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Der transparente Mann (German Edition)

Der transparente Mann (German Edition)

Titel: Der transparente Mann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sixt , Barbara Wilde
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öffentlich ins Netz zu stellen.
    »Geil!«, sagte die Blonde zufrieden und überflog nochmals den Text.
    Geil!, dachte auch Joe, konnte es aber immer noch nicht fassen. Fast hatte sie das Gefühl, als hätte der Kosmos ihre Gedanken beim Einparken vor dem »Internetcafé« gehört und für sie wahr werden lassen. Sie starrte die Teenies an, die jetzt sichtlich zufrieden an ihrem Drink nippten und dann Joe einen kurzen Blick über die Schulter zuwarfen. Denn jetzt war sie es, die ihnen in den Nacken atmete.
    Wie ertappt wich Joe zurück, spürte aber diesen schier unwiderstehlichen Drang, eine Erklärung abzugeben. Die beiden würden Bauklötze staunen, wenn sie erfuhren, dass die Urheberin dieser Webpage genau hinter ihnen stand. Jetzt nervte Joe die Anonymität, die mit ihrer ach so glorreichen Tat verbunden war. Es war ein Jammer. Da hatte sie mal was Besonderes geleistet, und dann wusste es keiner.
    »Sorry«, meinte Joe deshalb und tippte der einen auf die Schulter. »Ich wollte nur mal was sehen. Die Webpage ist nämlich …«
    Mit einem knappen »Schon okay« blockte die Hellblonde sie ab. Die Mädels steckten mitten in ihrem Ratsch und wollten sich nicht länger stören lassen. Kurz blieb Joe unschlüssig hinter ihnen stehen und kämpfte hart mit ihrem Bedürfnis, sich zu outen, dann schlenderte sie doch weiter, aber nicht ohne einen genauen Blick auf jeden Rechner zu werfen, der gerade in Betrieb war. Mit Genugtuung stellte sie fest, dass an drei weiteren Computern ihre Page aufgerufen war. Und niemand wusste, dass sie, die Urheberin, hier persönlich anwesend war. Wenn das nicht etwas Heldenhaftes an sich hatte!
    Es war fast Mitternacht, als Joe zu Hause ankam. Bevor sie die knarrenden Holztreppen nach oben stieg, schaute sie im Briefkasten nach der Post. Das tat sie immer aus reiner Gewohnheit, selbst wenn sie davon ausgehen konnte, dass Alf den Kasten längst geleert hatte. Nur heute hatte er es tatsächlich vergessen, denn als sie die verbeulte Blechtür öffnete, fiel ihr ein buntes Allerlei an Kuverts und Papiermüll entgegen.
    Ein Lächeln des Verstehens huschte über ihr Gesicht. Dieses Trommelfeuer aus Endorphinen, die das Gehirn des Menschen immer dann losschickt, wenn er sehr verliebt ist, katapultiert einen in höhere Sphären. In solch einem entrückten Zustand kümmert man sich nicht mehr um so banale Dinge wie die Post. Für Joe war das ein untrügliches Indiz dafür, dass die Liebe Alf erwischt hatte, denn sie erinnerte sich noch zu gut daran, wie oft auch sie im Rausch mit Konstantin die Post vergessen hatte. Gedankenverloren warf sie einen Blick auf die Schriftstücke. Uninteressant die beiden maschinell frankierten Briefe in gräulichem Altpapier, die sie, ohne sie zu öffnen, ihrer Bank und dem Finanzamt zuordnen konnte. Der Rest war Werbung, was sonst! Zum hundertsten Mal nahm Joe sich vor, einen Aufkleber am Briefkasten anzubringen, der der penetranten Reklameflut mit einem fetten Stopp! ein für alle Mal Einhalt gebieten würde, und zum hundertsten Mal verwarf sie diesen Gedanken auch wieder. In Wahrheit war Joe nämlich zu neugierig, um auf Werbung zu verzichten. Und an bestimmten Tagen war Werbung besser als nichts.
    Während sie mit dem Bündel Post in der Hand die Treppen nach oben stieg, vernahm sie plötzlich ein seltsames Geräusch. Es kam von ganz oben, von dort, wo auch ihre Wohnung war, und es hörte sich an wie das klägliche Jammern eines Katers. Ausgerechnet jetzt erlosch das Treppenhauslicht, und wie immer ärgerte sich Joe darüber, dass die Zeitschaltuhr für ihren langen Weg die Stiegen hinauf aus falscher Sparsamkeit viel zu kurz eingestellt war. Jetzt konnte Joe nicht mal mehr die Hand vor Augen sehen, und dieses klagende Geräusch hörte sich noch bedrohlicher an.
    Autsch, verdammt! Joe stieß gegen einen menschlichen Körper, der offensichtlich am Boden gekauert hatte, stolperte und stürzte. Rücklings fiel sie ein paar Stiegen hinunter und landete unsanft auf dem Po. Ihr Herz schlug so heftig, dass sie es in den Schläfen pochen hören konnte, und zwar so laut, dass es jedes fremde Geräusch übertönte, selbst dieses herzergreifende Wimmern. Langsam rappelte sie sich wieder auf und ärgerte sich über diesen Typen, der die glorreiche Idee gehabt hatte, ausgerechnet drei Stufen vor ihrer Wohnungstür zu kampieren. Joe vermutete einen Penner als Täter, der jetzt das Licht anknipste und sich zu ihr herunterbeugte. Aber es war kein Penner. Es war ihr

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