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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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zurückgelegt hatten.
    Jean-Marc betrat den Gemüseladen neben dem Café. Eine rundliche, junge Schwarze mit blond gefärbten Haaren bediente zwei in die Jahre gekommene Frauen, die wie Mutter und Tochter aussahen. Als die beiden das Geschäft verlassen hatten, wandte sich Jean-Marc an die Gemüsehändlerin. Er zeigte seinen Polizeiausweis und das Fahndungsfoto von Joseph Croix. Noch bevor er seine Frage stellen konnte, begann die Frau zu reden, als hätte man auf einen Knopf gedrückt.

    »Oh mein Gott, ja! Der kleine Joseph aus dem Heim!« Ein Hoffnungsschimmer blitzte in ihren dunklen Augen auf. »Wurde er endlich gefunden?«
    »Leider noch nicht, Madame«, erwiderte Jean-Marc. Er war sich dessen sicher, denn vorhin auf der Fahrt hierher hatte er bei den Kollegen des Kommissariats angerufen, wo der Junge als vermisst gemeldet worden war. Bisher war er nicht wieder aufgetaucht.
    »Sie kennen Joseph?«, fuhr Jean-Marc fort. Die Frau nickte.
    »Ein Engel von einem Kind. Wenn ich nicht schon selbst drei hätte, würde ich ihn glatt adoptieren.« Sie lachte, wurde jedoch sofort wieder ernst. »Mein Gott, ich will mir gar nicht ausmalen, was alles passiert sein könnte.«
    »Kennen Sie auch die anderen Kinder aus dem Heim, Madame?«
    »Ja, ich kenne sie alle. Und wissen Sie, warum?« Sie lächelte verschmitzt und deutete auf ein großes Glas mit Bonbons und Weingummi, das gleich neben der Kasse stand. »Nach der Schule kommen sie immer vorbei und dürfen dann ins Glas langen. Die armen Jungs haben ja niemanden, der sie sonst verwöhnt.« Ihr Gesicht strömte über vor Mitleid.
    »Und jetzt, in den Ferien? Kommen sie da auch vorbei? Ich meine diejenigen, die nicht weggefahren sind.«
    »Selten. Meistens dürfen sie das Heim nicht verlassen. Und seit Joseph verschwunden ist, schon gar nicht.«
    Plötzlich reckte die Frau den Kopf und blickte seitlich an Jean-Marc vorbei.
    »Guten Morgen, Herr Kaplan!«, sagte sie laut.

    Der Paradiesvogel drehte sich um. Hinter ihm stand ein Mann in schwarzem Anzug mit Priesterkragen.
    »Monsieur l’inspecteur wollte wissen, ob ich Joseph und die anderen Kinder kenne«, fügte die Gemüsehändlerin hinzu und wedelte mit dem Fahndungsfoto herum.
    Jean-Marc nahm ihr das Foto aus der Hand und steckte es ein. Er ahnte, dass es sich bei dem Kaplan um Monsieur Coulon handelte. Claudine hatte den Mann beschrieben, bevor der Paradiesvogel hierhergefahren war.
    Kaplan Coulon beachtete die Frau gar nicht, sondern wandte sich gleich an Jean-Marc.
    »Inspecteur?«, sagte er erstaunt und mit argwöhnischem Blick. »Sind Sie von der Polizei?«
    So ein Mist, dachte Jean-Marc und hätte sich ohrfeigen können. Um jeden Preis hatte er vermeiden wollen, dass jemand von der Maison de Dieu Wind davon bekam, dass Kaplan Coulons Angaben überprüft wurden. Jetzt war das Kind in den Brunnen gefallen und er musste sehen, wie er aus der Situation herauskam.
    »Reine Routine, Hochwürden«, sagte er und bemühte sich, möglichst cool zu wirken. »Ich gehöre zum Team von Commissaire LaBréa. Der tote Junge aus der Seine. Sie wissen schon, Monsieur.«
    »Und da spionieren Sie mir nach und stellen meine Aussage infrage? Ich habe dem Commissaire doch gesagt, dass unser Joseph nicht dieser Junge ist und dass ich Ihren toten Jungen nicht kenne!«
    »Ich weiß, Hochwürden.«
    »Zweifelt die Polizei etwa meine Aussage an?!«
    »Keineswegs, Monsieur.«

    »Dann verstehe ich nicht, wieso Sie hier auftauchen und die Nachbarschaft befragen.«
    Jetzt sitze ich richtig tief in der Scheiße, dachte Jean-Marc. Er ahnte, was als Nächstes kommen würde.
    »Sie glauben doch nicht, dass ich das einfach so hinnehme. Wie ist Ihr Name, Monsieur? Zeigen Sie mir bitte Ihren Dienstausweis.«
    Schweren Herzens folgte Jean-Marc dieser Aufforderung. Der Kaplan ließ sich von der Gemüsefrau ein Stück Papier geben und notierte Jean-Marcs Namen.
    »Das wird ein Nachspiel haben, Leutnant Lagarde. Sie und Ihre Kollegen sollten lieber alles daransetzen, unseren Joseph zu finden, statt den guten Namen der Maison de Dieu mit einem Mordfall in Verbindung zu bringen.«
    »Das tun wir doch gar nicht, Monsieur«, wagte Jean-Marc zu widersprechen.
    Der Kaplan drehte sich abrupt um und ließ Jean-Marc einfach stehen. Er marschierte den Gang entlang zu dem Stand mit frischem Obst.
    »Ich hätte gern Himbeeren, Johannisbeeren und Pfirsiche, Madame Siston«, rief er der Gemüsefrau zu, die das Gespräch stumm und mit weit aufgerissenen Augen verfolgt

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