Der Tote im Eiskeller
dem zukünftigen Wassergraben ausgehoben (ca. 1500 Schubkarren), auf den Wall gebracht, verteilt, festgestampft und geebnet werden. Dazu kamen die übrigen Baumaßnahmen, wie Tore, Vorwerke, Gebäude, Keller etc. Die Kosten betrugen etwa 1,6 Mio. Mark lübisch, das entsprach 1970 knapp 40 000 000 D-Mark . Während der nächsten Jahrzehnte wurde die B. durch verschiedene Maßnahmen weiter verstärkt, z. B. 1681 durch die weit ins westliche Vorfeld gebaute und durch einen Laufgraben mit dem Hauptwall verbundene Sternschanze. Nach etwa 200 Jahren wurde die B. abgebaut und teilweise in Grünanlagen umgewandelt.
Begräbnis
Wie überall in der Welt gab (und gibt) es auch in Hamburg strikte Trauerrituale und -vorschriften je nach Stand und Verwandtschaftsgrad. Die Hamburger Leichenbegängnisse standen im Ruf, besonders pomphaft zu sein und bei Toten reicher Familien fürstliche Sitten nachzuahmen. Es gab ‹Tag-› und von Fackeln begleitete ‹Nachtleichen›, Letztere waren vornehmer und entsprechendteurer. Der Rat versuchte Kleidung und Aufwand einzugrenzen, beteiligte sich aber selbst munter daran. Das Leichengefolge samt Trauermänteln und -hüten wurde zum größten Teil bezahlt. Von 1618 bis ins 19. Jh. waren alle Frauen (danach blieben nur die Witwen im Trauerhaus, sofern die Feier dort stattgefunden hatte) per Ratsbeschluss vom Gefolge ausgeschlossen, da sie unterwegs trödelten und ihre Teilnahme überhaupt
‹viele Inconvenientien mit sich bringt, indem … die Frauen damit fast einen ganzen Nachmittag oder Morgen zubringen und sich also in ihrer Haushaltung merklich versäumen, sondern auch ihre Kleider im Regen und Ungewitter übel zurichten, ja ihnen den Frauen selbsten bei Winterszeiten insonderheit beschwehr- und gefährlich›
. Gottesdienste waren noch nicht üblich, dafür verfassten Professoren des Akad. Gymnasiums ‹Memorien›, meist gereimte Lobschriften, der Kantor (oft) komponierte eine Trauermusik. Tabakrauchen war verboten. Organisiert wurde das aufwendige Unternehmen vom ‹Sorge-› oder ‹Trauermann›, dem Hauptleid tragenden oder einem möglichst renommierten Vertreter. Die Kosten inkl. Trinkgelder und milder Gaben waren enorm, bei der Beerdigung der Kaufmannsfrau Margareta E. Martens anno 1779 z. B. 2700 Mark (G. E. Lessings Jahresgehalt als Dramaturg am Hamb. Nationaltheater betrug 2400 Mark [800 Taler]). Es wurde üblich, Kleidung und Utensilien zu leihen. Vom 17. bis ins 19. Jh. galt Hamburg als Spezialistenzentrum in Sachen Trauer. Vom Sargschild und Trauerbecher über schwarze Trompeten bis zu Details der Kleidung wurde alles gefertigt und weit über die Region verkauft oder verliehen.
Bilsenkraut
Der Samen des auch Teufelsauge oder Tollkraut genannten großen Nachtschattengewächses ist bes. wegen des hohen Atropingehaltes giftig. Als schwer zu dosierenderBestandteil von Schlaftränken führte es immer wieder zu Todesfällen – auch bei Gretchens Mutter in J. W. v. Goethes
Faust
. Der Dichterfürst soll sich gelegentlich selbst ein Gran B.extrakt genehmigt haben, weil es ihm ergötzlichen Schlaf und gute Erinnerung an die Träume bescherte. Im Mittelalter wurde es gerne dem Bier zugesetzt. Und einige Jahrhunderte länger den ‹Zaubertränken› und ‹Hexensalben›, Mischungen von beruhigenden oder erregenden und halluzinogenen Substanzen, außer B. insbes. Stechapfel und Tollkirsche.
Brockes, Barthold H(e)inrich (1680 – 1747)
Der in Halle, Wetzlar und Leiden in Jura und Philosophie ausgebildete und weit gereiste Hamburger Kaufmannssohn war neben seiner Tätigkeit als Ratsherr und Diplomat auch ein erfolgreicher Dichter. Trotz seines Hangs zum barocken Lebensstil war er ein engagierter Aufklärer. In seinem Hauptwerk, der 1721 – 48 entstandenen neunbändigen Gedichtsammlung
Irdisches Vergnügen in Gott
, verband er Betrachtungen über Gott und die zweckmäßige Einrichtung der Schöpfung mit akribischen Naturbeobachtungen; er wurde wegweisend für die ‹Ästhetik des Erhabenen› und der Naturlyrik. Er wusste, wovon er sprach: Sein großer Garten vor dem Steintor war ein echtes Schmuckstück. Einige seiner Werke wurden u. a. von G. Ph. Telemann und G. F. Händel vertont.
Bürgerwache
Wie in anderen Städten leisteten Hamburger Bürger seit dem Mittelalter Wachdienste. Söldner wurden nur in Krisenzeiten ‹eingekauft›. Mit dem Dreißigjährigen Krieg bekam Hamburg eine ständige (→)
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