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Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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kannst ihn doch nicht einfach hier erledigen. Er soll gehängt werden!«
    Atschorek funkelte die Flusshüterin wütend an. » Nein«, sagte sie. » Das wird er ganz bestimmt nicht.«
    » Was?« Erkenntnis spiegelte sich auf Miritas Gesicht. » Deshalb hast du die Wächter abgeschüttelt und die falsche Pforte genommen– damit du ihn hier abstechen kannst. Hast du Angst, seine Freunde könnten ihn retten? Oder euer Vater? Meinst du, die Schatten erheben sich, wenn sie seiner Hinrichtung beiwohnen müssen?«
    Atschorek beugte sich hinunter, das Messer noch immer in der Hand. Mattim versuchte, nach ihr zu treten und sich abzustoßen, um ihr entgegenzuspringen, doch der Boden war zu weich, um ihm Halt zu geben. Er wollte etwas sagen, aber das Pflaster vor seinem Mund verhinderte, dass er auch nur ein einziges Wort herausbrachte.
    » Mattim ist mein Bruder«, sagte Atschorek. » Er ist ein Mitglied meiner Familie, ein Prinz. Er wird nicht gehängt, ganz egal, was Kunun sagt! Ich werde ihm einen Vorsprung geben und ihn jagen, und wenn ich ihn töte, dann nach einem fairen Kampf, ich gegen ihn. Aber nicht so. Das ist eine Erniedrigung für uns alle.«
    » Du wendest dich gegen Kunun?«, fragte Mirita fassungslos. » Nur um Mattim auf eine andere Art zu töten, als dir aufgetragen ist? Er wird entkommen, wenn du ihn losschneidest!«
    » Das wird er nicht«, sagte Atschorek. » Ich bin eine gute Jägerin, aber ich bin keine Henkerin, verdammt noch mal!«
    Mirita packte sie am Arm. » Du wirst ihn nicht losschneiden. Wenn Kunun erfährt, dass wir ihm nicht gehorcht haben, wird er uns beide verbrennen lassen! Wir bringen den Gefangenen nach Akink, jetzt sofort.«
    Atschorek verschwendete keine Sekunde und rammte die Klinge in Miritas Bauch. Aufschreiend taumelte die ehemalige Flusshüterin zurück.
    » Wende dich gegen mich, und du wirst sehen, mit wem du es zu tun hast«, sagte Atschorek. » Willst du das wirklich?«
    Mit einem wilden Schrei riss Mirita das Messer heraus und stürzte sich auf die Schattenprinzessin.
    Atschorek empfing sie mit dem Schwert. Ein Schauer feiner Blutströpfchen regnete auf Mattim herab. Da niemand ihn beachtete, rollte er sich auf die Knie und robbte davon. Mühsam richtete er sich an einem Baumstamm auf. Er konnte die Augen nicht abwenden von dem Kampf vor ihm.
    Erneut fuhr das Schwert herab. » Gib auf!«, befahl Atschorek. » Misch dich nicht ein. Das ist eine Sache zwischen mir und meinem Bruder.«
    » Du willst ihn entkommen lassen, mit Absicht!«, kreischte Mirita.
    Mit jedem Schwertstreich hieben sie sich klaffende Wunden ins Fleisch. Mirita hielt das Messer abwehrend vor ihren Körper, aber es war viel zu kurz, um etwas ausrichten zu können. Mit wildem Geheul warf sie sich vorwärts und versuchte, Atschorek so zu verletzen.
    » Und wenn schon, was geht dich das an? Er ist ein Prinz aus Magyria, und lieber lasse ich ihn frei, als ihm die Schlinge um den Hals zu legen.«
    » Du kannst mich nicht töten!«, schrie Mirita. » Mach, was du willst, ich bin ein Schatten!«
    Sie bewegte sich seitwärts auf Mattim zu. Er wollte Atschorek warnen, konnte aber nur einen dumpfen Laut ausstoßen. Doch seine Schwester hatte die Gefahr bereits bemerkt. Diesmal schlug sie schneller zu, härter. Mit bloßen Händen versuchte Mirita das Schwert aufzuhalten, das ihr durch Haut, Fleisch und Knochen schnitt. Gellend schrie sie auf, als ihre Gegnerin ihr einen Arm abschlug, aber aufzugeben kam für Mirita nicht in Frage. Sie sprang vorwärts, und Atschoreks Schwert durchbohrte sie von hinten.
    » Du kannst mich nicht töten! Um ihn zu erledigen, reicht jedoch ein einziger Stich!«
    » Ich kann dir immerhin die Beine abhacken«, drohte Atschorek. » Verdammt, wieso hörst du nicht einfach damit auf?«
    Mirita wankte und schrie, und unter Atschoreks wütenden Schwertstreichen sank sie zu Boden. Obwohl halb verstümmelt, versuchte sie Mattim zu erreichen, das Messer glänzte in ihrer Faust. Atschorek hieb auf sie ein, bis sie endlich verstummte.
    Danach wischte sie sich mit der blutigen Hand über die Stirn. » Meine Güte«, murmelte sie. » Was hast du ihr bloß getan, dass sie dich so sehr hasst?« Ihr Lächeln hing über ihm wie eine Mondsichel. » Ich meine es ernst, Mattim.« Sie streckte die Hand aus, um den Knebel zu lösen. » Ob du entkommst, liegt ganz bei dir…« Noch während sie sprach, fiel ihr das Schwert aus der Hand, und sie sank auf die Knie. Von einem plötzlichen Schmerz getroffen streckte

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