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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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ihm. Bei dem Gedanken an
    ihre früheren Beziehungen wurde sie sogar
    von Widerwillen erfaßt. Oh, das war vorbei,
    gänzlich vorbei. Sollte er es eines Tages
    wagen, das von ihr zu verlangen, so würde sie
    ihm mit ein paar Ohrfeigen antworten und
    lieber ihren Mann davon unterrichten. Und
    wiederum dachte sie ohne Gewissensbisse mit
    wunderbarer Süße an die gute Freundschaft
    Goujets.
    Als Clémence eines Morgens in die Werkstatt
    kam, erzählte sie, sie habe gestern abend
    gegen elf Uhr Herrn Lantier mit einer Frau am
    Arm getroffen. Dies sagte sie mit sehr
    dreckigen Worten und mit versteckter Bosheit,
    um zu sehen, was für ein Gesicht die Meisterin
    machen würde. Ja, Herr Lantier sei die Rue
    NotreDamedeLorette hinaufgestiegen; die
    Frau sei blond gewesen, eins jener
    halbverreckten Boulevardpferdchen mit
    nacktem Hintern unter ihrem Seidenkleid. Und
    sie sei ihnen zum Spaß nachgegangen. Das
    Pferdchen sei zu einem Schlächter
    hineingegangen, um Garnelen und Schinken
    zu kaufen. In der Rue de La Rochefoucauld
    habe Herr Lantier dann auf dem Bürgersteig
    vor dem Hause mit der Nase in der Luft so
    lange herumgestanden, bis die Kleine, die ganz
    allein hinaufgegangen sei, ihm vom Fenster
    aus ein Zeichen gegeben habe, nach oben zu
    kommen. Aber Clémence mochte noch so
    viele widerliche Erläuterungen hinzufügen,
    ruhig bügelte Gervaise weiter an einem weißen
    Kleid. Hin und wieder rief die Geschichte ein
    leises Lächeln auf ihren Lippen hervor. Diese
    Provenzalen, sagte sie, seien alle toll hinter
    den Frauen her; sie müßten um jeden Preis
    eine haben; sie hätten sie mit der Schaufel von
    einem Kehrichthaufen aufgelesen. Und als der
    Hutmacher abends kam, amüsierte sie sich
    über die Sticheleien Clémences, die ihn mit
    seiner Blonden ärgerte. Im übrigen schien er
    geschmeichelt zu sein, daß er gesehen worden
    war. Mein Gott, das sei eine ehemalige
    Freundin, die er noch ab und zu besuche, wenn
    das niemanden stören sollte; ein sehr schickes
    Mädchen mit einer Einrichtung aus
    Palisanderholz, und er führte ehemalige
    Liebhaber von ihr an, einen Vicomte, einen
    Fayencegroßhändler, den Sohn eines Notars.
    Er selbst liebe Frauen, die lieblich dufteten. Er
    schob Clémence sein Taschentuch unter die
    Nase, das die Kleine ihm einparfümiert hatte,
    als gerade Etienne heimkehrte. Da setzte er
    seine ernste Miene auf, küßte das Kind und
    fügte hinzu, der Ulk habe nichts weiter auf
    sich und sein Herz sei tot. Über ihre Arbeit
    gebeugt, nickte Gervaise mit beifälliger
    Miene. Und Clémence mußte für ihre Bosheit
    noch büßen, denn sie hatte wohl gespürt, wie
    Lantier sie bereits zwei oder dreimal gekniffen
    hatte, ohne es sich anmerken zu lassen, und sie
    platzte vor Neid, daß sie nicht nach Moschus
    stank wie das Boulevardpferdchen.
    Als es wieder Frühling wurde, sprach Lantier,
    der ganz und gar zum Hause gehörte, davon, in
    dieses Viertel zu ziehen, um seinen Freunden
    näher zu sein. Er wollte ein möbliertes Zimmer
    in einem sauberen Haus haben. Frau Boche
    und Gervaise selber zerteilten sich schier, um
    so etwas für ihn zu finden. Man durchsuchte
    die benachbarten Straßen. Aber er war zu
    schwer zufriedenzustellen, er wünschte einen
    großen Hof, er verlangte eine
    Erdgeschoßwohnung, kurzum, alle nur
    erdenklichen Bequemlichkeiten. Und nun
    schien er jeden Abend bei den Coupeaus die
    Höhe der Decken auszumessen, die
    Anordnung der Räume zu studieren und eine
    ähnliche Wohnung zu begehren. Oh, etwas
    anderes würde er gar nicht verlangen, er würde
    sich gern ein Loch in diesem ruhigen und
    warmen Winkel graben. Dann beendete er
    seine Untersuchung jedesmal mit dem Satz:
    »Sakrament! Sie haben es doch immerhin
    recht gut!«
    Als er eines Abends dort gegessen hatte und
    beim Nachtisch seinen Satz fallen ließ, rief
    Coupeau, der angefangen hatte, ihn zu duzen,
    ihm unvermittelt zu:
    »Mußt halt hierbleiben, alter Junge, wenn du
    Lust dazu hast ... Man wird sich eben
    einrichten ...« Und er erklärte, daß die Stube
    mit der schmutzigen Wäsche, wenn man sie
    sauber gemacht hätte, einen hübschen Raum
    abgeben würde. Etienne könne im Laden auf
    einer auf die Erde geworfenen Matratze
    schlafen, das sei alles.
    »Nein, nein«, sagte Lantier, »das kann ich
    nicht annehmen. Das würde euch zu sehr
    behindern. Ich weiß, es ist von Herzen gut
    gemeint, aber so dicht auf einander wäre es
    einem doch zu warm ... Außerdem, wißt ihr,
    muß jeder seine Freiheit haben. Ich

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