Der Traum des Schattens
von dem schädlichen Smog in der Stadt! Dieser Ort ist das Beste für seine Gesundheit!«
Der Junge tauchte in der Küchentür auf. Feindselig musterte er den Besucher.
» Sie haben vielleicht Nerven, hier aufzutauchen«, sagte er. » Das letzte Mal wollten Sie mich noch beißen.«
» Was redest du denn da?«, fragte Ferenc.
» Wir haben keine Zeit«, sagte Bartók und packte den Jungen am Arm.
Ferenc wagte es tatsächlich dazwischenzugehen. » Lassen Sie meinen Sohn los!«
» Er ist nicht Ihr Sohn!«, schrie Bartók. » Wann kapieren Sie das endlich? Kununs komplette Armee ist hinter ihm her. Sie gottverdammter Idiot, geben Sie die Tür frei, bevor alles in einem Blutbad endet!«
Er schleifte den Jungen zum Ausgang.
» Er ist nicht mein…?«, fragte Ferenc verwirrt. » Was soll das bedeuten? Erklären Sie sich!«
Goran trat ihm in den Weg, während Bartók Attila zum Auto zerrte. Hinter der Straßensperre konnte er schon die spiegelnde Motorhaube des Audis erkennen, den tiefen Sound des Motors hören.
» Weil er ein Prinz ist, verdammt noch mal!«, sagte Bartók. Er stieß Attila ins Auto und sprang auf den Fahrersitz. » Schnall dich an, Junge.«
Dann trat er das Gaspedal durch und bretterte die Straße hinunter. Gott sei Dank wurde sein Wagen mit den Schlaglöchern wesentlich besser fertig als Kununs angeberische Sportkarre.
Attila blickte aufgeregt nach hinten. » Das ist das Auto von Kunun, Rékas Exfreund.«
» Aber leider nicht dein Freund«, sagte Bartók. » Bist du angeschnallt?« Der Wagen machte einen Sprung, als er über ein besonders breites Loch hüpfte. » Dort vorne wird die Straße besser. Er wird uns einholen, da mache ich mir nichts vor. Wenn du einen Plan hast, dann immer her damit, ich habe nämlich keinen.«
Er wollte nicht zu lange von der Straße wegsehen, konnte aber nicht umhin, dem Jungen einen prüfenden Blick zuzuwerfen. Dieses Kind, für das er gerade alles riskierte– gehörte es wirklich zur Familie des Lichts? War da eine Ähnlichkeit, die er bisher übersehen hatte? Mit Kunun oder mit Mattim? Schwarzes Haar, dunkle Augen, dieses Lächeln… Bildete er sich bloß ein, dass es wie Mattims Lächeln war, strahlend und frech? Selbst jetzt, in diesem Moment äußerster Bedrohung, blieb der Neunjährige erstaunlich gelassen.
» Ich bin kein Prinz. Was ist das denn für ein Blödsinn? Hat meine Mutter Sie hergeschickt, um mich abzuholen?«
» Deine Mutter ist unauffindbar. Stell dir vor, es kommt mir ebenso unwahrscheinlich vor wie dir, dass du ein magyrianischer Prinz bist. Aber Kunun glaubt es, und solange er es glaubt, wird er versuchen, dich zu töten.«
Attila beobachtete den Sportwagen, der ein ganzes Stück zurückfiel, während Bartók sich mit Blaulicht einen Weg über die holprige Straße bahnte. » Kunun ist hoffentlich nicht mein Vater, oder?«
» Was weiß ich. Er ist dein Onkel, schätze ich.«
» Und Mattim?« Attilas Gesicht hellte sich auf. » Ich bin mit Mattim verwandt?«
» Der ist dann wohl auch dein Onkel. Oh verdammt, die Kreuzung. Damit hätte ich rechnen müssen. Halt dich fest!«
Zwei Streifenwagen tauchten vor ihnen auf, um ihnen den Weg abzuschneiden. Bartók wich ihnen aus, fuhr über einen Bordstein und rumpelte über ein Stück Wiese, bevor er auf die Straße zurückschlingerte. Der Asphalt war nun in wesentlich besserem Zustand, und er drückte das Gaspedal durch. » Wir müssen hier runter, bevor er uns folgt. Auf der Landstraße wird er uns einholen, keine Frage.«
» Haben Sie keine Waffe?«, fragte Attila. » Dann könnten sie ihn erschießen, wenn er uns anhält.«
» Erschießen?« Bartók lachte hysterisch. » Den? Schön wär’s.«
» Da ist er«, stellte der Junge fest. » Er fährt sehr schnell. Wie hängen wir ihn ab?«
» Leider muss ich dir sagen: überhaupt nicht.«
Hanna war die Erste, die durch die Pforte stieg. Es war hell, die Sonne blendete ihre an die Dunkelheit gewöhnten Augen, und die Strahlen brannten auf ihrer Haut. Die schützende Schicht aus Dunkelheit, die über der Stadt lag, fehlte hier, und der Sommer tauchte alles in eine Glocke aus Hitze, Licht und Gefahr.
» Vorsicht!« Ein einziger Schritt brachte sie wieder zurück nach Magyria. » Nur diejenigen, deren Blutschutz intakt ist, dürfen herüberkommen.«
» Dann muss ich leider passen«, gestand Wikor, stolz und frustriert zugleich. » Ich habe bisher noch nicht einen Menschen gebissen.«
» Ich kann auch nicht mitkommen«, sagte Farank und
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