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Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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möglich observiert. Wenn einer der beiden Lieferwagen ›Seafood Murmansk‹ losfuhr, folgte ihm jeweils ein ziviler Fahnder, im Golf oder im Renault, auch ein privater Ford und sogar ein Audi kamen dran.
    Zwei Tage und Nächte lang stellte sich das Unternehmen Fischladen als völlig unergiebig dar. Die lieferten Dosen und lose Muscheln in Eis an Restaurants und Geschäfte aus. Wedel war nahe daran, zu resignieren. Saparonsky legte sich zu Hause die Tarot-Karten und hatte daraufhin weiter ›ein gutes Feeling‹.
    Dann, am dritten Tag, gab es den Durchbruch: Der eine Lieferwagen kurvte aus der Stadt hinaus und bog schließlich in die imposante Einfahrt zu einer Villa ein. Das Tor öffnete und schloß sich automatisch.
    Der junge Beamte meldete Wedel die Entdeckung über Funk. Er hatte ein bißchen spioniert:
    »Natürlich hätte hier eine Party stattfinden können mit Köstlichkeiten von ›Seafood Murmansk‹ auf dem kalten Buffet. Aber der Lieferwagen ist hiergeblieben, steht neben der Villa, fünfzehn Meter von einem kleinen See entfernt. Direkt vor der Villa parkt ein Sportwagen, nichts Besonderes, mehr sportlich als Sport. Draußen am Tor steht ›Im- und Export GmbH‹. Sieht alles reich und edel aus. Muß früher ein Freizeitheim für SED-Bonzen gewesen sein oder so. Und eben fuhr ein langer, schwarzer Mercedes vor.«
    »Ein Mercedes?«
    »Sag' ich doch. Soll ich weiterhin dem Lieferwagen folgen?«
    »Ja. Aber erst mal will ich die genaue Adresse. Haben Sie die Karte zur Hand? Quadrat? Straße?«
    Der Beamte machte präzise Angaben. Die Gegend stimmte. Da gab es diese Villen und Schlösser, die nach 1946 von der SED enteignet und für ihre Zwecke als Gästehäuser oder Hotels für die Nomenklatur genutzt worden waren. Jetzt gab es wieder neue Eigentümer. Ein weites Feld.
    Der Beamte machte präzise Angaben, und Wedel brach unverzüglich auf. Mady Saparonsky nahm er mit. Schließlich oblag ihm a) ihre Ausbildung, und war es b) auch nicht übel, eine hübsche Frau in der Nähe zu haben. Selbst wenn es eine von der vorlauten Sorte war.
    Auf einmal klappte es auf der ganzen Linie. Die Beamten, die mit der Verfolgung der Verdächtigen betraut waren, stellten fest, daß die Lieferwagen keineswegs nur Ware zu einschlägigen Geschäften brachten.
    Jetzt, zum Monatsende, suchten ihre Fahrer vielmehr, immer zu zweit und vorwiegend im Ostteil Berlins und seiner brandenburgischen Umgebung, in den Abendstunden diverse Etablissements auf, wobei sie nicht lieferten, sondern ganz offenbar Schutzgelder kassierten: Kneipen, Spielsalons, Eßlokale.
    Aber auch am hellichten Tage betraten sie Boutiquen, Bräunungsstudios und Frisiersalons, wo sie sich weder die Haare schneiden noch den Teint auffrischen, geschweige denn ein Dreß verpassen ließen. Sie kamen vielmehr stets nach kurzer Zeit wieder heraus. Es gab also keinerlei Schwierigkeiten. Und zweimal – ein Spielsalon, ein Animierladen – war ein Angeber dabei, der aussah wie ein Filmstar.
    Na also! Wedel spürte deutlich, wie er in Topform geriet. Seine Laune hob sich wie eine Rakete. Er hatte den roten Faden in der Hand. Aber Bäume wachsen nicht in den Himmel. Inzwischen gab es diesen neuen Mord.

10. Kapitel
    Als Moritz Mach den Brief in den Kasten geworfen hatte, packte ihn die Angst. Er starrte wie gebannt auf den Briefschlitz und wünschte, er könne alles rückgängig machen.
    Wie besinnungslos stand er da, bis eine Frauenstimme neben ihm ihn in die Wirklichkeit zurückholte.
    »Darf ich mal? Oder bewachen Sie da was Bestimmtes?«
    »Entschuldigung!«
    Moritz trat beiseite. Jawohl, meine Dame, ich bewache hier was Bestimmtes. Etwas, das mir viel Geld einbringen soll. Er trottete davon.
    Den Erpresserbrief an Richard Hornung hatte er spontan geschrieben. Jetzt stand er plötzlich vor dem Problem: Wie sollte es weitergehen?
    Würde Herr Hornung den Briefschreiber ignorieren? Anzeigen? Oder würde er die Annonce in die Zeitung setzen? Harry, unser Boot ist da. Melde dich.
    Wenn Herr Hornung anbiß, mußte man es sehr klug anfangen, damit man sich nicht selber ans Messer lieferte. Es wäre nicht gut, die Summe irgendwo hinterlegen zu lassen. Dann käme die Polizei aus dem Hinterhalt, und alles wäre gelaufen.
    Nein, es mußte einen persönlichen Kontakt geben. Herr Hornung durfte ihn nicht erkennen und würde ihn später nicht identifizieren können. Der sollte ihm das Geld geben und fertig. Für einen so reichen Mann waren zehntausend Mark doch gar keine

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