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Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Titel: Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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verraten. Schweigend gingen sie hinauf in die Halle.
    »Ira!« Durch das Treppenhaus hallte eine tiefe Stimme. Sie kam von oben und sie wirkte ungeduldig.
    Verlegen sah Ira zu Simon.
    »Dein Vater?«
    Sie nickte. »Ich muss zu ihm.«
    Simon verstand. »Alles klar, ich zisch ab.«
    Ira hielt ihn zurück. Simon zuckte zusammen, als er ihre Hand auf seinem Arm spürte, er hatte mit der Berührung nicht gerechnet.
    »Die Sachen, die du erzählst hast: das mit den leuchtenden Augen und dem Bild von der verlassenen Stadt: Du solltest den anderen davon berichten.«
    »Welchen anderen?«
    »Ira!« Die Stimme von oben klang nun ärgerlich.
    Eilig drehte Ira sich um und ging zur Treppe. Auf der ersten Stufe sah sie zu ihm zurück. »Geh zum Haus am Hafen. Das, wo wir uns kennengelernt haben. Ich komm nach, sobald ich hier fertig bin.«
    Simon nickte und grinste erfreut. Sie erwiderte sein Grinsen.
    »Ira, verdammt! Wo steckst du?«
    Ihr Lächeln verschwand. »Ich muss hoch. Mach die Tür hinter dir zu.« Sie winkte noch einmal, während sie die Treppe hinaufhuschte.
    Simon blickte ihr hinterher. Dann ging er zur Ausgangstür, um das Haus zu verlassen.
    Er sah nicht, dass sich eine der Türen in der Halle einen Spalt weit geöffnet hatte. Es war die Alte, die ihn beobachtete. Stumm schaute sie ihm nach.

14
    Als Simon den Hafen erreichte, erwachte der Ort gerade aus der Siesta: Fensterläden wurden aufgestoßen, Türen öffneten sich, die ersten Bewohner traten auf die Straße. Das Dorf wirkte jetzt belebter als noch eine halbe Stunde zuvor.
    Ein Scheppern dröhnte durch die Gasse, die Verkäuferin in der kleinen Bäckerei an der Ecke schob das Scherengitter vor der Eingangstür zur Seite. Es duftete verlockend nach frischem Brot. Simon lief das Wasser im Mund zusammen, er hatte nichts zum Mittag gegessen. Spontan kaufte er sich einen noch warmen Krapfen.
    Kauend verließ er den Laden und bog in die Straße ein, die am Hafenkai entlangführte. Erst jetzt erinnerte er sich an den Dicken, dessen Glasscheibe Ira zerdeppert hatte und der ihnen nachgerannt war. Simon durchfuhr es siedend heiß. Doch zu seiner Erleichterung war die Motorjacht verschwunden, und mit ihr der Dicke und die Bikinischönheit. Nur ein rostiges Fischerboot dümpelte an der Kaimauer.
    Das alte Haus am Hafen schien verlassen zu sein. Niemand interessierte sich dafür und niemand interessierte sich für Simon. Er aß das letzte Stück des Krapfens und wischte sich seine klebrigen Finger an der Hose ab, bevor er durch die leereFensterhöhle in das Innere der Ruine kletterte. Er wartete ab, bis sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, dann sah er sich um.
    Der große Raum im Erdgeschoss war verlassen, so wie bei seinem ersten Besuch. Nur eine Ratte huschte davon, als er sich näherte, sie hatte eine Tüte mit Müll durchwühlt. Kurz überlegte Simon, hier auf Ira zu warten. Aber vielleicht hatte sie eine Abkürzung genommen und war schon vor ihm hier angekommen. Er beschloss, nachzusehen. Den leeren Flaschen und den morschen Stufen ausweichend, stieg er nach oben. Er schaute in jedes Stockwerk bis hinauf zum Dachboden und steckte sogar seinen Kopf durch die Lücke zwischen den Pfannen, um auf das Dach zu sehen. Doch er suchte vergeblich, Ira war nirgendwo zu sehen. Offensichtlich war sie noch nicht an dem verabredeten Treffpunkt eingetroffen.
    Simon wollte gerade wieder hinuntergehen, um dort zu warten, als hinter ihm ein leises Kichern ertönte. Erstaunt drehte er sich um. Niemand war zu sehen, der Dachboden schien verlassen zu sein.
    »Hallo, ist da wer?«
    Keine Antwort.
    Zögernd ging Simon einen Schritt vorwärts, dann einen zweiten. Der Boden knarrte und die morschen Bretter bogen sich unter seinem Gewicht.
    »Stopp! Bleib stehen!«
    Die Stimme hatte eindringlich geklungen, Simon folgte der Aufforderung. Noch immer sah er niemanden, da war nur der leere Dachboden und eine bröckelige Mauer aus Ziegelsteinen.Plötzlich, er traute seinen Augen kaum, bewegte sich ein Teil des Mauerwerks, es kippte nach vorne und fiel zu Boden. Erschrocken wich er zurück. Doch statt des Polterns und Krachens, das er erwartet hatte, hörte er nur ein hohles Klacken: Das herausgefallene Stück Mauer war nicht echt, sondern aus Gips und Pappe angefertigt und kaum einen Finger dick. Ein fröhliches Gesicht grinste ihm aus dem Loch in der Wand entgegen, es war ein Junge mit einer Stupsnase und kurzen dunklen Haaren. Eine Baseballmütze saß schief auf seinem Kopf. Er

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