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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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abgewischt.
    Nick hastete weiter. Er kannte sich jetzt aus. Das war seine Gegend, vertrautes Terrain. An der Métrostation Menilmontant
nahm er die Seitenstraßen, die zum Park führten. Er hatte einen Entschluss gefasst. Er hing mit den Erlebnissen der heutigen Nacht zusammen und damit, dass er fürchtete, den Verstand zu verlieren. Wieso war seine Erinnerung wie ausgelöscht? Wo war das fehlende Stück des Puzzles geblieben? Eine Welle der Panik ergriff ihn, und beinahe im Laufschritt erreichte er den Parkeingang in der Rue Lacroix.
     
    Claudine kannte eine Bäckerei im Dritten Arrondissement, die jeden Morgen bereits um vier Uhr öffnete. Sie lag am Boulevard Sébastopol und wurde hauptsächlich von Menschen frequentiert, die früh ihre Arbeit begannen oder aus der Stadt hinausfuhren.
    Die Aussicht auf frische Croissants und einen kräftigen Kaffee, den Jean-Marc zubereiten würde, lohnte den kleinen Umweg. Unterwegs sprachen sie kaum. Jeder war in Gedanken versunken. LaBréa versuchte, die Dinge zu ordnen, die sich in den letzten nicht einmal vierundzwanzig Stunden ereignet hatten. Es galt, die Arbeit an zwei völlig ungleich gelagerten Mordfällen zu strukturieren. Zu den Ermittlungen im Mordfall des toten Jungen aus der Seine kamen jetzt zahllosen Spuren, die es im Fall des ermordeten Moderators zu verfolgen galt. Der Mann war eine Person des öffentlichen Lebens, der einen hohen Bekanntheitsgrad genoss. Seine Kontakte im Arbeits- und Privatbereich mussten sehr umfangreich gewesen sein. Viele Menschen hatten seinen Lebensweg gekreuzt, und einer von ihnen hatte ein handfestes Motiv gehabt, Ribanville zu töten. An einen Auftragsmörder glaubte LaBréa immer weniger. Profis
töteten ihre Opfer mit Schusswaffen, zumeist ausgestattet mit einem Schalldämpfer. Nicht mit einem Hammer oder hammerähnlichen Gegenstand. Wer war der Mörder? Der Clochard aus dem Parc de Belleville? Eine Möglichkeit, für die es bis jetzt keine Beweise gab. LaBréa und seine Kollegen würden bei diesem Mordfall zunächst auf bewährte Methoden zurückgreifen. Die Standardprozedur sozusagen. Das gesamte Leben des Opfers unter die Lupe nehmen. Seine Biografie durchleuchten. Seine Finanzen überprüfen. Kontoauszüge, Steuererklärungen, Vermögenswerte und Grundbesitz. Die Telefonlisten seiner Festnetz- und Handynummern für die letzten Jahre anfordern. Die privaten und beruflichen Reisen überprüfen. Wohin war er gereist? Wie oft und weswegen?
    Ein Riesenberg Arbeit erwartete sie alle. LaBréa wusste, dass er und seine drei Mitarbeiter dies nicht allein bewältigen konnten. Schon im Fall des ermordeten Jungen waren sie auf Hilfe der Internet- und Pädophiliespezialisten angewiesen. Gleich am Morgen, wenn Thibon ins Büro kam, wollte LaBréa um Aufstockung seiner Einsatzkräfte bitten. Ihm schwindelte, als er jetzt daran dachte, was auf ihn und seine Leute zukam. Er hoffte nur, dass er seinen Urlaub mit Céline und Jenny nicht absagen musste!
    Er war müde. In der Nacht hatte sich Dramatisches ereignet. Wie lange war es her, seit er mit Céline und den Mädchen in dem Popkonzert im Parc des Princes gesessen hatte? Die Erinnerung daran war entschwunden wie ein flüchtiges Trugbild.
    Claudine bremste vor der Bäckerei, einem Geschäft mit blauer Holzverkleidung und dem geschwungenen Schriftzug
über dem Eingang: Mon Boulanger . Sie stellte den Motor ab und ließ den Schlüssel stecken.
    »Noch was anderes als Croissants, Chef?«, fragte sie.
    LaBréa verneinte. In Sachen Frühstück war er konservativ. Ein Croissant plus starker Kaffee. Am Sonntag waren es zwei Croissants. Heute Morgen vielleicht ausnahmsweise auch zwei, weil es noch so früh war und der Tag endlos lang zu werden drohte. Nach einigen Minuten kam Claudine zurück und drückte ihrem Chef eine große Tüte mit frischem Gebäck in die Hand. Die Sachen waren noch warm, und ein köstlicher Duft breitete sich im Wagen aus.
    Als sie über die Rue de Rivoli Richtung Quai des Orfèvres fuhren, wo das Polizeipräsidium lag, hatte der Himmel eine seltsame Färbung angenommen. Noch war es dunkel, erst in gut einer Stunde würde das Morgenrot über den Horizont kriechen. Schon jetzt ahnte LaBréa, dass erneut eine fahle, blassgelbe Sonne im Osten aufgehen würde, wie in all den Tagen, seit die Stadt unter der extremen Hitze litt. Die Sonne der Hundstage. Ein Licht, wie durch heiße Nebelschwaden getrübt.
    Jetzt erreichten sie den Pont Notre Dame. Das Wasser im Hauptarm der Seine

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