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Der Tote am Lido

Der Tote am Lido

Titel: Der Tote am Lido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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schnitt die Haut auf und nahm Lunau die Luft. Er hob die Arme, um Michael zu beruhigen, aber dann traf die Stablampe ihn erneut. Mit einer solchen Wucht, dass Lunau panisch wurde. Michael war unberechenbar. Er war enttäuscht, verzweifelt, hilflos. Er hatte den Blick eines Geisteskranken, und er hatte keinen Plan mehr. Er schlug Lunau mit der Stablampe wie mit einem Teppichklopfer, und Lunau versuchte, die Schläge mit Armen und Beinen abzublocken. Seine Schienbeine jaulten, der Muskel an seinem Unterarm war taub, als Michael plötzlich innehielt. Er schien in die Ferne zu lauschen. Lunau hörte nur das Blut in seinen Ohren.
    »Du glaubst, ich lasse mich von dir und deiner kleinen Schlampe verarschen, wie? Wenn du mir nicht sofort sagst, wo Joy ist, bringe ich Sara um.«
    Er stand auf und deutete mit der Stablampe nach draußen. In die Richtung, in der Lunau die Fußspuren gesehen hatte. Saras Fußspuren. Lunau schluckte das Blut hinunter und versuchte zu reden, aber es kam nur ein schwaches Gurgeln.
    »Was ist?«, schrie Michael. »Ich hör dich nicht!«
    »Joy«, stammelte Lunau. »Sie ist …« Die Zischlaute wurden von der Flüssigkeit geschluckt, Lunaus Lippen waren prall und feucht wie Eiterbeulen.
    »Ich verstehe dich nicht! Red lauter!«
    »Joy ist …« Lunau hatte Angst, ohnmächtig zu werden. Sein Kopf fiel immer wieder zur Seite, und ihm wurde übel.
    »Reiß dich zusammen, du Schwuchtel!« Michael gab ihm zwei leichte Ohrfeigen, fast zärtlich kamen sie Lunau vor. Er rutschte seitlich an dem Hocker vorbei, der ihm als Lehne gedient hatte. Einen Moment lang genoss er dieses Fallen ins Nichts, ehe sein Kopf auf dem gummierten Ringboden aufschlug.
    Michael zog ihn wieder hoch und sagte, das Ohr an Lunaus Mund gelegt. »Streng dich an. Wo ist Joy?«
    Lunaus Arme waren in seinem Rücken verdreht. Er musste sich mit dem Hinterkopf an der Hockerkante abstützen, um nicht wieder umzufallen. Er hatte die Schutzkappe von der Nadel gezogen und betrachtete Michaels Stiernacken. Er riss ihn mit der Linken zu sich heran, während er mit der Rechten die Kanüle in seinen Bauch jagte. Er drückte auf den Kolben und jagte ihm 70 Insulineinheiten in den Leib.
    Michael sah erstaunt nach unten, und Lunau erwischteihn mit dem Knie an der Kinnspitze, so dass er zur Seite fiel und das Bewusstsein zu verlieren schien. Lunau wusste nicht, ob das Insulin oder der Treffer auf den K. O.-Punkt daran schuld war.
    »Wo ist Sara?«, fragte Lunau.
    Michaels Augen waren halb geschlossen, man sah nur das Weiß der Augäpfel. Lunau holte ein Sprungseil, fesselte Michael die Hände auf den Rücken, drehte ihn auf die Seite und verband die Hand- und Fußgelenke zu einem kompakten Bündel. Dann füllte er selbst wieder den Eimer mit Wasser und kippte ihn dem Mann über den Kopf.
    Dieser war plötzlich hellwach, pumpte mit seinen Gliedmaßen, rollte sich von einer Seite auf die andere und brüllte: »Ich bring dich um. Bind mich los, du Schwein!«
    Das Insulin schlug nicht an.
    »Wo ist Sara?«, fragte Lunau erneut.
    »Ich sag kein Wort. Bind mich los. Bind mich los!« Er rollte sich durch die Pfütze, das Wasser spritzte, er robbte in kleinen Schritten an die Seile und schaffte es, in das Bein des Hockers zu beißen, der an den Seilen stand. Lunau sprang aus dem Ring und schloss die Tür der Halle, damit man Michaels Schreie nicht bis ins Dorf hörte.
    Wie De Santis’ Pitbull, der sich in den Sack verbissen hatte, schlug Michael mit dem Hocker aus, sein Kopf flog hin und her, und bei jedem Schlag schienen Wut und Kraft in diesem muskulösen Leib zu wachsen. Lunau hatte die Insulindosis für einen neunzig Kiloschweren Körper berechnet, und mehr hatte er nicht bei sich, aber er musste schleunigst handeln, ehe Michaels Kumpane auftauchten. Er wartete, bis der Hocker an ihm vorbeigeflogen war, dann sprang er in den Ring, blockierte mit einem Fuß die Hockerbeine, den anderen platzierte er auf Michaels Hals, bis die Venen an seiner Stirn knotig und dick wurden.
    »Wo ist Sara?«
    »Leck mich.«
    Lunau erhöhte den Druck. Der Abscheu vor Michael und dem, was er selbst tat, war so stark, dass er am liebsten mit aller Kraft zugetreten hätte, gegen dieses zur Fratze verzerrte Gesicht. Er hatte plötzlich den Wunsch, Schluss zu machen, alles zu Ende zu bringen, egal wie. Michaels Venen schienen zu platzen. Die Schläfenadern bildeten immer neue Verästelungen.
    »Maschinenraum. Hinten … am Ende der Halle«, krächzte Michael.
    »Und die

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