Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
eine Pistole oder eine Klinge.
Noch nie zuvor hatte sie mit Leidenschaft geküsst oder
war mit Feuer oder mit Zärtlichkeit geküsst worden. Sie hatte nicht gewusst, was es bedeuten konnte, wenn ein Mann die Winkel ihres Mundes erkundete, oder wie es war zu spüren, wie er mit seinen Lippen über die ihren strich, so langsam, so süß, dass Atmen nicht mehr möglich war oder überhaupt notwendig erschien. Seine Hände, die ihren Nacken liebkosten, seine Daumen, die ihre Wangen streichelten, so wie sein Mund sie streichelte, in ungestümen, vollkommenen Kreisen. Rauer Bart und sanfte Zunge. Sein Geschmack, der Moschusgeruch. Hinter ihr die Wand, doch vor ihr sein Feuer, während er sie nur mit seinen Fingern und Lippen liebkoste, ohne dass sich ihre Körper berührten … Und doch labte er sich an ihrer Magie und gab sie mit melancholischer, sehnsüchtiger Zartheit wieder zurück.
Sein Haar war ein seidig goldener Vorhang zwischen ihnen, ein Farbnebel. Sie spürte Licht und Brennen, fühlte sich wie ein Blatt im Wind, jenseits all ihrer Grenzen. Sie erinnerte sich vage an irgendjemanden, irgendwo, einen Baron, eines Nachts auf einem Ball, der über sie geurteilt hatte: Lippen wie eine Kirsche, wie ein reifer, roter Happen. Und sie hatte das bis zu diesem Augenblick nie richtig begriffen.
»Was meinst du mit nicht ?«, brachte Rue hervor, und ihre Stimme war dünn.
»Hmmm?« Kit schmiegte sich gegen ihren Hals. Sie spürte seine Zähne auf ihrer Haut.
»Was meinst du mit nicht ?«, fragte sie noch einmal, während sich ihre eigenen Hände hoch zu seinen Schultern schoben und dort die weichen Kurven nachzeichneten. Seine Muskeln waren wie geschmeidige Steine, gleichzeitig nachgebend und fest. Er kehrte mit seinem Mund wieder zurück auf ihre Lippen, während sie ihre Handflächen über seine Arme hinab- und wieder hinaufgleiten ließ. Begierig und zugleich unerfahren.
Mit einem kurzen Schritt schloss er die letzte Lücke zwischen ihnen beiden. »Du solltest dich nicht bewegen.« Sein bloßer Körper drückte sich hart und himmlisch gegen ihren. Seine Lippen streiften kaum merklich ihre Nase, ihre Wangenknochen, ihren Kiefer. Kaum zu spürende Küsse, die zu einem Stöhnen wurden, als sich ihre Körper in vollkommener Freude aneinanderschmiegten. »Beweg dich nicht, kleine Maus.«
Sie schloss die Augen, presste ihre Hüften gegen seine Lenden und nahm seine Zunge in ihrem Mund auf, ließ zu, dass er sie ausfüllte. Sie gab dem Sehnen nach, das ihren Körper erfasste, ein heftiges, verzehrendes Feuer, das aufloderte, unerträglich, als ob es nur darauf gewartet hätte, seit Jahren, ein ganzes Leben lang, auf die richtige Berührung, den richtigen Mann, den richtigen Moment …
… in einem leeren Haus. Im Dunkeln. Wie Fremde.
Was sie auch waren.
Sie grub die Finger in seine Arme, fest statt sanft, und Christoff spürte den Unterschied. Und doch dauerte es eine Weile, bis sein Geist die Tatsache ihres neuerlichen Widerstandes begriffen hatte. Er ertrank in ihr, in ihrem sinnlichen Körper, der sich gegen ihn presste, im kaum spürbaren Hauch ihres Atems an seinen Wangen, und Lilien, Gott, selbst hier, selbst jetzt war da dieser Duft, der all seine Sinne aufwühlte mit seiner quälenden Mischung aus Vorfreude und schmerzlicher Sehnsucht.
Aber ihre Finger taten ihm wirklich weh. Kit hob den Kopf und sah in die elfenbeinfarbene Klarheit ihres Gesichtes. In ihre Augen, dunkel und erschrocken.
»Nicht hier?«, murmelte er, außerstande, sich gerade jetzt von der lieblichen Wonne ihres Körpers loszureißen.
»Nein, niemals«, entgegnete sie mit einer Stimme, die ihre taufrischen Augen, die wie Sterne strahlten, Lügen strafte.
»Rue«, setzte er an, doch der Druck auf seinem Arm wurde noch stärker. Er ließ es zu, dass sie ihn wegstieß, allerdings war kaum Platz dafür. Die Kuppel war nicht dafür gedacht, zwei Menschen aufzunehmen. Und ganz sicher nicht zwei unbekleidete, keuchende Menschen, die versuchten, einander nicht zu berühren. Er biss die Zähne zusammen und sog tief die kalte, rauchige Luft ein. Das half, seinen Körper abzukühlen, nicht jedoch seinen Geist. Seine Gedanken waren noch immer erfüllt von Verheißungen: sie und er und sein Bett mit Daunendecke und französischem Satin, nur zwei Stockwerke unter ihnen.
Kit entschied, jede Vorsicht fahren zu lassen.
»Liebste Rue. Du spürst es. Du weißt es so gut wie ich. Wir gehören zusammen.«
»Wir gehören nicht zusammen.«
»Nun, noch nicht
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