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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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zugeraunt hatte: Salvatore.

45
    Als Marlen erwachte, war es drei Uhr nachmittags. Sie hatte, beschwert von einem letzten Schluck Grappa, geschlafen wie ein Stein. Jetzt war sie mit einem Schlag hellwach. Der Traum, das schützende Leintuch, war fort und die Gegenwart mehr als präsent. Salvatore war tot. Marlen sprang aus dem Bett. Aktiv bleiben, Körper und Geist in Bewegung halten, sich jetzt bloß nicht unterkriegen lassen. Jemand hatte Salvatore umgebracht. Sie ballte die Fäuste, Wut stieg in ihr hoch, und mit der Wut die Tränen. Sie kämpfte damit, sich nicht die letzte gemeinsame Nacht vor Augen zu führen. Wäre er Freitag nacht nur nicht aufgetaucht! Dann wäre der Schmerz erträglich, dachte sie. Jetzt war er mindestens um eine Nacht schwerer. Die Tränen flössen ungehemmt.
    Sie fröstelte, schlüpfte in Livias Bademantel, ging in die Küche, setzte einen Espresso auf, öffnete ein Joghurt und löffelte es mit abwesendem Blick in sich hinein. War das wirklich Salvatore gewesen unter dem Phoenix des mexikanischen Malers? Vielleicht hatte sie sich getäuscht? Die Süditaliener sahen einander doch zum Verwechseln ähnlich. Sie träumte vor sich hin, gab sich dann einen Ruck. Blödsinn. Du hast ihn gesehen. Du hast ihn erkannt.
    Geh laufen, Marlen, sagte eine innere Stimme, und eine andere: kriech wieder ins Bett, zieh die Decke über den Kopf. Fahr zurück nach Deutschland, ließ sich eine dritte vernehmen. Scheiße! dachte sie, während sie in ihr Zimmer schlurfte, sich gehorsam Shorts und T-Shirt überzog und alle inneren Stimmen insgeheim verfluchte. Es wäre tausendmal schöner, einfach in den Schlaf des Vergessens zu fallen. Oder gleich zurück nach Hause zu fahren? Zu Luzie, zu Fritz? Vielleicht hatte die dritte Stimme recht. Überhaupt, wer hatte diesen Satz zuletzt ausgesprochen? Sie schloß die Augen, stöhnte dann auf. Natürlich. Salvatore, bei ihrer letzten Begegnung. Er hatte sie gewarnt, sich einzumischen, dabei hatte er sich selbst auf irgendeine Weise eingemischt und dran glauben müssen. Hatte Salvatore etwas herausgefunden? Wer hatte ihn umgebracht? Etwa der Mörder Umbertos?
    Doch die Neugier kam diesmal auf lahmen Flügeln daher. Marlen würde nicht ihr Leben dafür aufs Spiel setzen, weiterzuforschen. Alles hatte seine Grenzen. Am besten, sie schnappte sich Livia und fuhr mit ihr für eine Woche auf die Äolischen Inseln, nach Stromboli mit seinem schwarzen Sand und dem ständigen leisen Grollen des Vulkans. Die Idee gab ihr Auftrieb. Genau, Stromboli. Meinetwegen auch Panarea. Oder gleich nach Filicudi, wohin nur zweimal wöchentlich ein Schiff verkehrte. Nichts wie weg hier! Wo war die Zeitung mit den Abfahrtzeiten der Schiffe?
    Auf dem Tisch im Wohnzimmer fand sie einen Zettel von Livia.
    Liebe Marlen! Endlich aufgewacht?
    – »Endlich«, brummte Marlen, man wird ja wohl mal ausschlafen dürfen. –
    Bin noch im Büro. Ruf mich an, sobald du wach bist, es ist dringend. Ich habe Neuigkeiten! Kuß – Livia.
    Marlen ließ den Zettel fallen. Neuigkeiten interessierten sie nicht mehr. Und auch Livia sollte sich gefälligst hüten … Entschlossen ging sie zum Telefon und wählte Livias Nummer. Keiner nahm ab. Und wo zum Teufel war die Tageszeitung? Auf dem Fußboden neben der Toilette wurde Marlen fündig.
    Zweiter unterirdischer Toter , prangte es dick und fett auf der Titelseite. Darunter, ein wenig kleiner: Neues Opfer im Kampf um die Vorherrschaft auf dem Rauschgiftmarkt?
    Marlens Blick glitt über die Zeilen, suchte vergeblich nach dem Namen Salvatores. Sie las sich die Berichterstattung ein zweites Mal gründlicher durch. Aha, da stand etwas: Die Identität des Toten sei nach wie vor ungeklärt. Die Polizei arbeite fieberhaft an dem Fall, und so weiter. Die unterirdischen Gänge seien weiterhin gesperrt. Hinweise auf Opfer und Täter nehme jede Polizeidienststelle entgegen. Nachspann: Ein Kommentar von Giorgio Limoncelli.
    Marlen schnappte sich entschlossen die Zeitung, ging zum Telefon und wählte Giorgios Nummer in der Redaktion. Er war schon beim zweiten Läuten am Apparat. Ohne Zögern sagte Marlen, sie kenne den Namen des unterirdischen Toten, er heiße Salvatore delle Donne. Sie nannte weder ihren Namen noch ließ sie sich auf ein Gespräch ein, in dessen Verlauf Giorgio schon bald ihren deutschen Akzent wiedererkennen würde, sondern legte einfach auf. Sollte doch Giorgio die Polizei informieren oder aus der Information machen, was immer er wollte. Er hatte sicherlich die

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