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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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gab
    endlose Klatschereien. Boche hatte einen
    Tischler gekannt, der sich ganz nackt auf die
    Rue SaintMartin gestellt hatte und der Polka
    tanzend gestorben war; der trank Absinth. Die
    Damen kugelten sich vor Lachen, weil ihnen
    das trotz allem komisch vorkam, obwohl es
    traurig war. Da man nicht so recht begriff,
    schob Gervaise dann die Leute beiseite, schrie,
    daß man ihr Platz machen solle; und während
    die anderen zusahen, machte sie grölend,
    hüpfend, sich unter abscheulichen Grimassen
    verrenkend, mitten in der Conciergeloge
    Coupeau nach. Ja, Ehrenwort, genau so sei es
    gewesen! Da waren die anderen verblüfft:
    Nicht möglich, ein solches Treiben würde ein
    Mensch keine drei Stunden aushalten. Na
    schön, sie schwor es bei allem, was ihr heilig
    war, Coupeau halte es seit gestern aus, schon
    sechsunddreißig Stunden. Übrigens könne man
    ja hingehen und es sich ansehen, wenn man ihr
    nicht glaube. Aber Frau Lorilleux erklärte,
    vielen Dank, sie sei aus SainteAnne
    wiedergekommen; sie würde sogar ihren Mann
    daran hindern, den Fuß dort hineinzusetzen.
    Was Virginie betraf, deren Laden immer
    schlechter ging und die eine
    Leichenbittermiene machte, so begnügte sie
    sich zu murmeln, daß das Leben nicht immer
    heiter sei, ach, Kreuzdonnerwetter, nein! Man
    trank den Schwarzbeerlikör aus, und Gervaise
    wünschte allen zusammen einen guten Abend.
    Als sie nicht mehr sprach, setzte sie sofort ein
    Gesicht auf wie jemand, der nicht alle Tassen
    im Schrank hat, hatte die Augen weit
    aufgerissen. Zweifellos sah sie ihren Mann
    Walzer tanzen.
    Am nächsten Morgen nahm sie sich beim
    Aufstehen vor, nicht mehr dort hinzugehen.
    Wozu? Sie wollte nicht auch noch den Grips
    verlieren. Indessen verfiel sie alle zehn
    Minuten wieder in ihr Nachdenken, sie war
    abwesend, wie man sagt. Es wäre doch
    sonderbar, wenn er immer noch sein Bein
    kreisen ließ. Als es Mittag schlug, konnte sie
    es nicht länger aushalten, sie merkte die Länge
    des Weges nicht, so sehr beschäftigten ihr Hirn
    Verlangen und Angst, das zu sehen, was sie
    erwartete.
    Oh, sie brauchte sich nicht nach dem Befinden
    zu erkundigen. Schon unten an der Treppe
    hörte sie Coupeaus Gesang. Genau dieselbe
    Melodie, genau derselbe Tanz, Sie konnte
    glauben, sie sei soeben in dieser Minute
    hinuntergegangen und gehe wieder hinauf. Der
    Wärter vom Vortage, der Töpfe mit Kräutertee
    über den Korridor trug, zwinkerte ihr zu, um
    sich liebenswürdig zu zeigen, als er ihr
    begegnete.
    »Also immer noch!« sagte sie.
    »Oh, immer noch«, antwortete er, ohne
    stehenzubleiben.
    Sie trat ein, aber sie blieb in der Ecke an der
    Tür, weil Besuch bei Coupeau war. Der
    blonde, rosige Assistenzarzt stand, weil er
    seinen Stuhl einem alten, ordengeschmückten
    Herrn überlassen hatte, der kahlköpfig war und
    dessen Gesicht wie eine Marderschnauze
    aussah. Das war sicherlich der Chefarzt, denn
    seine Blicke waren schmal und durchdringend
    wie Nagelbohrer. Alle Quacksalber haben dir
    solche Blicke.
    Im übrigen war Gervaise nicht wegen dieses
    Herrn gekommen; sie reckte sich hinter seinem
    Schädel empor und verschlang Coupeau mit
    den Augen. Dieser Rasende tanzte und brüllte
    noch heftiger als gestern. Früher hatte sie zwar
    auf Bällen um Mittfasten gesehen, wie
    handfeste Waschhausburschen es eine ganze
    Nacht lang hoch hergehen ließen, aber
    niemals, nie und nimmer hätte sie sich
    eingebildet, daß ein Mann so lange daran
    Vergnügen finden könnte; wenn sie
    »Vergnügen finden« sagte, so war das nur so
    eine Redensart, denn es ist kein Vergnügen
    dabei, wenn man gegen seinen Willen
    Karpfensprünge macht, als habe man ein
    Pulvermagazin verschluckt. Coupeau, der vor
    Schweiß triefte, dampfte noch mehr, das war
    alles. Sein Mund schien größer geworden zu
    sein durch das viele Schreien. Oh, schwangere
    Damen taten gut daran, draußen zu bleiben. Er
    war so oft von der Matratze zum Fenster
    marschiert, daß man seinen kurzen Weg am
    Boden sah; die Strohmatte war von seinen
    Latschen abgenutzt.
    Nein, wahrhaftig, das bot keinen schönen
    Anblick, und zitternd fragte sich Gervaise,
    warum sie wiedergekommen war. Wenn man
    bedenkt, daß man sie am vergangenen Abend
    bei den Boches beschuldigt hatte, die
    Darstellung zu übertreiben! Ach was, nicht
    halb so gut hatte sie es gemacht! Nun sah sie
    besser, wie Coupeau sich anstellte, sie würde
    es nie wieder vergessen, die weit
    aufgerissenen Augen ins Leere gerichtet.
    Dennoch fing sie zwischen dem

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