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Der Tote am Lido

Der Tote am Lido

Titel: Der Tote am Lido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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hörte Schritte in der Wohnung. Schubkästen wurden aufgezogen, Schranktüren geöffnet. Lunaus Herzschlag beschleunigte sich. Oba hatte ihn nicht angelogen. Sie war da. Sie lief durch die Wohnung und suchte hektisch Sachen zusammen. Wahrscheinlich wollte Joy aus der Gegend verschwinden.
    Lunau holte die Schlüssel aus der Tasche - und ließ sie fallen. Das Klirren auf den Tonfliesen erfüllte den Korridor. Das Licht unter der Türkante verschwand, die Geräusche in der Wohnung verstummten.
    Lunau duckte sich unter den Türspion und wartete, während sein Herzmuskel das Blut in die Ohren pumpte. Sie waren im dritten Stock, und es gab keine Feuerleitern. Joy konnte ihm nicht entkommen. Er hörte ihr Atmen, das Knirschen von Sand unter ihrenSchuhsohlen. Sie zog sich zurück in einen anderen Raum und kramte vorsichtig weiter. Im Dunkeln. Lunau führte langsam den ersten Schlüssel ins Schloss ein. Er passte nicht. Er dachte plötzlich an Silvia, wie sie in seiner Umarmung gezuckt hatte. Er versuchte, das Zittern unter Kontrolle zu bekommen, indem er beide Hände zu Hilfe nahm.
    Der dritte Schlüssel passte. Er drehte ihn um etwa dreißig Grad nach rechts: Die Falle war aufgesprungen.
    Langsam schob er das Türblatt auf. Die Ausdünstungen frischer Wandfarbe schlugen ihm entgegen. Auf dem gefliesten Fußboden bildete sich ein grauer Lichtkeil. Joy tat, womit Lunau gerechnet hatte: Sie rannte los und versuchte, an ihm vorbeizuwischen. Lunau warf sich ihr in die Flanke und umklammerte ihre Taille. Sie schien mehrere Schichten Klamotten übereinandergezogen zu haben, denn sie fühlte sich unförmig und schwer an. Sie schlugen beide hin, Joy versuchte, in den Liegestütz zu kommen und Lunau, der sich auf ihren Rücken gelegt hatte, wie einen Rodeoreiter abzuwerfen. Er nahm Joy in den Doppelnelson und zog sie auf die Füße. Dann schaltete er mit dem Ellbogen das Licht an.
    Der Nacken, den Lunaus Finger umschlossen hielten, war der Nacken eines untersetzten, glatzköpfigen Mannes.
    »Wer sind Sie?«, ächzte dieser. »Was wollen Sie von mir?«
    Lunau rang nach Atem, der Schreck lähmte seine Gedanken. Er roch die säuerliche Haut zwischen seinenFingern und fragte: »Was haben Sie in der Wohnung von Joy zu suchen?«
    Der Mann hatte jede Gegenwehr eingestellt, seine Beine zitterten so stark, dass sein linker Fuß wie ein Zeiger ausschlug, und Lunau, der ebenfalls zitterte, lockerte den Griff.
    Der Mann machte einen hilflosen Versuch, durch die Tür zu verschwinden, aber Lunau versperrte ihm den Weg. Sie betrachteten einander.
    Sein Gegenüber war wohl Anfang fünfzig, weißer Hautfarbe, er hatte einen rundlichen Schädel und kleine Augen. Seine Arme waren kurz, seine O-Beine ebenfalls.
    »Was tun Sie hier?«, fragte Lunau.
    »Das ist meine Wohnung.«
    »Sind Sie ein Freund von Joy?«
    »Ich kenne keine Joy.«
    »Meseret?«
    »Ich kenne auch keinen Meseret.« Der Mann schaute auf den Boden, dann, an Lunau vorbei, hinaus in den Korridor. »Ich werde jetzt die Polizei rufen«, sagte er wenig überzeugt.
    »Tun Sie das.«
    Lunau hoffte fast, der Mann würde die Polizei rufen. Dann würde er erzählen, warum er in diese Wohnung eingedrungen war, warum er nach einer Spur von Joy suchte. Und die Polizei würde endlich nach Sara fahnden.
    Doch der Mann tat Lunau den Gefallen nicht. Er hielt sein Handy vors Gesicht und starrte auf das Display.
    »Brauchen Sie Ihre Brille?«, fragte Lunau.
    »Ja. Sie muss in der Küche liegen.« Der Mann ging durch einen schmalen Flur nach rechts und betrat eine kleine, schlicht eingerichtete Wohnküche. Er schien sich gut auszukennen. Vielleicht war es wirklich sein Eigentum.
    »Haben Sie die Wohnung schwarz an Meseret vermietet?«
    »Wovon reden Sie? Wer sind Sie überhaupt?«
    »Kennen Sie einen Michael, einen Nigerianer, groß, kräftig, jung, ein Zuhälter?«
    »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen. Ich bin einfach nur ein Vermieter, der nach seiner Mietsache sehen wollte.«
    »Und deshalb schalten Sie das Licht aus, wenn jemand an die Tür kommt? Haben Sie die Wohnung schwarz an Meseret vermietet?«
    »Wer soll dieser Meseret sein?«
    Lunau wurde allmählich wütend. Der Mann war verängstigt, aber es war klar, dass er etwas zu verbergen hatte.
    »Wie hieß denn Ihr Mieter Ihrer Meinung nach?«
    Der Mann schob den Kiefer hin und her. Lunau sah sich um. Von der Diele gingen vier Türen ab. Zwei davon standen einen Spaltbreit offen. Man erkannte zwei Zimmer, aus denen der Geruch von frischer Farbe

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