Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
Manchmal beneide ich Dich sogar um Deine Naivität. Aber ich kann in dem Fall nicht anders, als realistisch zu sein. Ich weiß, du wirst mich dafür hassen, aber überleg doch selbst, Emilia: Name, Straße, Aussehen, Zähne… Die angebliche Wahrsagerin kennt den Typen - definitiv!!!
Hilda starrte auf den Bildschirm und las Hildas Worte mehrmals. Hilda war wirklich gut darin, sämtliche Illusionen zu zerstören. Sie war deshalb so gut, weil ihre Argumente immer aus greifbarem Material bestanden. Emilias unsichtbare Gefühle und schwammige Ahnungen kamen dagegen nicht an. Trotzdem! Das war doch auch was wert!!!
Emilia: Heißt das, du wolltest mir DAS mit der Zahnarztgeschichte beweisen?
Hilda: Ja, Emilia.
Emilia: Und wenn er keine Brücke gehabt hätte?
Hilda: Dann wär der Blödsinn einfach weniger ausgefeilt gewesen.
Emilia: Aber warum sollte diese Wahrsagerin denn sowas tun? Also, ich meine, selbst wenn sie ihn kennt…
Hilda: Emilia, hör auf mit Spekulationen. Du weißt, dass Spekulationen immer in Teufels Küche führen. Es kann tausend Gründe geben. Sie verdient ihr Geld damit.
Emilia: Aber sie wollte kein Geld von uns!
Hilda: Wie auch immer, es kann tausend Gründe geben für alles! Die Leute denken meist viel weniger nach, als man ihnen durch Spekulieren andichtet, viel, viel weniger. Vielleicht ist ihr einfach nichts anderes eingefallen.
Emilia: Vielleicht weiß sie aber auch, dass die Beziehung ihres Freundes Miguel total kaputt ist.
Hilda: Emilia, das ist reines Wunschdenken! …Und jetzt Hand aufs Herz. Willst du nur wegen so’ner Story, nur weil sie so märchenhaft begann, n Typen, der jetzt schon keine Zähne mehr hat, also, das kannste dir doch auch noch bis siebzig aufheben.
Emilia: Okay, ich kann‘s dir nicht beweisen und ich kann‘s nicht erklären, aber ich weiß, dass ich ihn kennenlernen MUSS. WERDE. Ich weiß es eben. Und mir ist egal, was du davon hältst.
Hilda: Es ist dir NICHT egal.
Emilia: Du bist die blödeste Freundin, die ich je hatte.
Hilda: Okay, Du hast recht. Lern ihn kennen! Warum nicht…?!
Bloß wie? Emilia schaute auf die Uhr über der Küchentür. Es war gleich Mittag und sie hatte noch nichts getan. Einkaufen, Wäsche, Staub saugen, aufräumen und das Lektorat. Ihr bisheriges Leben kam ihr auf einmal so klein vor, so eng und farblos. Gleichzeitig spürte sie Angst. Nicht nur davor, Miguel in irgendeiner Weise anzusprechen. Nein, viel mehr vor ihren Gefühlen und deren Folgen. Sollte sie wirklich einen fremden Mann kennenlernen? Das könnte ihr ganzes Leben aus den Fugen bringen. Das könnte alles verändern. Das könnte total schief gehen! Andererseits. Vielleicht war es wirklich nur ein Spiel. Vielleicht hatte Hilda recht. Vielleicht sollte sie es selbst so betrachten: als schöne Geschichte. Etwas, was einen kleinen Spannungsbogen in ihr Leben brachte. Hatten nicht viele Paare Flirts oder Fantasien, ohne zu weit zu gehen und das belebte die Beziehung? Emilia kippte den Wäschekorb im Badezimmer aus und sortierte die Wäsche. Leicht angewidert betrachtete sie die ausgeleierten und verwaschenen Unterhosen von Bernhard. Seit sie beschlossen hatte, nicht mehr zu den Frauen zu gehören, die ihren Männern Unterhosen kauften, wurde es mit jedem Waschgang schlimmer. Bernhard kaufte sich selbst keine Unterhosen. Entweder, es war Protest, weil er das als Emilias Job ansah oder es war unter seiner Würde.
Emilia tat etwas, was sie seit Jahren nicht mehr getan hatte: Sie sortierte die Wäsche nicht in schwarz, weiß und bunt, sondern in Bernhard und Emilia. Ab heute wirbelten ihre Sachen wieder allein durch die Trommel, höchstens zusammen mit Sachen von Jo, die sie je nach Platz auf die Wäscheladungen aufteilte. Es war irgendwie ein gutes Gefühl. Und es funktionierte! Natürlich funktionierte es, warum sollten Emilias Schlüpfer auch nicht ohne Bernhards Unterhosen durch die Trommel fliegen können, daran war überhaupt nichts erstaunlich. Und Miguel war Schicksal. Sie sollte sich nicht so viele Gedanken machen.
Seine Telefonnummer war über das Örtliche im Internet leicht herauszufinden: 43703372. Seine Handynummer hatte er nicht angegeben. Er war auch bei Facebook . Sein Profil konnten aber leider nur Freunde einsehen. Bei Stayfriends konnte Emilia ihn nicht aufstöbern, auch nicht bei Xing oder Twitter . Dann endlich fand Emilia etwas wirklich Interessantes: die Seite eines kleinen
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