meinen, Sie erwirken eine gerichtliche Verfügung gegen die Veröffentlichung?«
»Manchmal«, sagte Mr. No Name. »Manchmal stürzen wir uns auch wirklich auf ihn. Ist nur ein Witz.«
»Haha«, sagte Pascoe. »War das bei Youngman nötig?«
»Nein. Von unserem Standpunkt aus war sein Zeug harmlos.«
»Er behauptet, vieles davon basiere auf Tatsachen.«
»Da hat er auch recht. Eine Menge wiedererkennbarer Ereignisse, bei manchen war er selbst beteiligt, das meiste davon ist dem SAS bekannt. Wir sind ein eingeschworener Haufen. Wir erzählen uns gern unsere Abenteuer. Aber er hat nie etwas preisgegeben, was wir geheim halten wollten. Wenn überhaupt, dann haben wir durch seine Bücher ziemlich gute Publicity bekommen.«
Was würden diese Leute erst als schlechte Publicity ansehen?, fragte sich Pascoe.
»Er verfolgt also keine eigenen Zwecke?«
»Jedenfalls nicht gegen den SAS. Aber er hasst die Typen, gegen die er gekämpft hat, er hasst sie wirklich. Das kommt in seinen Büchern klar und deutlich zum Ausdruck. Noch klarer und deutlicher war es, als er dort draußen gegen sie im Einsatz war. Das ist natürlich nicht gutzuheißen, aber es hat ihm sowohl innerhalb als auch außerhalb des Service eine Menge Sympathien eingebracht.«
Für den Versuch, einen Polizisten umzubringen? Dann erinnerte sich Pascoe, dass sie für Mr. No Name einzig und allein deshalb an Youngman interessiert waren, weil er verdächtigt wurde, an den Aktivitäten der Templer beteiligt zu sein.
»Würden einige in ihrer Sympathie so weit gehen, ihm zu helfen, falls er untertauchen müsste?«
»Unter SAS-Angehörigen, kein Problem. Man kümmert sich um seine Kumpel, das ist das Erste, Fragen werden erst nachher gestellt. Und ich möchte sagen, wenn er nichts weiter vorhat, als irgendwo unterzutauchen, wo das Gesetz ihn nicht belangen kann, dann, glaube ich, wird es ihm nicht an Unterstützung mangeln.«
Das war mehr oder weniger das, was Pascoe erwartet hatte Glücklich machte ihn das nicht
»Würden Sie sich ebenfalls dazu zählen?«
»Großer Gott, was für eine Frage an einen treuen Staatsdiener Ihrer Majestät! Aber ich wage zu sagen, ich könnte versucht sein, ihm einen kleinen Vorsprung zu lassen, bevor ich Alarm schlage.«
Das war wenigstens ehrlich.
»Was, wenn es noch weiter geht, als ihn nicht auszuliefern? Ich vermute, wenn er Mitglieder für die Templer rekrutieren wollte, würde er sich doch als Erstes an ehemalige Kameraden wenden. Können Sie mir irgendwelche Namen nennen?«
Eine Pause, dann sagte er: »Hören Sie, es ist eine Sache, Ihnen bei Young zu helfen, den Sie vermutlich allein aufgrund
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