Der Tomorrow-Code - Thriller
hör schon auf!«, sagte Fatboy durch zusammengebissene Zähne.
»Ich hab genug!«, schrie Tane weiter, aber seine Stimme klang bereits heiser. »Mir reicht's, und du reichst mir schon lange!«
»Das reicht jetzt«, fuhr Rebecca dazwischen. »Das reicht jetzt wirklich, Tane.« Sie stand auf, nahm Fatboy an der Hand und führte ihn in die Hauptkabine zurück. Bevor sie die Tür schloss, sagte sie noch: »Wir bleiben dir aus dem Weg, bis du dich wieder beruhigt hast.«
Das metallische Klicken, als die Tür geschlossen wurde, und das Surren des Drehrads kamen Tane wie ein Messervor, das in seiner Brust umgedreht wurde. Irgendwie hatte er gehofft, dass Rebecca auf seiner Seite stehen würde. Dass sie Fatboy klarmachen würde, er solle sich zurückhalten, weil er schließlich nur der dritte Partner, das dritte Rad am Wagen sei und eigentlich nur mitmachen dürfe, weil sie es ihm erlaubten – er, Tane, und Rebecca, Freunde fürs Leben.
Aber dann war es ganz anders gelaufen.
»Scheiße!«, brüllte er, so laut er konnte, obwohl ihn nicht einmal die Fische draußen im unendlichen Meer hören konnten. »SCHEISSE!«
HMNZS WAIKATO
Sonntag, 13. Dezember
»Morgen ...«, sagte Fatboy vom Durchgang zur Hauptkabine.
Tane knurrte nur müde. Er hatte eine unbequeme Nacht auf dem Pilotensitz hinter sich, und Rücken und Nacken schmerzten. Langsam streckte er sich und massierte seine Gelenke. »Das gestern ... tut mir leid«, sagte er verlegen.
»Wir haben alle mal einen schlechten Tag«, meinte Fatboy versöhnlich und lächelte ihn kurz an. »Vergiss es.«
Tane grinste zurück. Fatboy nahm seine Gitarre aus einem schmalen Schrank und begann, eine ruhige Melodie zu spielen.
Rebecca tauchte im Durchgang hinter Fatboy auf, sagte aber nichts.
»Hatte es was mit Rebecca zu tun?«, fragte Fatboy plötzlich. »Weil wir zusammen ...«
Tane unterbrach ihn, auch um sich selbst weiteren Kummer zu ersparen. »Vergiss es. Ich war nur einfach müde. Jetzt geht's mir wieder gut.« Er wich Rebeccas Blick aus.
»Wo zum Teufel sind wir eigentlich?«, fragte sie. Fatboy drehte sich um und folgte dann ihrem Blick durch die großen Glaskuppeln der
Möbius.
Tane schaltete die Außenscheinwerfer an, und die düstere Szene explodierte förmlich zum Leben.
Nicht weit vom Bug der
Möbius
entfernt lag der verrostete Bug eines Schiffes. Es ragte so dicht vor ihnen auf, dass es schien, als wolle es sich auf das kleine U-Boot stürzen. Das Wasser war klar und ruhig, und das Licht der Scheinwerfer verband sich mit dem fahlen Schimmer des frühen Morgenlichts von oben, sodass das große Schiff wie mit kobaltblauen Farben übergossen schien. Der Sandboden um das Schiff ging fast nahtlos in das Blau des Meeres über und war nur durch die undeutlichen Konturen von Felsen und Korallen unterscheidbar. Die Reling am Bug war noch intakt, aber vollkommen von grünen Algen und Meerestieren bedeckt. So wurde das Schiff im Tod zur Grundlage für neues Leben.
»Die
Waikato,
eine neuseeländische Fregatte der königlichen Marine«, erklärte Tane feierlich.
»Wow!«, stieß Fatboy hervor. »Echt eindrucksvoll.«
Die Fregatte stand kerzengerade auf ihrem Kiel auf dem Sandboden des Ozeans, wie ein künstliches Felsenriff. Weiter hinten ragte ein langes, von Muscheln überkrustetes Kanonenrohr heraus. Es zielte direkt auf die
Möbius.
»Wir müssen weiter«, sagte Rebecca leise. »Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
Sie schaute Tane mit einem Lächeln an, als ob nichts geschehen sei.
Aber es war etwas geschehen.
Tane wurde klar, dass sich ihre Beziehung auf eine seltsam unbestimmbare Weise verändert hatte. Und dass sie vielleicht nie mehr so werden würde wie früher.
Am Nachmittag zog von Norden her ein Sturm auf, der weiße Schaumkronen über das Meer fegte und die tiefen Täler zwischen den scheinbar berghohen Wellen drohendund düster färbte. Sie zogen sich in die Tiefe zurück, wo es verhältnismäßig ruhig blieb. Doch selbst hier wurde die
Möbius
von der aufgewühlten See geschüttelt und hin und her gerollt wie ein verwundeter Wal. Fatboy hielt es für besser, die äußerste Spitze von Cape Brett jetzt noch nicht zu umrunden, sondern abzuwarten, bis der Sturm abflaute.
Die dritte Nacht auf See verbrachten sie auf dem immer noch unruhigen Meeresgrund nicht weit südlich des Kaps.
Sie hatten sich der Insel ein gutes Stück genähert.
Der Gedanke an das, was ihnen auf der Insel bevorstehen mochte, hatte sich drohend
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