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Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Der Tote vom Silbersee (German Edition)

Titel: Der Tote vom Silbersee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schmid , Christine Schneider
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klarer wurde ihm, dass er nur mit der entsprechenden Heirat in die Klasse der Besitzenden und Regierenden aufsteigen konnte. Alles, was zählte, waren Besitz und Ansehen. Von wegen innere Schönheit! Nur Menschen, die kein Vitamin B hatten, vertraten einen solchen Schwachsinn. Er wollte nach oben, ganz nach oben.
    Er begann, um die Tochter des Klienten zu werben. Klara hieß sie. Natürlich tat er das erst, nachdem er sich beim Herrn Papa erkundigt hatte, ob es ihm recht war. Er wusste schließlich, was sich gehörte. Und der Herr Papa zeigte sich hoch erfreut ob seiner guten Manieren. Welcher junge Mann fragte schon den Schwiegervater in spe, ob er der Tochter den Hof machen durfte? So etwas gehörte ins vorige Jahrhundert. Die Tochter des Mandanten war gehemmt. Ihr Vater schubste sie umher – und sie ließ es sich gefallen. Er fühlte sich stark an seine Kindheit und Jugend erinnert. Und noch an jemanden erinnerte ihn Klara: an seine Mutter. Klara war ein schüchternes Mauerblümchen, immer bestrebt, es ihrem strengen Vater recht zu machen.
    Er begann, ihr Komplimente zu machen. Sie errötete, schlug beschämt die Augen nach unten. Besonders attraktiv war sie nicht. Nur wenn sie lächelte, was sie selten genug tat, trat eine eigenartige Schönheit in ihr Gesicht.
    Als er sie das erste Mal in sein Bett zog, gab er sich mit der prüden Jungfrau alle Mühe. Schließlich war er anderes gewohnt. Die Damen von der Frauentormauer hatten ihm einiges beigebracht. Er wusste, wie man Frauen behandelte, dass sie Wachs in seinen Händen wurden.
    Man wusste ja nie, ob der Alte seine Tochter ausfragte, wie es im Bett wohl so liefe. Also begnügte er sich brav. Die Gedanken waren frei. Und während er bei Klara sein Pflichtprogramm absolvierte, schickte er seine Gedanken auf Reisen.
    Klara betete ihn danach an, verfolgte ihn mit ihren wässrig blauen Augen wie ein liebeskranker Dackel.
    »Liebling, ich möchte nicht länger in Sünde mit dir leben. Ich achte dich zu sehr dafür. Lass uns heiraten!«
    Sie fiel ihm jauchzend um den Hals. Schwiegerpapa richtete eine rauschende Hochzeit aus, und alle wichtigen Leute der Stadt kamen um zu gratulieren.
    Um bei seiner devoten Ehefrau nicht die Beherrschung zu verlieren, besuchte er in dieser Zeit noch häufiger seine Hure. Er sagte sich immer wieder vor: Es lohnt sich, etwas auf Klara einzugehen. Schließlich hatte er ein Vermögen und einen bekannten Namen geheiratet.

28
    Der Abend mit der Kommissarin verlief harmonisch. Lena, die so gut wie nie Alkohol trank, merkte schon nach einem Glas Rotwein, dass sich ihre Zunge löste und sie albern wurde.
    »Was haben Sie denn über mich herausgefunden, liebe Frau Kommissarin.«
    »Sie sind Sozialpädagogin, sehr engagiert, was problematische Jugendliche anbelangt, und Sie sind in Nürnberg, weil Sie an Ihrer Doktorarbeit schreiben. Sagen Sie mal, Lena, haben Sie das Seminar eigentlich schon mal besucht?«
    Lena grinste von einem Ohr zum anderen, nahm einen großen Schluck, wackelte mit dem Kopf und meinte entrüstet: »Wenn einem auch dauernd Leichen über den Weg laufen!«
    »Was heißt hier dauernd?«
    »Hicks«, machte Lena, »sorry«, sie hielt sich die Hand vor den Mund. »Nun ja dieser Redakteur und der Punker! Ich glaube, ich muss jetzt ins Bett, habe wohl einen Schwips. Bin den Alkohol nicht gewöhnt.«
    Die Kommissarin stand auf und lächelte freundlich. »Wir können unser Gespräch an einem anderen Tag fortsetzen. Lena, bitte halten Sie sich aus unseren Ermittlungen raus. Es ist gefährlich, verstanden?«
    Lena nickte, gab der Kommissarin artig die Hand und kaum hatte Belu die Tür hinter sich geschlossen, ließ Lenasich in ihrem Jogginganzug aufs Bett fallen.
    Beim Einschlafen murmelte sie: »Einen Teufel werd’ ich tun, Frau Kommissarin!«

29
    Der alte Arzt sah seine zitternde Patientin an. Er kannte sie nun schon seit ihrer Kindheit. In den letzten Jahren war sie kaum mehr bei ihm erschienen.
    »Ich bin ein Freund deiner Familie, kenne dich, seit du geboren wurdest. Erlaube mir, offen zu sprechen.«
    Mit verquollenen Augen blickte sie ihn an.
    »Ich weiß, dass dein Mann dich schlägt«, begann der Arzt. Die Frau schüttelte stumm den Kopf, die Verzweiflung in ihren Augen schmerzte den alten Mann. Welch ein verschwendetes Leben, dachte er. Sanft fuhr er fort: »Wenn du dich nicht endlich wehrst, gehst du zugrunde!«
    »Ich kann nicht!«, flüsterte sie und sah zu Boden.
    Wut stieg in dem Arzt auf. Wut auf diese Frau, die

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