Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007
persönlich an seinen Amtskollegen in Baku zu wenden. Schließlich erhielt das FBI den Computer, aber die Abneigung zwischen dem Büro und der CIA wurde dadurch nicht gerade geringer, was den Bemühungen beider, das Netz von al-Qaida zu zerschlagen, einigermaßen abträglich war.
Die CIA schritt gegen eine weitere Zelle von al-Dschihad in Tirana ein, die Mohammed al-Sawahiri Anfang der neunziger Jahre gegründet hatte. Albanische Agenten entführten unter Aufsicht der CIA fünf Mitglieder der Zelle, verbanden ihnen die Augen, verhörten sie mehrere Tage lang und schickten die ägyptischen Mitglieder anschließend nach Kairo. Dort wurden sie gefoltert und mit mehreren anderen Terrorverdächtigen vor Gericht gestellt. 16 Ihre „Befragung“brachte 20 000 Seiten an Geständnissen hervor. Anhand der so gewonnenen „Beweise“wurden beide Sawahiri-Brüder in Abwesenheit zum Tode verurteilt.
Am 6. August, einen Monat nach der Zerschlagung der albanischen Zelle, schickte Sawahiri folgende Erklärung an die Londoner Zeitung Al Hajat: „Wir möchten den Amerikanern mitteilen, dass wir ihre Botschaft erhalten haben und dass sie die Antwort, die bereits vorbereitet wird, hoffentlich sorgfältig studieren werden, denn mit Gottes Hilfe werden wir sie in einer Sprache schreiben, die sie verstehen.“
TROTZ DES GEPOLTERS, des Medienrummels und der gespenstischen Aufrufe zum heiligen Krieg hatte al-Qaida in Wahrheit noch nichts zuwege gebracht. Es wurden großartige Pläne geschmiedet, und die Organisation nahm vergangene Erfolge für sich in Anspruch, an denen sie nur geringen oder überhaupt keinen Anteil gehabt hatte. Obwohl al-Qaida bereits seit zehn Jahren existierte, war sie immer noch eine wenig bekannte und unbedeutende Organisation; beispielsweise hielt sie keinem Vergleich mit Hamas oder der Hisbollah stand. Tausende junge Männer waren in den Lagern von al-Qaida ausgebildet worden und in ihre Heimatländer zurückgekehrt, um dort Verwüstungen anzurichten; aufgrund ihrer Ausbildung wurden sie von den Geheimdiensten als „mit al-Qaida verbunden“bezeichnet. Doch sofern sie nicht Bin Laden Treue geschworen hatten, waren sie formal keine Mitglieder der Organisation. Tatsächlich gab es in Kandahar weniger al-Qaida-Mitglieder als in Khartoum, denn in Afghanistan konnte Bin Laden keine Organisation mehr finanzieren. Sogar der Feuerzauber, den er für Reporter inszenierte, wurde von gemieteten Mudschahidin ausgeführt. Wie Kugelfische bliesen sich al-Qaida und Bin Laden auf, um größer zu wirken, als sie in Wahrheit waren. Aber das Debüt einer neuen al-Qaida stand kurz bevor.
Am Freitag, dem 7. August 1998, am selben Tag, an dem das Morden in Masar-e Scharif begann, jährte sich zum achten Mal der Tag, an dem amerikanische Truppen in Saudi-Arabien eingetroffen waren.
In Kenia überwachte an jenem Morgen ein ägyptischer Bombenbauer namens „Saleh“- einer von Sawahiris Männern - den Bau von zwei gewaltigen Sprengkörpern. 17 Die erste Bombe, die aus 1000 Kilo TNT, Aluminiumnitrat und Aluminiumpulver bestand, wurde auf Kisten verteilt, die mit Batterien verkabelt und auf einen braunen Toyota-Lastwagen geladen wurden. Die beiden Saudis, die dem ABC-Interview mit Bin Laden beigewohnt hatten, Mohammed al-Owhali und Dschihad Ali, fuhren den Lastwagen in die Innenstadt von Nairobi zur amerikanischen Botschaft. Zur selben Zeit war Salehs zweite Bombe in Tansania auf den Weg zur amerikanischen Botschaft in Daressalam. Diese Bombe war ähnlich gebaut wie die erste, nur dass Saleh in diesem Fall eine Reihe von Sauerstoff- oder Gasbehältern hinzugefügt hatte, um die Splitterwirkung zu erhöhen. Das Fahrzeug war ein Treibstofftankwagen, der von Ahmed Abdullah gefahren wurde, einem Ägypter, der aufgrund seines blonden Haarschopfs den Spitznamen „Ahmed der Deutsche“trug. Die Anschläge waren um halb elf am Vormittag angesetzt, das heißt zu einem Zeitpunkt, da sich gläubige Muslime in der Moschee aufhalten sollten.
Dieser erste nachgewiesene Terroranschlag al-Qaidas wies alle wichtigen Merkmale der zukünftigen Aktionen dieser Organisation auf. Das Konzept, gleichzeitig mehrere Selbstmordanschläge durchzuführen, war eine neue und riskante Strategie, da die Gefahr der Entdeckung beziehungsweise eines Fehlschlags größer war. Doch sollte das Unternehmen gelingen, wäre al-Qaida ein unvergleichliches Maß an weltweiter Aufmerksamkeit sicher. Diese Bombenanschläge würden Bin Ladens grandiose und anscheinend
Weitere Kostenlose Bücher