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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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telefoniert hatten, war doch bezeichnend. Welche Ehefrau würde ihren Mann nicht kurz vor der wichtigen Jubiläumssendung anrufen und ihm alles Gute wünschen?
    LaBréa blickte auf seine Uhr. Es war zehn nach drei am Morgen. Um diese Zeit schliefen die meisten Menschen. Doch ein Mord war geschehen, und es war von essenzieller Bedeutung, mit wem der Moderator an diesem Tag fünfmal telefoniert hatte. Nach einem kurzen Zögern drückte LaBréa auf die grüne Taste auf dem Handy des Opfers. Das Gerät stellte die Verbindung her, aber die Leitung blieb tot. Der unbekannte Teilnehmer hatte sein Handy abgeschaltet, womit LaBréa gerechnet hatte. Die wenigsten Menschen ließen ihr Mobiltelefon die ganze Nacht über auf Standby. Morgen würde er mehr wissen.
     
    Der Salon d’Été wirkte leer und ungemütlich und vermittelte eine gewisse Endzeitstimmung. Die Reste des kalten Buffets sahen inzwischen noch unappetitlicher aus. Leeres Geschirr und Gläser standen wahllos herum. Es roch nach abgestandenem Essen und Zigarettenrauch. Die kostbaren Tapeten und Vorhänge beschworen nicht mehr den Flair und Luxus vergangener Zeiten herauf. Die Atmosphäre konnte man bestenfalls noch als eine Mischung aus barockem
Disneyland und zweifelhaftem Charme des Fin de Siècle bezeichnen. Die schweren Kristalllüster wirkten deplaziert, und die hohen Flügeltüren lenkten den Blick in eine Dunkelheit, die durch die Ereignisse des heutigen Abends eine bedrohliche Dimension gewonnen hatte.
    An einem der Tische saß Léon Soulier, der mächtige Medienmogul und Milliardär. Er sah in diesem Raum recht verloren aus. Er rauchte eine filterlose Zigarette, auf dem Tisch lag eine Packung Gitanes. Daneben standen ein Glas und eine große Flasche Mineralwasser, aus der sich Soulier gerade einschenkte, als LaBréa den Salon betrat.
    »Das hat aber lange gedauert, Commissaire«, sagte er ungehalten und blickte demonstrativ auf die Uhr. »Ich fliege morgen früh nach London. Sie werden verstehen, dass ich mir nicht die ganze Nacht um die Ohren schlagen möchte.«
    LaBréa antwortete nicht. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich Soulier gegenüber.
    »Ich weiß auch gar nicht, was ich Ihnen groß erzählen soll«, fuhr der Mann fort und zog an seiner Zigarette. Schnell stieß er den Rauch aus. »Ich war die ganze Zeit hier im Salon und scheide als Tatverdächtiger aus. Ich habe ein Alibi.«
    LaBréa blickte ihn aufmerksam an. Die kleinen, flinken Augen des Mannes waren rot umrändert, wahrscheinlich vor Müdigkeit.
    »Wer sagt denn, dass Sie tatverdächtig sind?« LaBréa schlug die Beine übereinander. »Aber Sie waren einer der beiden Kandidaten in der heutigen Sendung des Opfers. Und Sie waren ein Freund von ihm.«

    »Das stimmt. Und falls Sie wissen möchten, ob Monsieur Ribanville heute Abend irgendwie verändert war, ob mir irgendwas aufgefallen ist: Nein, mir ist nichts aufgefallen. Er war wie immer.«
    »Wie kam es eigentlich, dass Sie als Kandidat für die Sendung ausgewählt wurden? Lief das über Ihre Freundschaft?«
    Léon Soulier zuckte mit den Achseln. An seinem Hals hatten sich feine Schweißperlen gebildet. Der Hemdkragen des Milliardärs war geöffnet, und ein Büschel dunkler Brusthaare quoll heraus.
    »Ich würde eher sagen, dass Yves mich als Kandidaten wollte, weil ich der bin, der ich bin.«
    »Ein schwerreicher Mann, meinen Sie? Und damit das perfekte Gegenstück zu dem Kandidaten aus dem Park de Belleville?«
    »Wenn Sie so wollen, ja.« Léon Soulier drückte seine Zigarette aus.
    »Was hatten Sie denn für ein Gefühl, als Sie Ihrem Mitkandidaten im Studio gegenübersaßen? War Ihnen das nicht peinlich?«
    »Peinlich?« Der Mann lachte. »Warum denn? Wegen der sozialen Unterschiede? Ich habe schwer gearbeitet in meinem Leben. Ich zahle horrende Steuern und gehöre zu den Bürgern, die diesen Staat trotz seiner immensen Verschuldung am Leben halten, Commissaire. Nur durch Menschen wie mich können Millionen andere, die weniger Leistungsbereitschaft zeigen, aufgrund der großzügigen Sozialleistungen des Staates durchgefüttert werden.« Sein Blick wirkte überzeugt und selbstzufrieden. »Der Clochard hatte die
Chance, mit sehr wenig Aufwand relativ viel Geld zu verdienen.«
    »Wie viel hat er denn bekommen?«
    »Dreitausend Euro! Für so jemanden ist das doch ein Vermögen.«
    »Und Sie? Wie viel haben Sie gewonnen?«
    »Erheblich mehr. Aber ich habe auch alle Fragen richtig beantworten können.«
    »Wie viel, Monsieur

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