Der tote Raumfahrer
ist eine andere Sache. Hier entwickelten sich die alten minervianischen Arten weiter – deshalb Ihr Fisch.«
Danchekker starrte Hunt mit einem Gesichtsausdruck an, der fast offenen Unglauben verriet.
»Wie außergewöhnlich!« rief er.
Des Professors Arm, der eine Gabel mit einer darauf aufgespießten Bratkartoffel zum Mund hatte führen wollen, schien plötzlich mitten in der Bewegung gelähmt worden zu sein. »Sie meinen, das ganze auf Minerva einheimische Landleben verschwand – einfach so?«
»Nun, zumindest innerhalb einer ziemlich kurzen Zeit. Wir haben uns lange Zeit gefragt, was den Ganymedern zugestoßen ist. Nun sieht es ganz danach aus, als sollte die Frage umfassender gestellt werden: Was ist den Ganymedern und allen ihren Land bewohnenden Verwandten zugestoßen?«
21
Wochenlang diskutierten die beiden Wissenschaftler das rätselhafte Verschwinden der auf Minerva einheimischen Landbewohner. Physikalische Katastrophen schlossen sich aufgrund der Annahme aus, das alles in dieser Art auch die terrestoiden Arten ausgelöscht hätte. Dieselbe Folgerung traf auch auf klimatische Umwälzungen zu.
Eine Zeitlang prüften sie die Möglichkeit einer Epidemie, verursacht von mit den importierten Tieren eingeschleppten Mikroorganismen, eine Seuche, gegen die die einheimischen Arten keine ererbte körpereigene Immunität besaßen. Schließlich stellte sich diese Vermutung aus zwei Gründen als ebenso unwahrscheinlich heraus. Erstens: Eine Epidemie, die in ihren Auswirkungen hinreichend virulent genug war, jede einzelne der in die Millionen gehenden Arten auszulöschen, konnte man sich kaum vorstellen. Zweitens: Alle bisher von Ganymed eingegangenen Informationen ließen vermuten, daß der Wissensstand der Ganymeder deutlich umfangreicher als der der Lunarier oder der Menschheit gewesen war – sicherlich konnten sie niemals einen solchen Bock geschossen haben.
Eine Variation dieses Themas bestand in der Annahme, daß ein Biokrieg ausgebrochen war, eskalierte und außer Kontrolle geriet. Beide vorherigen Einwände verloren an Bedeutung, wenn man sie in diesem Zusammenhang betrachtete. Schließlich wurde diese Erklärung als denkbar akzeptiert. Damit blieb nur noch eine andere Möglichkeit übrig: eine Art chemische Veränderung in der minervianischen Atmosphäre, an die sich die einheimischen Arten nicht anpassen konnten, wohl aber die terrestoiden. Aber was für eine?
Während an Bord von Jupiter-Fünf noch das Für und Wider dieser Alternativen abgeschätzt wurde, erbrachte die Laserverbindung zur Erde Meldungen über einen neuen Tumult, der bei Navkomm ausgebrochen war. Eine Gruppe der reinen Erdler hatte Berechnungen vorgelegt, nach denen die Lunarier auf Minerva überhaupt nicht hätten überleben, geschweige denn eine Zivilisation entwickeln können. Bei der Entfernung der Sonne wäre es schlicht und einfach zu kalt gewesen. Weiterhin betonten die Wissenschaftler nachdrücklich, daß Wasser an der Oberfläche niemals in flüssiger Form hätte existieren können. Sie führten dies als Beweis dafür an, daß die Welt von Charlies Karten sich überall befunden haben könnte, aber bestimmt nicht in der Nähe des Asteroidengürtels.
Um diesem Angriff zu begegnen, schlossen sich die diversen Lager der Minervaisten zu einer hastigen Allianz zusammen und erwiderten das Feuer mit eigenen Berechnungen, die den Treibhauseffekt atmosphärischen Kohlendioxyds beschworen und aufzeigten, daß eine wesentlich höhere Temperatur angenommen werden konnte. Die durchschnittlichen Temperaturen waren bereits auf andere Weise ermittelt worden. Jetzt wiesen sie nach, daß der dafür nötige prozentuale Anteil an Kohlendioxyd genau den Werten entsprach, die Professor Schorn aus der Analyse von Charlies Stoffwechsel und Atmungssystem für die Zusammensetzung der Atmosphäre abgeleitet hatte. Die Tretmine, die schließlich die Stellungen der reinen Erdler zertrümmerte, war Schorns spätere Entdeckung, daß Charlie verschiedene physiologische Symptome zeigte, die auf eine Anpassung an ungewöhnlich hohe Konzentration an Kohlendioxyd hindeuteten.
Hunts und Danchekkers Neugierde wurde von all diesem plötzlichen Interesse am Ausmaß des Kohlendioxyds in Minervas Atmosphäre geweckt, und sie planten verschiedene eigene Experimente. Indem sie Hunts mathematische Begabung und Danchekkers Kenntnisse über quantitative Molekularbiologie kombinierten, entwickelten sie ein Computermodell, das eine Verallgemeinerung des
Weitere Kostenlose Bücher