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Der Tod wartet

Der Tod wartet

Titel: Der Tod wartet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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die ich nicht verstehe – so wie bei einem meiner Beduinen, der mitten in der Wüste aus dem Auto steigen kann, mit der Hand über den Boden fährt und Ihnen fast auf die Meile genau sagt, wo Sie sind. Das hat nichts mit Zauberei zu tun, aber mir kommt es so vor. Nein, Dr. Gérards Aussage ist eindeutig. Nur nackte Tatsachen. Falls es Sie interessiert – und es interessiert Sie doch, oder?»
    «Aber ja!»
    «Großartig. Dann rufe ich kurz an und lasse Gérard holen, damit Sie alles von ihm selbst hören können.»
    Nachdem der Colonel einen Burschen losgeschickt hatte, sagte Poirot:
    «Wer sind die Angehörigen der Toten?»
    «Sie heißen Boynton. Zwei Söhne, einer davon verheiratet. Seine Frau sieht ausgesprochen gut aus – ruhiger, vernünftiger Typ. Und zwei Töchter. Beide ziemlich hübsch, aber auf ganz unterschiedliche Art. Die jüngere ist ein bisschen überdreht – könnte aber auch der Schock sein.»
    «Boynton», sagte Poirot. Er runzelte die Stirn. «Das ist merkwürdig – sehr merkwürdig.»
    Carbury sah ihn fragend an. Aber da Poirot nichts weiter sagte, fuhr er fort:
    «Scheint ziemlich klar zu sein, dass die Mutter ein Drachen war. Musste hinten und vorne bedient werden und ließ alle um sich herumscharwenzeln. Und sie hatte den Daumen auf dem Geldbeutel. Keiner von der Familie besaß auch nur einen Penny.»
    «Ah! Wirklich sehr interessant. Weiß man, wem sie ihr Geld hinterlassen hat?»
    «Genau die Frage habe ich auch gestellt – ganz nebenbei, versteht sich. Es wird zu gleichen Teilen unter den Kindern aufgeteilt.»
    Poirot nickte bedächtig. Dann fragte er:
    «Sie sind also der Meinung, dass alle unter einer Decke stecken?»
    «Keine Ahnung. Genau da liegt ja der Haken! Ob die Sache gemeinsam geplant und ausgeführt wurde oder ob einer allein diesen glänzenden Einfall hatte – das kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen. Vielleicht ist das Ganze auch nur ein Windei! Kurz und gut, es läuft auf Folgendes hinaus: Ich hätte gern Ihre Meinung als Fachmann gehört. Ah, da kommt Gérard.»

Zweites Kapitel
     
    D er Franzose kam mit schnellen, aber keineswegs hastigen Schritten herein. Während er Colonel Carbury die Hand schüttelte, warf er einen scharfen, neugierigen Blick auf Poirot. Carbury sagte:
    «Das ist Monsieur Hercule Poirot. Ist gerade bei mir zu Besuch. Habe mit ihm über die Angelegenheit unten in Petra gesprochen.»
    «Ach ja?» Gérards flinke Augen musterten Poirot von Kopf bis Fuß. «Die Sache interessiert Sie?»
    Hercule Poirot hob beide Hände hoch. «Das Interesse für das eigene métier ist leider unheilbar.»
    «Stimmt», sagte Gérard.
    «Etwas zu trinken?», fragte Carbury.
    Er schenkte einen Whisky Soda ein und setzte ihn Gérard vor. Er hielt die Karaffe fragend hoch, doch Poirot schüttelte den Kopf. Colonel Carbury stellte sie ab und rückte seinen Stuhl etwas näher.
    «Also», sagte er, «wo waren wir?»
    «Wie ich höre», sagte Poirot zu Gérard, «hat Colonel Carbury gewisse Vorbehalte.»
    Gérard machte eine viel sagende Handbewegung.
    «Und das», sagte er, «ist allein meine Schuld! Dabei könnte ich durchaus Unrecht haben. Bitte vergessen Sie nicht, Colonel Carbury, dass ich Unrecht haben könnte.»
    Carbury grunzte nur.
    «Geben Sie Poirot die Fakten», sagte er.
    Dr. Gérard begann mit einer knappen Zusammenfassung der Ereignisse, die der Reise nach Petra vorausgegangen waren. Er skizzierte kurz die einzelnen Mitglieder der Familie Boynton und beschrieb den Zustand emotionaler Anspannung, in dem sich alle befunden hatten.
    Poirot hörte aufmerksam zu.
    Dann schilderte Gérard die Ereignisse des ersten Tages in Petra und erläuterte, weshalb er ins Lager zurückgekehrt war.
    «Ich hatte einen schweren Malariaanfall – Malaria cerebralis», erklärte er. «Ich beschloss daher, mir intravenös Chinin zu injizieren. Das ist die übliche Behandlungsmethode.»
    Poirot nickte zustimmend.
    «Das Fieber war schon ziemlich hoch. Ich wankte geradezu in mein Zelt. Zuerst konnte ich nirgendwo meine Reiseapotheke finden, irgendjemand hatte sie an einen anderen Platz gestellt. Als ich sie dann gefunden hatte, konnte ich nirgends meine Spritze finden. Ich suchte eine Weile, gab es dann auf und nahm oral eine hohe Dosis Chinin ein und warf mich aufs Bett.»
    Gérard hielt kurz inne und fuhr dann fort:
    «Mrs Boyntons Tod wurde erst nach Sonnenuntergang entdeckt. Aufgrund der Art und Weise, wie sie dasaß und wie der Stuhl ihren Körper stützte, hatte sich an

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