Der Todschlaeger
schrecklich
aus, ging rückwärts und fuchtelte dabei heftig
mit den Armen, wie um die gräßliche Szene
wegzuschieben. Er stieß zwei herzzerreißende
Klageschreie aus, er fiel rücklings der Länge
nach auf die Matratze, in der sich seine Fersen
verfangen hatten.
»Herr Doktor, Herr Doktor, er ist tot!« sagte
Gervaise mit gefalteten Händen.
Der Assistenzarzt war herzugetreten und zog
Coupeau in die Mitte der Matratze. Nein, er
war nicht tot. Man hatte ihm die Schuhe
ausgezogen; seine nackten Füße guckten unten
hervor; und sie tanzten von selber
nebeneinander im Takt eines schnellen und
regelmäßigen Tänzchens.
Gerade trat der Chefarzt ein. Er brachte zwei
Kollegen mit, einen mageren und einen
dicken, die ebenso wie er mit Orden
geschmückt waren. Alle drei beugten sich
nieder, ohne etwas zu sagen, und betrachteten
den Mann überall; dann besprachen sie sich
schnell mit halber Stimme. Sie hatten den
Mann von den Schenkeln bis zu den Schultern
entblößt, und Gervaise sah, als sie sich
emporreckte, diesen zur Schau gestellten
nackten Oberkörper. Na ja, es war komplett,
das Zittern war von den Armen hinabgefahren
und von den Beinen emporgestiegen, jetzt
beteiligte sich selbst der Rumpf an der
Heiterkeit! Tatsächlich, der Hampelmann ulkte
auch mit dem Bauch. Es waren Lachschauer
längs der Rippen, eine Atemlosigkeit des
Wanstes, der vor Lachen zu platzen schien.
Und alles war in Bewegung, das war nicht zu
bestreiten! Die Muskeln nahmen einander
gegenüber Aufstellung, die Haut vibrierte wie
eine Trommel, die Haare tanzten Walzer und
verneigten sich dabei voreinander. Kurz, das
mußte das große Klarmachen zum Kampfe
sein, so eine Art Schlußgalopp, wenn der Tag
anbricht und sich alle Tänzer an den Pfoten
halten und mit den Absätzen aufstampfen.
»Er schläft«, murmelte der Chefarzt. Und er
machte die beiden anderen auf das Gesicht des
Mannes aufmerksam.
Coupeau, dessen Lider geschlossen waren,
hatte schwache nervöse Zuckungen, die ihm
das ganze Gesicht verzerrten. Er sah noch
abscheulicher aus, so zerschmettert mit der
vorspringenden Kinnlade, mit der entstellten
Maske eines Toten, der Alpdrücken gehabt
haben mußte. Als die Ärzte aber die Füße
bemerkt hatten, beugten sie mit einer Miene
tiefen Interesses ihre Nasen darüber. Die Füße
tanzten immer noch. Mochte Coupeau auch
schlafen, die Füße tanzten! Oh, ihr Herr
konnte schnarchen, das kümmerte sie nicht, sie
machten ihren alten Trott weiter, ohne sich zu
beeilen oder langsamer zu werden. Richtige
mechanische Füße, Füße, die ihr Vergnügen
wahrnahmen, wo sie es fanden.
Als Gervaise jedoch gesehen hatte, wie die
Ärzte ihre Hände auf den Oberkörper ihres
Mannes legten, wollte sie ihn ebenfalls
befühlen. Sie trat behutsam näher, legte ihm
die Hand auf eine Schulter. Und sie ließ sie
eine Minute liegen. Mein Gott, was ging denn
da drin vor? Das tanzte ja bis auf den Grund
des Fleisches; die Knochen selber mußten
hüpfen. Schauer und Schwingungswellen
kamen von fern heran, strömten gleich einem
Fluß unter der Haut dahin. Wenn sie ein wenig
drückte, spürte sie die Schmerzensschreie des
Marks. Mit bloßem Auge sah man nur die
kleinen Wellen, die Grübchen aushoben, wie
an der Oberfläche eines Strudels; im Innern
aber mußte eine schöne Verwüstung
herrschen. Welch ein verdammtes Arbeiten!
Das Arbeiten eines Maulwurfs! Das war der
Sprit aus dem »Assommoir«, aus dem
»Totschläger«, der dort unten Schläge mit der
Hacke vollführte. Der ganze Körper war davon
durchtränkt, und wahrlich, diese Arbeit müßte
zu Ende gehen, indem sie Coupeau
zerbröckelte, fortraffte im allgemeinen und
steten Zittern des ganzen Gerippes.
Die Ärzte waren weggegangen. Nach einer
Stunde wiederholte Gervaise, die mit dem
Assistenzarzt zurückgeblieben war, mit leiser
Stimme:
»Herr Doktor, Herr Doktor, er ist tot ...«
Aber der Assistenzarzt, der die Füße
betrachtete, schüttelte verneinend den Kopf.
Die nackten Füße außerhalb des Bettes tanzten
immer noch. Sie waren nicht gerade sauber
und hatten lange Zehennägel. Es vergingen
noch Stunden. Auf einmal wurden sie steif,
regungslos. Da wandte sich der Assistenzarzt
zu Gervaise und sagte:
»Es ist soweit.«
Der Tod allein hatte die Füße zum Stillstand
gebracht.
Als Gervaise in die Rue de la Goutted'Or
heimkam, fand sie bei den Boches einen
Haufen Klatschbasen vor, die mit erregter
Stimme
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