Der Totenerwecker (German Edition)
sie davon ausgegangen, es würde ihr letztes Zuhause sein – das Heim, in dem sie starben. Doch dann hatten sie ihre Ersparnisse an der Börse verzockt, konnten die Zinsen ihres tilgungsfreien Kredits nicht länger bezahlen, und es war zur Zwangsversteigerung gekommen. Dale hatte das Haus für die Hälfte des letztjährigen Marktwerts erstanden.
Die Küchenarmaturen bestanden aus rostfreiem Stahl, die Schränke aus Kirschbaumholz mit Glastüren und Griffen aus gebürstetem Nickel. Dale würde besseres Geschirr anschaffen müssen. Sein altes passte überhaupt nicht hier herein, und die Hälfte davon war fleckig oder angeschlagen. Nicht dass er jemals Leute einlud, aber es war ihm lieber, dass seine Wohnung ordentlich aussah, nur für alle Fälle, und seine alten, billigen Tassen und Teller hinter den Glastüren der Schränke würden das Haus schäbig wirken lassen; als würde er gar nicht in eine so nette Wohnung passen.
Auch die Klinken und Scharniere der Zimmertüren waren vernickelt, genau wie die Schrankgriffe. Die Fenster verfügten über Kunstholzjalousien, die farblich zu den Schränken passten. Der Boden der Küche, des Wohnzimmers, des Flurs und beider Bäder bestand aus 50 Quadratzentimeter großen weißen Travertinfliesen, die von orangefarbenen, schwarzen und braunen Adern durchzogen waren. Der Holzboden des Arbeitszimmers wies den gleichen Kirschbaumton wie die Schränke und die Rollläden auf. Das Einzige, was Dale nicht gefiel, waren die weiß getünchten Wände. Bei all den exklusiven Umbauten und Einrichtungsdetails hätte er einige Wände in einer anderen Farbe erwartet, eventuell die eine oder andere Akzentwand oder ausgefallene Tapetenmuster. Aber damit würde er sich später beschäftigen.
Dale ging ins Arbeitszimmer und fing an, seinen Computer auszupacken. Den Schreibtisch schob er ans Fenster, damit er bei der Arbeit das Haus auf der anderen Straßenseite beobachten konnte. Er holte Drucker und Scanner aus dem Karton, schloss Webcam und Lautsprecher an den PC an und kümmerte sich dann um seine Bücher.
Es dauerte fast zwei Stunden, aber Dale schaffte es, sein Arbeitszimmer komplett einzurichten und alles an seinen Platz zu räumen. In den Regalen versammelten sich Ratgeber über Webdesign, ein paar True-Crime-Bände, aber auch Kriminalromane, Sachbücher über Spurensicherung an Tatorten und polizeiliche Ermittlungsmethoden sowie alte Erotikromane von Anaïs Nin, Leopold von Sacher-Masoch, Henry Miller und dem Marquis de Sade. In mehreren noch ungeöffneten Kartons befanden sich raubkopierte DVDs und verstaubte VHS-Kassetten mit alten Pornofilmen, unter anderem S&M-Filme aus den 80ern und 90ern sowie einige modernere Folterfilme.
Sein Computer war angeschlossen und funktionsbereit. Ein Foto seiner Eltern hing an der Wand gegenüber vom Fenster. Er hatte sogar Kinoplakate seiner beiden Lieblingsfilme aufgehängt, Pulp Fiction und Reservoir Dogs . Dale liebte Tarantino. Tarantino war einfach ein Meister seines Fachs.
Dale besaß auch einige Plakate von Russ-Meyer-Produktionen, die noch zusammengerollt waren. Er wollte sie im Schlafzimmer aufhängen. Das würde er als Nächstes in Angriff nehmen. Die Umzugshelfer hatten noch nicht einmal sein Bett zusammengebaut, Matratze und Lattenrost lehnten an der Wand des großen Raums. Er ging davon aus, dass er nicht vor Einbruch der Dunkelheit fertig wurde. Dann blieb gerade noch Zeit für das Abendessen und ein kurzes Nickerchen, bevor er seinen neuen Nachbarn einen Besuch abstattete.
Kapitel 7
Sarah sah Josh dabei zu, wie er die Teller abbrauste und in die Spülmaschine stellte. Sie lag zusammengerollt auf der Couch und wartete auf den Beginn von Real Time with Bill Maher. Josh hatte sich heute um das Abendessen gekümmert, und sie musste zugeben, dass es gar nicht schlecht gewesen war. In einem der kleinen Rezeptheftchen, die man im Supermarkt bekam, hatte er ein Rezept für Enchiladas gefunden und mit Tortillas, Monterey-Jack-Käse, gerösteten roten Chilis, Pilzcremesuppe und grüner Enchiladasoße für sie zubereitet. Ehrlich gesagt war es ihm sogar richtig gut gelungen, und Sarah hatte die Hälfte der Portion gegessen. Morgen würde sie eine Extrarunde laufen müssen, um nicht zuzulegen. Aber sie wusste, dass auch Übergewicht nichts an Joshs Gefühlen für sie ändern würde.
»Wirst du mich noch lieben, wenn ich ein paar Kilo zunehme?« Es schadete nichts, auf Nummer sicher zu gehen.
»Wenn man eine Frau heiratet, muss man immer davon
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