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Der Tote am Lido

Der Tote am Lido

Titel: Der Tote am Lido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Ball mit Effet schlug. Deshalb ging Mirkos Return ins Netz.
    »Mama, du versaust mir das Match.«
    »Hat irgendjemand von euch Sara gesehen?«, fragte sie in die Runde.
    Die Kinder schüttelten den Kopf.
    »Mirko«, sagte Silvia, »komm mit.«
    Der Junge wollte aufbrausen, dann sah er die Miene seiner Mutter und sagte zu seinem Gegner: »Du hast gewonnen.«
    Der schüttelte den Kopf und antwortete: »Morgen spielen wir es zu Ende.«
    Zur Wohnanlage waren es nur fünfzig Meter. Man überquerte einen karg bewachsenen Grünstreifen und die breite Uferpromenade. Dahinter begannen die eingezäunten Grundstücke mit Ferienvillen und Mehrfamilienhäusern, deren Fenster zwischen Pinien und Weidengewächsen Richtung Meer wiesen. Silvia schrie schon auf der Straße Saras Namen, dann umrundete sie die Wohnanlage – der Zugang lag auf der Binnenseite –, während Mirko über den Zaun kletterte. Sie fragten die Nachbarsfamilien. Keine Spur von dem Mädchen.
    »Reg dich nicht auf«, sagte Mirko. »Sie wird irgendeine Freundin getroffen haben und am Strand spielen.«
    »Du hast wahrscheinlich recht«, antwortete Silvia, aber das trockene Klacken des Tischtennisballs, das gefehlt hatte, pickte in ihrem Gehirn. Sie rannten zurück zum Meer. Dort suchte sie das Ufer ab, während Mirko, unter den erstaunten Gesichtern seiner Freunde, noch einmal in die Bar, in die Umkleiden, Toiletten und an den beiden Pools schaute. Er traf seine Mutter in einer der verlassenen Sonnenschirmreihen.
    »Wir müssen den Nachbarstrand kontrollieren«, sagte Mirko, »da drüben hat sie manchmal mit Stefania gespielt.«
    »Welcher Stefania?«
    »Der aus der Parallelklasse. Ihre Familie liegt da drüben.«
12
    Lunau hasste Einkaufszentren, er hasste die sinnlose Vielfalt an Farben, Produkten und Geräuschen, er hasste das Schlangestehen, er hasste Treuepunkte. Es war kurz vor acht, als er endlich in den Hof der Ferienanlage rollte. Er war erleichtert, als er das Licht im Apartment sah. Er parkte und holte die Tüten aus dem Kofferraum. Niemand kam ihm helfen, obwohl er kurz gehupt hatte. Er stellte sich vor, wie alle mit Kochen und Tischdecken beschäftigt waren.
    Als er die Klinke drücken wollte, wurde die Haustür aufgerissen, und Silvia fragte mit einem bösen Zischen: »Kannst du mir sagen, wo du jetzt herkommst?«
    »Aus dem Einkaufszentrum, das weißt du doch.«
    »Ich versuche seit Stunden, dich zu erreichen.«
    Lunau fiel ein, dass der Akku seines Handys schon den ganzen Tag lamentiert hatte.
    »Du bist …« Silvias Teint hatte eine merkwürdige Färbung angenommen. Er dachte einen Moment, sie hätte getrunken, aber nichts in dem Wohnraum deutete darauf hin. Zwar herrschte ein für Silvia untypisches Durcheinander, aber es waren keine Getränke zu sehen, nur Badesachen, Schreibutensilien, Zettel mit Telefonnummern. Der Esstisch war leer. Mirko saß reglos auf dem Sofa, den Kopf an die Wand gelehnt. Er schien zu schlafen.
    »Willst du mir nicht sagen, was los ist?«, fragte Lunau, obwohl er eine böse Vorahnung hatte.
    Silvia hielt ihm ein Blatt Papier unter die Nase, und dabei glitzerte etwas in ihren Augen, was er erst einmal gesehen hatte: Als sie ihn darum gebeten hatte, den Mörder ihres Mannes zu »erledigen«.
    Auf dem DIN A4-Blatt stand eine einzige Zeile, die offensichtlich aus einem Laserdrucker stammte.
    »Ich ertrage das nicht mehr. Warum ich? Warum schon wieder ich?« Sie schlug sich mit der Faust gegen die Stirn. »Ich muss verrückt sein. Ich dumme Kuh. Ich habe es gewusst, ich habe es gewusst.«
    Sie setzte sich auf die Eckbank an den großen Esstisch, stützte den Kopf in die Hände und fing an zu weinen. Lunau betrachtete Mirko, der von all der Aufregung nichts mitzubekommen schien, dann las er den Zettel: »Joy gegen Sara. Keine Polizei. Lunau, der Arsch, weiß Bescheid.«
    Lunau spürte einen eisigen Ring, der sich um seine Gelenke schloss. Er versuchte, die Bilder und Geräusche zu ordnen und sich nicht von Silvias Panik anstecken zu lassen. Er hielt das Papier gegen das Licht. Kein Wasserzeichen, keine besondere Qualität.
    »Wo hast du es gefunden?«
    »Was spielt das denn für eine Rolle?«, schrie sie. Mirko bewegte den Kopf, verlor das Gleichgewicht und rutschte zur Seite. Er fing sich instinktiv ab und war wach.
    Lunau zwang sich, ruhig zu bleiben. »Bitte, Silvia. Wo lag der Zettel?«
    Sie deutete auf die Tür.
    »Wo genau? Drinnen oder draußen? Wart ihr in der Wohnung, als er abgelegt wurde? Wurde er unter der Tür

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