Der Todschlaeger
müßte
durch eure Stube gehen, und das wäre nicht
immer possierlich.«
»Ach, so ein Trottel!« erwiderte der
Bauklempner, der vor Lachen erstickte, auf
den Tisch schlug und sich räusperte. »Immer
denkt er an Albernheiten! – Aber, du
verdammter Gimpel, man ist doch
erfinderisch. Es sind zwei Fenster im Zimmer,
stimmt's? Na, da wird eins bis zur Erde
runtergeführt und eine Tür daraus gemacht.
Dann gehst du vom Hof aus rein, verstehst du,
wir verstellen sogar diese Verbindungstür,
wenn uns das gefällt. Ungesehen und
unbemerkt bist du für dich, und wir sind für
uns.«
Es trat Stille ein.
Der Hutmacher murmelte:
»Na ja, auf diese Weise ließe ich es mir
gefallen. Und dennoch nein, ich würde euch zu
sehr auf dem Halse liegen.« Er vermied es,
Gervaise anzusehen. Aber er wartete
offensichtlich auf ein Wort von ihr, um
anzunehmen.
Diese war über den Einfall ihres Mannes sehr
verärgert; nicht etwa, daß der Gedanke,
Lantier bei sich wohnen zu haben, sie kränkte
oder sehr beunruhigte, aber sie fragte sich, wo
sie ihre schmutzige Wäsche lassen sollte.
Der Bauklempner allerdings hob die Vorteile
des Ubereinkommens hervor. Die Miete von
fünfhundert Francs sei immer ein wenig hoch
gewesen. Nun also, der Kumpel würde ihnen
für das vollständig möblierte Zimmer zwanzig
Francs im Monat bezahlen; für ihn wäre das
nicht teuer, und ihnen würde das helfen, wenn
die Vierteljahresmiete fällig war. Er setzte
hinzu, daß er es übernehme, eine große Kiste
unter ihrem Bett auszutüfteln, in die die ganze
schmutzige Wäsche des Viertels hineingehen
würde.
Da zögerte Gervaise, schien mit dem Blick
Mama Coupeau um Rat zu fragen, die Lantier
seit Monaten dadurch für sich eingenommen
hatte, daß er ihr Gummibonbons gegen ihren
Katarrh mitgebracht hatte.
»Sie würden uns bestimmt nicht lästig fallen«,
sagte sie schließlich. »Es gäbe Mittel und
Wege, sich einzurichten ...«
»Nein, nein, danke«, wiederholte der
Hutmacher mehrmals. »Ihr seid zu freundlich,
das hieße Mißbrauch treiben.«
Diesmal polterte Coupeau los. Wollte er sich
etwa noch lange zieren? Wenn man ihm doch
sagte, daß es von Herzen gern geschehe! Er
würde ihnen damit einen Dienst erweisen,
verstanden! Dann brüllte er mit wütender
Stimme:
»Etienne, Etienne!«
Der Bengel war auf dem Tisch eingeschlafen.
Er fuhr mit dem Kopf hoch.
»Hör mal her, sag ihm, daß du es willst ... Ja,
diesem Herrn da ... Sag ganz laut zu ihm: Ich
will es!«
»Ich will es!« stammelte Etienne mit vor
Schläfrigkeit verschleimtem Mund.
Alles fing an zu lachen.
Aber Lantier setzte bald wieder seine ernste
und tief gerührte Miene auf. Er drückte
Coupeau über den Tisch hinweg die Hand und
sagte:
»Ich nehme an ... Es geschieht von beiden
Seiten aus guter Freundschaft, nicht wahr? Ja,
ich nehme des Kindes wegen an.«
Gleich am nächsten Tag, als der Hausbesitzer,
Herr Marescot, kam und eine Stunde in
Boches Conciergeloge verbrachte, sprach
Gervaise mit ihm über die Angelegenheit. Er
zeigte sich zuerst besorgt, ablehnend und
wurde böse, als habe sie von ihm verlangt,
einen ganzen Flügel seines Hauses abzureißen.
Als er dann nach einer eingehenden
Besichtigung der Örtlichkeiten in die Höhe
geschaut hatte, um nachzusehen, ob die oberen
Stockwerke nicht ins Wanken geraten würden,
gab er dann schließlich seine Genehmigung,
aber unter der Bedingung, daß er keinerlei
Kosten trage; und die Coupeaus mußten ihm
ein Schriftstück unterzeichnen, worin sie sich
verpflichteten, bei Ablauf ihres Mietsvertrages
die Dinge wieder in den ursprünglichen
Zustand zu versetzen. Noch am Abend brachte
der Bauklempner Kumpels mit, einen Maurer,
einen Tischler und einen Maler, prima Kerle,
die diese Kleinigkeit da nach Feierabend
machen wollten, bloß um ihm gefällig zu sein.
Das Anbringen der neuen Tür und die
Reinigung des Raumes kosteten
nichtsdestoweniger an die hundert Francs, die
Liter Wein nicht mitgerechnet, mit denen man
die Arbeit begoß. Der Bauklempner sagte zu
den Kumpels, er würde ihnen das später von
dem ersten Geld seines Mieters bezahlen.
Darauf galt es, das Zimmer zu möblieren.
Gervaise ließ Mama Coupeaus Schrank darin
stehen; sie stellte einen Tisch und zwei Stühle
hinzu, die sie aus ihrer eigenen Stube nahm;
einen Toilettentisch und ein Bett mit
vollständigem Bettzeug mußte sie schließlich
kaufen, im ganzen hundertdreißig Francs, die
sie in
Weitere Kostenlose Bücher