Der Totenleser
wahrscheinlich prominenteste Opfer eines autoerotischen Unfalls in jüngerer Zeit war der US-amerikanische Schauspieler David Carradine, der im Juni 2009 im Alter von 72 Jahren mit einer Schlinge um den Hals und einer (Selbst-)Fesselung im Genitalbereich tot im Kleiderschrank seiner Suite in einem Hotel in Bangkok aufgefunden wurde. Groteskerweise hatte sein Vater John Carradine, der ebenfalls Schauspieler war, ihm viele Jahrzehnte zuvor einmal geschrieben: »Tu nichts, wobei du nicht tot erwischt werden willst.« Der Fall hat durchaus Parallelen mit dem Tod von Michael Hutchence, dem legendären und für sein exzessives Leben bekannten Sänger der australischen Rockband INXS. Er wurde 1997 in Sydney, ebenfalls in einem Hotelzimmer, erhängt aufgefunden. Auch wenn die genauen Umstände seines Todes und Details zum Leichenfundort nicht mit letzter Sicherheit aufgeklärt beziehungsweise publik gemacht wurden, hält sich seither hartnäckig das Gerücht, es sei kein Suizid gewesen, sondern auch Hutchence sei Opfer autoerotischer Betätigung geworden.
Interessanterweise sind autoerotische Todesfälle von Frauen eine absolute Seltenheit. Nur jedes fünfzigste bis hundertste Opfer autoerotischer Betätigung, das in der Rechtsmedizin untersucht wird, ist eine Frau. Warum das so ist, darüber kann man nur spekulieren. Vielleicht liegt es daran, dass viele Frauen von Natur aus vorsichtiger sind als Männer und sich ungleich seltener gefährlichen Situationen aussetzen. Vielleicht sind sie aber einfach auch nur ein bisschen intelligenter als die meisten Männer.
GrausigesGeheimnis
Wochenlang hatte Anthea Tatarou die 42-jährige Corinna Joosten nicht mehr gesehen, als eines Morgens das Telefon klingelte. Die Hausverwaltung teilte ihr mit, dass ihre Nachbarin vor etwa drei Monaten »plötzlich gestorben« sei. Da in der Verwaltung niemand von einem Verwandten, Partner oder guten Bekannten wusste, den sie hätten kontaktieren können, bat der Mann am Telefon die gebürtige Griechin, die Einzimmerwohnung der Verstorbenen leer zu räumen. Anthea Tatarou hatte zwar zu der Frau in den zwei Jahren, in denen sie Tür an Tür gewohnt hatten, lediglich einen losen nachbarschaftlichen Kontakt gepflegt, erklärte sich aber dazu bereit.
Knapp zwei Wochen vor der geplanten Wohnungsübergabe an die Hausverwaltung wollte Anthea Tatarou endlich damit beginnen, die spartanisch eingerichtete Wohnung für die Räumung vorzubereiten. Als Erstes verstaute sie die wenigen Kleidungsstücke und andere Habseligkeiten in sechs Umzugskartons. Aus dem Internet hatte sie sich die Telefonnummer und Adresse einer Firma aus der Gegend herausgesucht, die mit kosten loser Entrümpelung und Entsorgung bei Wohnungsauflösungwarb. Die benötigte jedoch eine detaillierte Auflistung der zu entsorgenden Gegenstände. Also begutachtete Anthea Tatarou das sparsame Mobiliar und notierte sich die wichtigsten Angaben. Nach einem kleinen Kleiderschrank, einem Beistelltisch und einer ausziehbaren Schlafcouch im Wohn- und Schlafzimmer, die sie auf ihre ungefähre Größe und Gewicht geschätzt hatte, wandte sie sich einem Hocker zu, der zu derselben Garnitur gehörte wie die Schlafcouch. Beim Anheben stellte sie verwundert fest, dass er weitaus schwerer war als erwartet, und als sie ihn abstellte, hörte sie ein ungewöhnliches Rumpeln, das aus seinem Innern zu kommen schien. Jetzt fiel ihr auch auf, dass in der Nähe des Hockers ein sehr unangenehmer süßlicher Geruch in der Luft lag, den sie vorher in der Wohnung so noch nicht wahrgenommen hatte. Sie hob den Hocker erneut an und schüttelte ihn etwas hin und her, soweit ihr dies bei seinem Gewicht möglich war. Wieder rumpelte es. Irgendetwas musste sich im Inneren des Hockers befinden. Ihre Neugier war geweckt. Sie drehte den Hocker auf die Seite und inspizierte die Unterseite. Der grobe Leinenbezug war ganz offensichtlich nicht der Originalbezug, da er einen völlig anderen Farbton hatte als der übrige Bezug und man stellenweise den ursprünglichen Stoff darunter sehen konnte. Was Anthea Tatarou noch stutziger machte, waren die unregelmäßig, schief und teilweise nur halb in den Holzstreben steckenden Tacker klammern, die außerdem wie neu wirkten. Warum hat te jemand den Polsterhocker von unten aufgeschnitten und anschließend so laienhaft verschlossen? Gleichzeitig hatte sie das sichere Gefühl, dass der unangenehme Geruch aus diesem Hocker drang.
Nach kurzem Zögern holte sie sich einen Schraubenzieher und fing
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