Der Todschlaeger
Daches aus einen
Umzug auf einer Straße.
»Da ist die Kavalkade, Löwen und Panther,
die Grimassen schneiden ... Es sind als Hunde
und Katzen verkleidete Gören dabei ... Die
lange Clémence ist dabei mit ihrem
Struwelkopf voller Federn. Ah, verdammt! Sie
läßt sich umlegen, sie zeigt alles, was sie hat!
– Hör mal, mein Kätzchen, wir müssen
ausreißen ... He, ihr verdammten Bullen, wollt
ihr sie wohl nicht greifen! – Schießt nicht, zum
Donnerwetter! Schießt nicht! ...«
Heiser, entsetzt, schwoll seine Stimme an, und
er bückte sich rasch und wiederholte immer
wieder, die Polente und die Rothosen seien
unten, Männer, die mit Gewehren auf ihn
zielten. An der Wand sah er den Lauf einer
Pistole auf seine Brust gerichtet. Man kam, um
ihm das Mädchen wieder wegzunehmen.
»Schießt nicht, Himmelsakrament! Schießt
nicht! ...«
Dann stürzten die Häuser ein, er machte das
Krachen eines Stadtviertels nach, das
zusammenfällt; und alles verschwand, alles
flog davon. Aber er hatte keine Zeit zum
Verschnaufen, andere Bilder zogen mit
außerordentlicher Beweglichkeit vorüber. Ein
rasendes Bedürfnis zu sprechen füllte ihm den
Mund mit Worten, die er zusammenhanglos
mit einem Schnattern der Kehle von sich gab.
Er erhob immer mehr die Stimme.
»Sieh mal an, du bist es, guten Tag! – Mach
keinen Quatsch! Gib mir nicht deine Haare zu
essen.« Er fuhr mit der Hand vor sein Gesicht,
er pustete, um Haare zu entfernen.
Der Assistenzarzt fragte ihn:
»Wen sehen Sie denn?«
»Herrgott, meine Frau!« Er schaute die Wand
an und kehrte Gervaise den Rücken zu.
Die bekam einen Heidenbammel, und sie
musterte ebenfalls die Wand, um zu sehen, ob
sie sich nicht erblicke.
Er redete weiter.
»Weißt du, beschwatze mich nicht ... Ich will
nicht, daß man mich festbindet ... Verflucht!
Schön siehst du aus, du hast eine schicke
Toilette. Wo hast du die verdient, du Zicke?
Du kommst vom Anschaffen, du Pferdchen!
Warte nur, ich werde dich zurechtrücken! –
He, du versteckst deinen Herrn hinter deinen
Röcken? Was ist denn das für einer? Mach
doch mal eine Verbeugung, damit man was
sehen kann ... Himmelsakrament! Das ist er ja
schon wieder!«
Mit einem fürchterlichen Sprung rannte er mit
dem Kopf gegen die Mauer; aber die
gepolsterte Bespannung dämpfte den Schlag..
Man hörte nur den Aufprall seines Körpers auf
der Strohmatte, auf die ihn der Stoß geworfen
hatte.
»Wen sehen Sie denn?« wiederholte der
Assistenzarzt.
»Den Hutmacher! Den Hutmacher!« brüllte
Coupeau.
Und nachdem der Assistenzarzt Gervaise
befragt hatte, stammelte diese herum, ohne
antworten zu können, denn dieser Auftritt
rührte alle Widerwärtigkeiten ihres Lebens in
ihr auf.
Der Bauklempner streckte die Fäuste vor.
»Jetzt sind wir beide dran, mein Kleiner! Ich
muß dich schließlich noch verdreschen! Ah,
du kommst frank und frei mit diesem blonden
Gift am Arm an, um dich vor allen Leuten
über mich lustig zu machen. Na, ich werde
dich gleich erdrosseln, ja, ja, ich! Und ohne
erst noch Handschuhe anzuziehen! – Tu nicht
so großspurig ... Steck das ein! Und das saß!
Das saß! Das saß!«
Er schleuderte seine Fäuste ins Leere. Wut
bemächtigte sich seiner. Da er beim
Zurückweichen auf die Wand gestoßen war,
glaubte er, man greife ihn von hinten an. Er
drehte sich um und stürzte sich wild auf die
Bespannung. Er prallte zurück, sprang von
einer Ecke in die andere, stieß mit dem Bauch,
mit den Arschbacken, mit einer Schulter zu,
wälzte sich umher, erhob sich wieder. Seine
Knochen ermatteten, sein Fleisch gab ein
Geräusch wie nasses Werg von sich. Und
dieses hübsche Spiel begleitete er mit
gräßlichen Drohungen, kehligen und wilden
Schreien. Indessen mußte die Schlacht einen
schlimmen Ausgang für ihn nehmen, denn sein
Atem wurde kurz, und seine Augen traten aus
den Höhlen; und nach und nach schien ihn die
Feigheit eines Kindes zu überkommen.
»Mörder! Mörder! – Schert euch alle beide
fort! Oh, diese Saumenschen, sie ulken! Da
liegt sie und streckt alle viere in die Luft,
dieses Miststück! – Sie muß dran glauben, das
ist ausgemacht ... Ah, dieser Schurke! Er
massakriert sie! Er schneidet ihr mit seinem
Messer eine Stelze ab. Die andere Stelze liegt
an der Erde, der Bauch ist entzwei, alles ist
voller Blut ... O mein Gott, o mein Gott, o
mein Gott ...«
Und er war schweißgebadet, die Haare standen
ihm zu Berge an der Stirn, er sah
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