Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Traum des Schattens

Der Traum des Schattens

Titel: Der Traum des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
Musik, viel zu laut, und zerrte an den Nerven. Die Menschen tanzten. Einige lagen am Boden, andere starrten zu ihnen hinauf, dorthin, wo das Duell stattfand. Die Kämpfenden befanden sich am anderen Ende der Balustrade, ein ganzes Stück von ihr entfernt. Atschorek hielt ein Schwert. Licht fing sich in der Klinge. Mattim wandte Hanna den Rücken zu, daher sah sie nur sein blondes Haar, sah, wie er kämpfte, wie Atschorek ihn mit wuchtigen Schlägen vor sich hertrieb.
    Das war gut, denn er kam immer näher. Hanna drehte sich zu Mirita um, wollte ihr winken, damit sie den Wolf herschickte, doch die Wächterin stand auf der Schwelle und zögerte.
    Neben ihr lehnte Kunun an der Wand. Ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen, als er sich davon löste und auf Hanna zutrat.
    Hatte er den Wolf bemerkt?
    Hastig wandte Hanna sich Kunun zu, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, während Mirita dem Tier einen kleinen Stoß versetzte, damit es sich vorwärtsbewegte. Von der anderen Seite näherten sich die Kämpfer. Schwert auf Schwert, Schlag auf Schlag.
    Einen Moment später war Kunun bei ihr und verstellte ihr den Blick auf beide, auf Mattim, der rechts von ihr um sein Leben kämpfte, und auf den von links heranschleichenden Schattenwolf. Dennoch waren diese beiden das Einzige, was jetzt noch zählte. Sie hatte zu große Angst, um sich vor Kunun zu fürchten.
    Ihr Körper floh auf die einzige Weise, die ihm zur Verfügung stand: Ihre Beine gaben unter ihr nach. Kunun reagierte prompt und hielt sie fest. Sein Arm lag um ihre Taille, sein Gesicht war dicht vor ihrem, sein Mund an ihrem Ohr, als seine Lippen ihren Hals streiften.
    » Bist du gekommen, um Mattim zu retten?«, flüsterte er.
    » Ich bin gekommen, um dir zu huldigen«, sagte sie mutig, obwohl sie sich alles andere als tapfer fühlte. Nur ein Augenblick noch. Gleich würde der Schmerz kommen, wenn der Wolf zubiss. Sie musste Kunun dazu bringen, sie loszulassen, damit er nicht mit ihr und Mattim durch die Pforte fiel.
    » Möchtest du, dass ich mich vor dir verbeuge?«, fragte sie. » Du bist jetzt der König, wie ich gehört habe.«
    » Meine liebe Hanna, wie sehr mich das freut.« Aus der Nähe war sein Gesicht noch entsetzlicher. » Bist du endlich zur Einsicht gekommen, dass es besser ist, sich zu fügen?«
    Sie kämpfte darum, dass ihre Entschlossenheit sich nicht verflüchtigen möge. Einen Moment lang hatte sie keine Stimme, doch sie zwang sie zurück in ihre Kehle. » Könntest du dich bitte wieder dort an die Wand stellen? Dann ist die Wirkung am besten.«
    Er musterte sie eine Spur zu intensiv. » Hast du denn gar keine Angst vor mir, Hanna?«
    » Nein«, behauptete sie. Zu ihrer Überraschung stimmte es sogar.
    Sie fürchtete ihn nicht, jetzt, da er sie in seinen Armen hielt. Innerlich war sie bei Mattim, der noch immer gegen Atschorek kämpfte, und es kam einzig und allein darauf an, die Pforte im richtigen Moment zu errichten. Vielleicht war es gar nicht mal so verkehrt, dass Kunun die Arme um sie gelegt hatte, denn so konnte er den Wolf nicht sehen, der sich an sie heranpirschte. Sie spürte schon den heißen Atem des Tiers an ihrer Hand. Wenn der Übergang erst geschaffen war… Hoffentlich wurde sie durch den Biss nicht bewusstlos. Sie würde darum kämpfen müssen, wach zu bleiben.
    » Oh Hanna«, sagte Kunun, seine Lippen vertraulich nahe an ihrer Wange, an ihrem Hals. » Du gefällst mir.«
    Der Schmerz war vertraut. Der scharfe Stich, als seine Fangzähne ihre Haut durchbohrten. Das dumpfe Ziehen, als ihr Blut zu fließen begann.
    Mattim. Kunun hielt sie im Arm, aber sie klammerte sich an Mattim fest. Sie kämpfte für ihn, sie tat das Einzige, was ihr einfiel, um den Feind gnädig zu stimmen. Es wird nicht lange dauern, dann wird der Wolf mich beißen. Ich greife nach Mattims Hand, und wir rennen los …
    Ihre Gedanken wirbelten davon. Mattim… Mattim im Gras. Mattim und die Pferde unter der Sommersonne. Licht glitzerte in seinem goldenen Haar, er lachte. Mattim beim Schwertkampf gegen Atschorek. Mattim, der ins Wasser der Donau fiel. Damals hatte sie geglaubt, sie würde ihn nie wiedersehen… Mattim.
    Hanna hatte keine Angst. Die Bilder kreisten um sie. Mattim im Fahrstuhl. Mattim, der mit Attila spielte. Mattim, der sie küsste, oben an der Burg, unter ihnen die Lichter der Stadt. Mattim, der durch die Wand trat, zu ihr ins Zimmer. Mattim auf dem Eis, die Kinder, die ihn jagten… Mattim auf dem Heldenplatz, verzweifelt, während

Weitere Kostenlose Bücher