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Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter

Titel: Der Torwächter Bd. 1 - Der Torwächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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hielt sie fest. »Nur ganz kurz. Lass mich was versuchen.« Er sah sie bittend an.
    Ira runzelte die Stirn. Er merkte, wie sich ihre Hände in den seinen entspannten. »Okay, und was jetzt?«
    Simon antwortete nicht, ihr Blick irritierte ihn. Besser, er schloss die Augen.
    Ira beobachtete ihn genau.
    Einen Moment passierte gar nichts. Doch dann spürte Simon tatsächlich, wie seine Fingerspitzen warm wurden: erst die Finger, dann die Handflächen, bis schließlich seine beiden Hände glühten. Simons Herz klopfte bis zum Hals, aber er zwang sich, ihre Hände nicht loszulassen. Die Wärme kroch weiter seinen Arm herauf, bis sie den Rumpf seines Körpers erreichte und langsam weiter seinen Hals hinaufstieg. Er begann zu zittern.
    »Hey, was ist los mit dir?«
    Das war Iras Stimme. Sie drang wie durch Watte zu ihm. Er wollte antworten, doch er konnte es nicht. Denn im gleichen Augenblick stürzte eine Welle aus Gefühlen auf ihn ein. Und obwohl er es nicht das erste Mal erlebte, überwältigte ihn der Moment: Es waren nicht seine Gefühle, die er spürte, sondern es waren die von Ira.
    Erschrocken ließ Simon sie los, um sofort wieder zuzupacken.
    »Aua, du tust mir weh!«
    Simon beachtete ihren Protest nicht, er hielt sie fest, mit klopfendem Herzen, jeden Muskel seines Körpers angespannt. Er spürte Neugier, Ärger, auch Furcht. Und ganz zuletzt: Trauer. Das Gefühl passte nicht zu den anderen, es saß tiefer, und es war größer. Simon näherte sich dem Gefühl und das Bild einesMannes in einem dunklen Zimmer tauchte vor seinem inneren Auge auf.
    Er öffnete die Lider. »Was ist mit deinem Vater? Warum versteckt er sich?«
    Ira starrte ihn mit offenem Mund an. Dann riss sie sich los und rannte eilig die Treppe hinauf. Und im gleichen Augenblick, in dem sich ihre Hände voneinander lösten, waren ihre Gefühle in ihm verschwunden.
    »Ira, warte!«
    Doch sie hörte nicht auf ihn, riss wortlos die Tür auf und verschwand im Haus. Krachend fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.

13
    Simon stand auf der Treppe und starrte ihr nach. Ihm war übel, und er brauchte einen Moment, um wieder zu sich zu kommen.
    Er hatte gespürt, was sie fühlte, und ihr Gefühl war für ihn greifbar und so wirklich gewesen, als wäre es sein eigenes.
    Simon sah seine Hände an. Alles in ihm sagte, dass so etwas nicht möglich war. Vielleicht, überlegte er, ist das alles nur eine Einbildung, wie ein intensives Spiel, in das man eintaucht, bis man irgendwann nicht mehr weiß, ob es erdacht oder vielleicht doch die Wirklichkeit ist.
    Er war sich allerdings sicher: Was geschehen war, musste mehr sein als eine Fantasie. Er hatte gewusst, was in Ira vor sich ging, er hatte gespürt, was sie fühlte. Er war ihr so nahe gewesen wie noch keinem Menschen je zuvor.
    Aber warum er? Und warum gerade jetzt? Erst Iras Oma, dann Ira selbst – so etwas war ihm noch nie passiert.
    Noch während er dies dachte, begriff er, dass das nicht stimmte. Schon immer hatte er sich gut in die Gefühle anderer hineindenken können, schon immer hatte er Dinge gespürt, die unausgesprochen zwischen Menschen existierten. Aber bisher hatte er das nie beachtet.
    Ein Klacken ließ Simon aufmerken. Die Tür am Ende derTreppe hatte sich geöffnet, Ira stand auf der Schwelle und sah zu ihm herab. »Woher weißt du das?«
    »Was weiß ich?«
    »Das mit meinen Vater. Hat dir jemand was gesagt?«
    »Ich weiß überhaupt nichts. Ich weiß nur, dass du traurig bist wegen ihm. Ich hab es gespürt.«
    Misstrauisch starrte sie ihn an. »Findest du das cool?«
    Simon merkte, wie er ärgerlich wurde. »Ich kann doch auch nichts dafür!« Seine Wut der letzten Wochen brach aus ihm heraus. »Wenn’s nach mir gehen würde, dann wäre ich überhaupt nicht hier! Und deine Oma hätte ich auch nicht getroffen. Ich wär lieber zu Hause bei meinen Freunden. Dann müsste ich nicht da oben in der Bruchbude von meinem Opa hocken! Oder hier in diesem sandigen Kaff!«
    Hilflos setzte er sich auf die Stufen. Tief in seinen Augenwinkeln spürte er Tränen aufsteigen. Auch das noch! Simon schnaubte vor Wut – das Letzte, was er jetzt wollte, war, hier vor Ira zu heulen.
    Stumm setzte sie sich neben ihn. Eine Weile war es still.
    Ira brach ihr Schweigen als Erste. »Na ja, so schlimm ist es hier auch nicht. Obwohl …« Sie stockte und ließ ihren Blick über den Platz vor dem Haus schweifen. »Hast schon recht. Ist ganz schön öde hier.«
    »Oberöde!« Simon musste grinsen.
    Ira grinste zurück.

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