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Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)

Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)

Titel: Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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verloren habe?
    Es klang irgendwie absurd.
    Er wird mich für verrückt halten , überlegte Brad.
    „Ich weiß nicht wie ich es ausdrücken soll, Sir, aber …“
    „Er macht auf dich einen etwas wunderlichen Eindruck? Ist es das, worauf du hinaus willst?“, fragte der Reverend.
    „Ja, das kann man schon sagen.“
    „Er hat ein schweres Schicksal hinter sich, das ihn aus der Bahn geworfen hat. Unsere Kirchengemeinde hat ihm die Chance gegeben, noch mal ein neues Leben zu beginnen. Ich denke, wir sollten uns alle bemühen, ihm so unvoreingenommen wie möglich gegenüber zu treten.“
    „Natürlich, Reverend. Aber ich habe ihn vorher hier auf dem Friedhof getroffen und da hat er mir sehr eigenartige Dinge erzählt. Nachts stellt er ewige Lichter auf die Gräber und führt eigenartige Rituale durch.“
    „Du meinst, er spricht mit den Toten“, sagte der Reverend.
    „Zugegeben, das habe ich auch schon mitbekommen. Aber solange er seine Arbeit macht, sollten wir diese Marotte tolerieren. - Sprichst du nicht auch mit deinem Vater, wenn du hier auf dem Friedhof bist?“
    Brad musste schlucken. Wie konnte er dem Reverend nur klarmachen, was geschehen war?
    „Doch schon“, sagte Brad, „aber das ist doch etwas anderes.“
    „Wieso ist das etwas anderes?“
    Es hat keinen Sinn, dachte Brad. Alles, was ich jetzt vorbringen könnte, hätte keine Substanz und würde den Reverend nicht überzeugen.
    Reverend Donaldson deutete zu Mrs. Beagle, die vor dem Grab ihres Mannes stand und die Hände gefaltet hatte. Sie murmelte leise vor sich hin murmelte.
    „Siehst du, sie tut das auch. Nur sieht sie etwas gefälliger aus. Übrigens hatte Mrs. Beagle in letzter Zeit ziemliches Pech.“
    „Was meinen Sie damit, Reverend?“, fragte Brad.
    „Bei ihr wurde eingebrochen. Das ist aber schon eine Woche her. Hast du nicht in der Zeitung davon gelesen?“
    Brad machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wir haben inzwischen Schwierigkeiten mit der Zustellung unserer Zeitung“, sagte er.
    „Ich verstehe“, antwortete Reverend Donaldson. „Hängt wahrscheinlich mit dem ganzen Umzugszirkus zusammen.“
    „Ja, das ist gut möglich.“
    In Wahrheit war es so, dass Mom das Abo gekündigt hatte, um Geld zu sparen.
    „Ich hoffe, ihr habt euch inzwischen eingelebt, Brad.“
    „Doch ja, es geht.“
    *
    Das Haus, in dem Lana McKee wohnte, lag etwa eine halbe Meile von der Kirche und dem Friedhof entfernt. Es war ein Reihenhaus mit Brownstone-Fassade, aber gut gepflegt. Brad kannte Lanas Eltern nur flüchtig. Er wusste, dass ihr Vater für einen Paketservice tätig war und ihre Mutter einen Job als Verkäuferin in einem Supermarkt in Stamford hatte. Also nicht gerade die Art von Leuten, die Mom früher als guten Umgang bezeichnet hätte, dachte Brad. Aber wahrscheinlich waren Moms Ansichten zu diesem Thema im Moment ohnehin im Wandel begriffen.
    Es war bereits 6 Uhr abends, als Brad das Haus der McKees erreichte. Einen Moment lang zögerte er und überlegte, was er sagen sollte, falls Lanas Eltern ihm öffneten. Aber dann sagte er sich, dass sie wahrscheinlich noch nicht zu Hause waren, schließlich stand kein Wagen in der Einfahrt und eine Garage gehörte nicht zu dem Haus. Also klingelte er und überlegte sich einen coolen ersten Satz. Sein Besuch sollte nicht so rüberkommen, als wollte er ein Date mit Lana ergattern. Nicht, dass sie dafür nach seinen Maßstäben gar nicht infrage gekommen wäre, aber im Moment gab es einfach Wichtigeres.
    Brad klingelte. Erst erfolgte keine Reaktion. Nach zwanzig Sekunden versuchte er es noch einmal.
    Irgendwann muss ich mit ihr sprechen , dachte er, wenn nicht jetzt, dann an einem anderen Tag.
    Er versuchte es zum dritten Mal.
    Schritte waren im nächsten Moment hinter der Tür zu hören; jemand kam eine knarrende Treppe herunter. Anschließend öffnete sich die Tür zuerst nur einen Spaltbreit. Dann wurde auch die Vorhängekette gelöst.
    „Ach, du bist es, Brad“, sagte sie.
    „Genau“, sagte Brad.
    Sie sah ihn freundlich an, schien aber etwas nervös zu sein und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, auf der sie bis dahin herumgekaut hatte.
    Einige Augenblicke lang sagte keiner von ihnen ein Wort und ein cooler Spruch wollte Brad jetzt erst recht nicht einfallen.
    „Dein Besuch hier hat doch bestimmt einen Grund, oder?“, fragte sie. „Ich geh doch recht in der Annahme, dass du zu mir willst?
    Geschwister hab ich nämlich keine.“
    „Ich weiß“, sagte er. „Ja, ich will zu dir.

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