Der Tod und der Dicke
sagte er. »Ich hätte anrufen sollen, aber jetzt bin ich trotzdem da.«
Er ging zu ihr, und sie küssten sich. Ein ziemlich guter Kuss, aber er fühlte sich nicht so an, als würde er zu irgendetwas führen.
»Einen anstrengenden Tag gehabt, Liebling?«, fragte er mitfühlend, als sie sich von ihm löste und zur Reparatur ihres Make-ups ansetzte.
»Eigentlich nicht. Peter, schön, dass du da bist. Aber ich hab soeben einen Termin zugesagt.«
»Oh«, sagte er. »Kannst du ihn nicht wieder absagen?«
»Nein, wirklich nicht. Tut mir leid, es ist wichtig. Ich soll in Fidlers Dreier auftreten. Heute Abend.«
Fidlers Dreier war eine äußerst populäre TV-Talkshow. Jede Woche lud der Gastgeber Joe Fidler drei Gäste ein, um mit ihnen vor Publikum über ein Thema von aktuellem allgemeinem Interesse zu diskutieren. Fidlers Dreier hatte zwei Besonderheiten, denen die Sendung ihre Popularität verdankte. Erstens: Politiker, Journalisten oder Persönlichkeiten der ersten Reihe waren auf dem Podium nicht zugelassen. Zweitens: Zu Beginn jeder Sendung wurde eine Liste mit klischeehaften Redewendungen eingeblendet, angefangen bei den alten Favoriten auf gleicher Augenhöhe, die weitere Entwicklung abwarten, bei allem Respekt, soziale Gerechtigkeit etc., zu denen dann neuere Ausdrücke hinzukamen. Die Gäste nahmen es auf sich, jedes Mal eine Spende von fünfzig Pfund an eine von Fidler ausgewählte Wohltätigkeitsorganisation zu zahlen, wenn sie einen dieser Ausdrücke gebrauchten; jeder Versprecher wurde mit einer aufgezeichneten Stimme begleitet, die »Zur Ordnung! Zur Ordnung!« rief, unterlegt mit einer Kakophonie von Tierlauten, das Signal für das Publikum, den Missetäter mit einem Sperrfeuer aus bunten Pingpongbällen zu belegen.
Fidler selbst war ein umgänglicher junger Mann und ehemaliger Labour-Unterhausabgeordneter, bevor »das ganze sinnlose Gewäsch« ihn zur Niederlegung seines Mandats bewogen hatte, um mehr Zeit mit seinem Geld verbringen zu können und eine TV-Größe zu werden. Die einzige Qualifikation für seine Gäste bestand seiner Aussage nach darin, eloquent und dogmatisch zu sein, meistens aber stellte sich heraus, dass sie durchaus einen persönlichen Bezug zum Gesprächsthema hatten.
»Kam das nicht ein wenig kurzfristig?«, fragte Pascoe.
»Na ja, ging eben auf Ffion zurück«, sagte Ellie.
»Ah.«
Ffion Lyke-Evans war Ellies Literaturagentin und für die Publicity ihres Romans zuständig. Pascoe hatte sie bei einer Autogrammstunde in Leeds kennengelernt. Er war aufgehalten worden und hatte den nahezu leeren Laden zwanzig Minuten zu spät betreten. Als er Ellies einsame Gestalt sah, die neben einer Wand unverkaufter Bücher saß und deren verzweifelter Blick ihr unbekümmertes Lächeln Lügen strafte, hätte er sich am liebsten wieder leise davongestohlen, wenn ihm nicht eine verführerische walisische Stimme ins Ohr geträllert hätte: »Hallo, Sir. Sie kommen zum Signieren, nicht wahr? Ein wunderbares Buch, Sie werden es nicht mehr weglegen können.«
Sie konnte reden, das musste Pascoe zugeben. Sie war jung und attraktiv, hatte langes schwarzes Haar, riesige dunkle Augen, Lippen, die einem Mann die Seele aussaugen konnten, und ein gewinnendes durchtriebenes Lächeln. Nachdem Pascoe sich zu erkennen gegeben hatte, zählte sie ihm fünfundzwanzig überzeugende Gründe auf, warum keine Kunden da waren. Pascoe ließ sich davon nicht überzeugen, bemerkte aber, dass Ellie, die Erzskeptikerin, an jedem bezaubernden Wort der walisischen Hexe hing.
Ihr Zutrauen war durch das nachfolgende Schweigen aller literarischen Medien ein wenig geschmälert worden. Aber immer wenn er sie dazu animieren wollte, einen Witz auf Kosten Ffions zu goutieren, beharrte sie darauf, dass das Mädchen seine Arbeit verstand. Und trotz seiner tiefsitzenden Zweifel ließ sich Pascoe jedes Mal, wenn er mit Ffion sprach, für kurze Zeit von ihrem heiteren Optimismus anstecken.
An diesem Freitag schienen sämtliche von Ffions Künsten auf die Probe gestellt worden zu sein. Sie hatte es geschafft, einen ihrer Autoren, der noch dazu im Nordosten des Landes angesiedelt war, bei Fidlers Dreier unterzubringen, sie hatte die lange Reise in den Norden angetreten, um ihm den Weg zu bereiten und seine Nerven zu beruhigen. Doch kaum in Middlesbrough angekommen, hatte ihr Handy geklingelt, und ihr wurde mitgeteilt, er könne nicht kommen, da er ans Krankenbett eines nahen und heben Verwandten abberufen worden sei.
Angesichts der
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