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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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sagte Moreno. »Das meine ich ernst.«
    »Nicht, wenn wir uns sofort Kinder anschaffen«, sagte Mikael Bau besorgt. »Jemand muss doch zu Hause bleiben und sich um sie kümmern. Neugeborene darf man nicht zum Yoga schleifen. Hast du übrigens keinen Hunger?«
    »Soll das heißen, dass es auch heute etwas zu essen gibt?«
    Mikael Bau nickte.
    »Es gibt Quiche und Salat. Und Wein.«
    »Ich verabscheue Wein«, sagte Moreno. »Und morgen muss ich außerdem arbeiten.«
    »Hm«, sagte Mikael Bau lächelnd. »Wenn ich mir das genauer überlege, dann enthält die Quiche Spargel. Irgendwo hab ich gelesen, dass Spargel als einziges Nahrungsmittel überhaupt nicht zu Wein passt.«
    »Gut so«, sagte Moreno. »Lang lebe der Spargel.«
     
    Sie schliefen ein, ohne sich mehr als ein wenig aus Jux geliebt zu haben, doch nach zwei Stunden erwachte sie und konnte keinen Schlaf mehr finden. Sie lag in dem breiten Doppelbett und schaute den verschwommenen Schatten zu, die über die Wände und über den durchtrainierten Körper neben ihr spielten. Sie sahen nicht sonderlich wirklich aus. Eher im Gegenteil. Der Mond ließ eine Lichtstraße durch das offene Fenster und die dünnen Vorhänge fallen, und sie hatte fast das Gefühl, mit ihrem Liebhaber (Freund? Partner? Typen?) durch eine Art surrealistisches Filmbad zu schwimmen. Wind und Wellen preisgegeben, während sie darauf warteten, entwickelt zu werden.

    Entwickelt wozu?
    Ich bin eine freie Frau, dachte sie. Ich gehöre der ersten Generation freier Frauen der Weltgeschichte an. Ich trage mein Leben in meinen Händen.
    Ich brauche für niemand Verantwortung zu übernehmen. Muss keine zwingenden gesellschaftlichen Rücksichten nehmen. Habe keine Bindungen.
    Ich bin eine Frau, die tun kann, was sie will.
    Im Moment. Hier. Heute und morgen.
    Auch darüber hatten sie gesprochen. Genau darüber. An diesem Abend und auch früher. Wie hatte er sich noch ausgedrückt?
    Wenn man seine Freiheit zu sehr liebt, wird man sein Leben lang einen kalten Stein umarmen. Immer härter, immer kälter.
    Sie dachte eine Weile darüber nach.
    Bullshit, dachte sie dann. Das hat er hinten auf einem Video oder auf einem Milchkarton gelesen, das ist dummes Gerede. Und morgen wartet der Schleimscheißer Lampe-Leermann auf mich.
    Aber sie wusste — noch ehe an diesem neuen Tag die Sonne aufgegangen war und noch ehe sie in dieser alten Nacht in den Schlaf gefunden hatte —, dass sie einen Entschluss fassen musste. Unausweichlich.
    Vermutlich hatte sie vier Wochen Bedenkzeit. Zwei zusammen mit ihm. Zwei ohne. Sie glaubte nicht, dass er bereit sein würde, ihr mehr Zeit zu geben.
    Vorsichtig strich sie mit der Hand über seinen schönen Rücken und fragte sich, ob sie die Antwort nicht bereits wusste.
    Dann schlief sie ein.

9
    Die Jugendherberge war bis auf das letzte Bett belegt. Nach allerlei Hin und Her konnte sie dann aber ein Zimmer mit dänischen Interrailerinnen und einer Krankenschwester mittleren Alters teilen, der es nicht gelungen war, ein Doppelzimmer zusammen mit ihrem Mann zu bekommen.
    Die Krankenschwester — die nach einem langen Tag am Strand reichlich gegrillt aussah — begegnete ihr im Duschraum, die Däninnen lagen auf ihren Betten und schrieben Postkarten. Beide hatten Walkmen über den Ohren, und beide nickten ihr zu, ohne die Kopfhörer abzunehmen.
    Sie unterdrückte den Impuls loszuweinen. Schob ihre Sachen in den Schrank, zog das gestreifte Bettzeug auf und ging in die Kantine, um sich etwas zu essen zu holen.
    Nachdem sie drei Brote, eine große Cola und einen Apfel verputzt hatte, fühlte sie sich ein wenig besser. Sie zog ihr Notizbuch heraus und vertiefte sich in ihre Aufzeichnungen. Dachte eine Weile darüber nach, an welchem Ende sie wohl anfangen sollte, und als sie ihren Entschluss gefasst hatte, ging sie zurück zur Rezeption, um dort nachzufragen. Es war erst Viertel vor sechs, und mit etwas Glück würde sie an diesem Abend noch einen Besuch schaffen.
    Es ging viel besser als erwartet. Die beiden jungen Frauen hinter dem Tresen nahmen sich Zeit für sie, und als sie die Haltestelle erreichte, wartete schon der Bus.
    Sie ließ sich auf den Sitz hinter dem Fahrer sinken und überdachte
die verschiedenen Vorgehensmöglichkeiten. Zog ihr Notizbuch aus der Tasche und steckte es wieder hinein, nachdem sie sich das Wichtigste eingeprägt hatte. Der Bus fuhr an, und sie dachte an den Spaziergang im Park. Und an die Briefe, die sie von ihrem Vater erhalten und unter wachsendem

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