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Der Totenleser

Der Totenleser

Titel: Der Totenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Garrido
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Angeklagten eines gewissen Sinns nicht zu entbehren«, sagte Nin Zong. »Ich frage mich, aus welchem Grund er Euch anklagen sollte, wenn er nicht die Wahrheit sagte.«
    »Das fragt Ihr Euch? Aus Trotz!« Feng hob seine Stimme, bis sie brach. »Auch wenn es nicht meine Absicht war, dies vor Publikum zu enthüllen: Cis Vater hat einmal für mich gearbeitet. Eine Brut aus derselben Sippe! Ich hatte entdeckt, dass er die Daten meiner Transaktionen zu seinem Vorteil fälschte, und sah mich gezwungen, ihn zu entlassen. Aus Zuneigung zum Sohn vertuschte ich den Fehler seines Vaters, doch als der Angeklagte ihn selbst entdeckte, beschuldigte er mich, an seinem Unglück schuld zu sein.
    Was die Verbrechen betrifft,so besteht für mich kein Zweifel: Kan tötete die Unglücklichen, aber Ci sah sich nicht in der Lage, den Fall zu lösen, und täuschte, getrieben von Ehrgeiz, den Selbstmord des Strafrats vor, um die versprochenen Gefälligkeiten zu erhalten. Über alles Übrige, das die Versammelten in diesem Saal sich anhören mussten, möchte ich schweigen. Es entspringt der Phantasie eines verzweifelten Irren.«
    »Und die Handkanone, entspringt die auch der Phantasie eines armen Irren?«, brüllte Ci.
    »Ruhe!«, befahl Nin Zong und griff erzürnt nach der Bronze-Replik. Dann flüsterte er seinen Beratern etwas zu und gab Bo ein Zeichen, ihn in einen Nebenraum zu begleiten. Nach einer Weile kamen beide zurück. Dem Kaiserlichen Berater stand die Besorgnis ins Gesicht geschrieben, als er auf Ci zutrat.
    »Wir müssen sprechen«, sagte Bo und führte Ci hinaus.
    »Was ist los?«
    »Der Kaiser glaubt dir«, sagte Bo.
    »Aber … das ist doch eine gute Nachricht«, sagte Ci erleichtert. »Warum seid Ihr so zurückhaltend?«
    »Ja, es ist eine gute Nachricht … Aber Nin Zong wünscht dennoch, dass du dich schuldig erklärst.«
    »Wie?«, stammelte Ci. »Aber … Aber warum? Warum ich … und nicht Feng?«
    »Wenn du einwilligst und das Geständnis unterschreibst, garantiert dir der Kaiser, dass du in eine andere Provinz in Sicherheit gebracht wirst«, sagte Bo ohne Überzeugung. »Er wird sich dir gegenüber großzügig zeigen. Du wirst eine ausreichende Summe erhalten, um dich niederzulassen, und er wird ein Landgut auf deinen Namen umschreiben lassen, das du deinen Nachkommen vererben kannst. Darüber hinaus ist er bereit, dir eine jährliche Rente zu zahlen, die dich von jeglichen materiellen Nöten befreit. Das ist ein sehr großzügiges Angebot.«
    »Und Feng?«, wiederholte Ci.
    »Er hat mir versichert, dass er sich persönlich um ihn kümmern wird.«
    »Aber was hat das alles zu bedeuten? Seid Ihr mit ihm einverstanden? Auf welcher Seite steht Ihr?« Ci wankte rückwärts.
    »Bitte, Ci, beruhige dich! Ich bin nur der Überbringer …«
    »Wisst Ihr, was Ihr da verlangt? Ihr verlangt von mir, dass ich das Letzte hergebe, was ich noch besitze … Meine Würde!« Ci schwankte zwischen Empörung und Verzweiflung. »Nein, Bo, das kann ich nicht! Es ist mir egal, was mit mir geschieht, aber ich werde nicht zulassen, dass der Name dieses Bastards, der meinen Vater getötet hat, unangetastet bleibt, während der meiner Familie in Schande versinkt.«
    »Beim ehrenwerten Konfuzius, Ci! Verstehst du denn nicht? Das ist keine Bitte. Der Kaiser kann sich einen solchen Skandal nicht leisten. Seine Stärke würde in Zweifel gezogen. Wenn ans Licht kommt, dass bei Hofe Chaos und Verrat regieren, dass er nicht einmal in der Lage ist, seine eigenen Beamten zu führen, wie soll er dann erst seine Gegner bezwingen? Nin Zong möchte demonstrieren, dass er in der Lage ist, die Nation mit der nötigen Standhaftigkeit zu führen, welche die Bedrohung durch die Jin erfordert. Er kann nicht zulassen, dass bekannt wird, wie seine Räte von seinen eigenen Richtern ermordet werden.«
    »Dann soll er Standhaftigkeit beweisen, indem er Gerechtigkeit walten lässt!«, rief Ci.
    »Ci, wenn du dich weigerst, wird der Kaiser dich ohne Gnade verurteilen. Er wird dich auch dann für schuldig erklären, und du wirst seinen Zorn zu spüren bekommen. Er wird dich hinrichten lassen oder in eine Salzmine schicken, und du wirst den Rest deiner Tage lebendig begraben unter der Erde verbringen. Denk an deinen Vater. Er würde das Beste für dich wollen.Wenn du einwilligst, bekommst du ein Gut, eine Rente, ein ruhiges und sicheres Leben weit weg von hier. Mit der Zeit wird er dich rehabilitieren und deinen Eintritt in die Justiz unterstützten. Was willst du mehr? Und

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