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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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besseren Verbindungen.
    Ihr Blick fiel auf das Datum der Zeitung. Dienstag, der 20. April 1993, stand dort. Sie runzelte die Stirn. Wieso Dienstag? Das Kunstspektakel hatte am Sonntag abend stattgefunden. Also war heute Montag. Sie nahm erneut den Hörer ab und wählte die Nummer der Zeitansage. »Heute ist Dienstag, der 20. April 1993. Es ist fünfzehn Uhr siebenundvierzig und dreiundzwanzig Sekunden. Ich wiederhole …«
    Fassungslos legte sie den Hörer auf. Sollte sie so lange geschlafen haben? Zwei ganze Nächte und anderthalb ganze Tage lang? Was war los in der Welt? Was war in der Zwischenzeit passiert? Was hatte sie versäumt? Einerseits kam sie sich vor wie nach wochenlangem Koma, und andererseits verspürte sie nun doch mit einemmal wieder Neugier auf die Welt – neue Gier, dachte sie später, als sie die mittlerweile bekannte Strecke durch die Villa Comunale lief und dabei versuchte, sich von dem Moment zu entfernen, in dem sie unter dem Phoenix den toten Salvatore entdeckt hatte.
    Als sie eine Stunde später verschwitzt zur Wohnungstür hereinkam, erwartete Livia sie bereits. Wie immer, wenn sie aufgeregt war, hatte Livia so rote Backen wie die Kinder auf den Verpackungen von Gesundheitssäften. Sie stürzte besorgt auf Marlen zu, schob ihr einen Stuhl hin. »Du hast ja einen knallroten Kopf.«
    »Und du erst mal«, sagte Marlen.
    »Setz dich, bevor du aus den Latschen kippst. Hier, trink einen Schluck.« Sie hielt der Freundin die Wasserflasche hin.
    »Wieso sollte ich umkippen?« fragte Marlen.
    »Du glaubst ja gar nicht, was in den letzten zwei Tagen passiert ist«, begann Livia aufgekratzt. »Was wir alles heraus gefunden haben. Da kommt was ins Rollen, sage ich dir: ganze Gebirgszüge! Also, hör zu.«
    »Nein, hör du mal zu«, unterbrach Marlen sie. »Ich habe über die ganze Sache noch einmal gründlich nachgedacht und glaube, wir sollten uns da raushalten. Ehrlich, ich habe verdammt noch mal keine Lust, meinen Kopf hinzuhalten, und finde, der tote Salvatore reicht. Mir jedenfalls. Mit anderen Worten: Schnauze voll. Und deshalb weiß ich gar nicht, ob ich all das, was dir da offenbar so heiß auf der Zunge brennt, überhaupt wissen will.«
    Livia starrte sie an. »Das ist doch nicht dein Ernst.«
    Marlen schwieg.
    »Hör’s dir wenigstens an. Bitte.«
    Marlen schwieg weiter. Die Verdruß darüber, einen ganzen Tag verschlafen zu haben, siegte dann aber doch. Sie seufzte. »Also gut. Pack aus. Erzähl mir, was ich versäumt habe. Aber erwarte bitte keinen tosenden Applaus.«
    Livia zögerte, wo sie anfangen sollte, da war so viel, was sie loswerden wollte. Sie beschloß, chronologisch vorzugehen. Am Montag früh sei sie wie verabredet in die Sanità zu Pater Gregorio gefahren, um mit ihm über die Diebstähle in seiner Kirche zu sprechen und ihn nach Einzelheiten zu fragen, was speziell den Raub der beiden Engel betraf. Sie hatte sich mit gemischten Gefühlen auf den Weg gemacht. Da war der Drang, endlich voranzukommen mit all den Vermutungen und Hypothesen, da war aber auch ein Stück Beklemmung nach der Entdeckung des zerstörten Selbstporträts und des toten Salvatore. Obendrein hegte sie ungute Gefühle bezüglich des Pfarrers und der Kirche. Denn selbst wenn sie, bevor sie mit der Arbeit in der Kunstraubdokumentation begann, zuletzt als Kind eine Kirche betreten hatte und mittlerweile seit Jahren einen großen Bogen um alles machte, was nach Religion roch, speziell nach katholischer Religion – Marlen ging es mit den Protestanten, wie Livia wußte, ähnlich – so war eine durch Einbruch und Diebstahl profanierte Kirche doch ein Ort der Zerstörung und auch nach ihrem agnostischen Empfinden entweiht.
    Livias Beklemmung hatte sich überraschenderweise aber dadurch aufgelöst, daß Santa Maria degli Angioli ai Groci in Wirklichkeit bei weitem nicht so groß war wie in ihrer Kindheitserinnerung. Die Kirche war geschrumpft wie die meisten Dinge aus jener Zeit, und Livia konnte sich den Schaden ohne aufwühlende Gefühle oder Ressentiments ansehen. Pater Gregorio war außerdem nicht mehr der anfangs gefürchtete, spätestens seit der Pubertät verlachte Gottesbeauftragte Roms im wallenden schwarzen Gewand mit der dunklen, dröhnenden Stimme, die aus dem Beichtstuhl drang, sondern ein kleiner, dicklicher, bescheidener Mann von Ende Sechzig, der sogar herzhaft lachen konnte. Livia hatte sich angeregt mit ihm unterhalten, von ihrer Arbeit erzählt und wurde nicht ein einziges Mal nach der Anzahl

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