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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Lebendig begraben. Das ist
… eine entsetzliche Vorstellung.«
Thobias nickte. »Manche haben vielleicht Glück und
ersticken im Schlaf.
Aber die meisten …« Er brach ab und starrte wieder in den
Sarg.
»Unvorstellbar.«
»Und danach werden sie zu lebenden Toten?«, fragte Andrej.
»Von einer solchen Krankheit habe ich noch nie gehört.«
»Das hat niemand«, antwortete Thobias. »Wir wissen so
wenig über den menschlichen Körper und seine Geheimnisse.
Niemand weiß etwas. Auch ich nicht, Andrej. Vielleicht ist es
eine Krankheit. Vielleicht auch etwas anderes.
Großer Gott, vielleicht habe ich mich die ganze Zeit über
geirrt, und es ist doch das Werk des Teufels.«
Andrej tauschte einen verstohlenen Blick mit Abu Dun, auf
den der Nubier mit einem ebenso verstohlenen Nicken
antwortete. Die Geschichte, die Thobias gerade erzählt hatte,
ähnelte auf beunruhigende Weise dem, was sie von dem
Zigeunermädchen gehört hatten.
    »Gesetzt den Fall, es ist eine Art… Krankheit«, begann Andrej
vorsichtig, »und nicht das Werk des Teufels - wieso ist die Welt
dann noch nicht von Werwölfen und Vampyren bevölkert?«
    Er behielt Thobias scharf im Auge, als er das Wort Vampyr
aussprach, aber der Priester zeigte keine Reaktion. Er hob nur
die Schultern und starrte weiter in den geöffneten Sarg hinab.
»Das weiß ich nicht«, antwortete er mit leiser, beinahe tonloser
Stimme. »Vielleicht ist es nur das Endstadium einer Krankheit,
Andrej. Vielleicht sterben neun von zehn, vielleicht alle von
tausend, bis auf einen.« Er hob in einer Geste völliger
Hilflosigkeit die Hände. »Ich weiß es einfach nicht, Andrej.«
    Das glaubte Andrej, aber er war dennoch erstaunt über das
Ausmaß des Schreckens, der sich auf Thobias’ Gesicht
abzeichnete.
    »Aber ist es nicht genau das, was Ihr die ganze Zeit über
vermutet habt?«, fragte er.
Endlich riss Thobias den Blick vom Gesicht des Toten los
und sah Andrej direkt an. »Vermutet … ja. Vielleicht. Aber es
ist ein Unterschied, etwas zu vermuten, und so etwas zu sehen.«
»Und das sagt ein Mann der Wissenschaft?«, wunderte sich
Andrej.
»Wissenschaft?« Thobias lachte bitter. »Wir sind keine
Männer der Wissenschaft, Andrej. Wir stümpern herum, das ist
alles. Wir wissen nichts.« Er blickte wieder in den Sarg hinab.
»Und vielleicht sollten wir auch manches nicht wissen.«
Der Unterton in Thobias’ Stimme entging Andrej keineswegs.
Der junge Prediger war nahe daran, end-gültig die Kontrolle zu
verlieren. Er musste irgendetwas tun, um Thobias wieder in die
Wirklichkeit zurückzuholen.
Jetzt.
»Wir müssen die Gräber wieder schließen«, sagte er. »Wenn
Vater Benedikt und die Inquisition kommen und das hier sehen,
wird es schwierig sein, ihre Fragen zu beantworten.«
»Es ist noch viel schlimmer«, sagte Thobias.
»Was soll das heißen?«
Thobias antwortete nicht sofort. »Es hat einen weiteren Toten
im Dorf gegeben«, sagte er schließlich. »Gestern. Ein Bauer,
der nicht von der Arbeit auf seinem Feld zurückkam. Sie haben
ihn gefunden. Etwas hat ihn regelrecht in Stücke gerissen.«
Andrej sah zu den geöffneten Gräbern hin, aber Thobias
schüttelte den Kopf. »Er wurde verbrannt.«
»War das Eure Idee?«
»Die meines Vaters.«
»Dann habt Ihr einen sehr klugen Vater«, sagte Andrej.
»Das habe ich«, sagte Thobias. »Aber es wird die Menschen
in Trentklamm auch nicht retten. So wenig wie meinen Vater
oder mich selbst.«
Sein Blick flackerte noch immer, aber er fand langsam zu
seiner gewohnten Fassung zurück. »Wir könnten versuchen,
Birger und seine Brut zu finden und zu töten. Vielleicht
verschont Benedikt die Menschen in Trentklamm aber auch,
wenn wir ihm etwas anderes geben, das er verbrennen kann. Ihr
wisst, wo es sich verbirgt, Andrej.«
»In den Bergen«, sagte Andrej. »Jenseits der
Schattenklamm.«
»Halt!«, mischte sich Abu Dun ein. Auf seinem Gesicht
begann sich eine Mischung aus Ungläubigkeit und Zorn breit zu
machen, während er abwechselnd Andrej und Thobias musterte.
»Nur damit ich das richtig verstehe. Ihr erwartet, dass ich dort
hinaufgehe und mich diesem … diesem Ding entgegenstelle, das
ein Dutzend Soldaten getötet hat?«
»Sag mir nicht, du hättest Angst«, sagte Andrej.
»Sag du mir einen einzigen Grund, aus dem ich das tun
sollte«, erwiderte Abu Dun. Er verzog die Lippen und wandte
sich mit einem höhnischen Blick an Thobias. »O ja, jetzt
erinnere ich mich. Immerhin habe ich lange genug Eure
Gastfreundschaft

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