Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
Sie fasste einen Entschluss. Das Wetter war schön. Sie würde draußen lektorieren, im Park auf der Bank, am Ende der Liebermannstraße. Vielleicht kam ja der Traummann aus der Zukunft vorbei. Und dann mal sehen wie mutig sie in einem roten Kleid war. Sie schrieb Jo einen Zettel:
Haushaltsjob des Monats: Wäsche aufhängen!
Ich bin im Park arbeiten. Kuss
Emilia steckte das Manuskript ein und nahm sich ihren Schlüssel. Da drehte ein Schlüssel im Schloss von der anderen Seite der Wohnungstür. Augenblicke später stand Bernhard vor ihr und starrte sie an:
„Wow! Warst du shoppen? Das sieht super aus!“
Emilia versuchte, sich zu erinnern, wann Bernhard ihr zum letzten Mal ein Kompliment gemacht hatte. Normalerweise fragte er immer zuerst nach dem Preis. Er schien ziemlich gute Laune zu haben.
„Ja, ich dachte, meine Kleider sind inzwischen alle drei Jahre alt…“
Bernhard warf seinen Schlüssel schwungvoll auf die Anrichte.
„Stell Dir vor, die haben aus der Erhebung jetzt eine richtig fette Untersuchung gemacht. Wir können in Fördergeldern baden. Es ist unglaublich. Niemand hätte das gedacht!“
„Wunderbar, herzlichen Glückwunsch!“
„Wo willst Du eigentlich hin?“
„Ich? Ich wollte gerade in den Park, noch etwas lektorieren. Ich habe heut noch nicht viel geschafft.“
„Naja, wer erst mal shoppen geht… Wie viel hat der Spaß eigentlich gekostet?“
Die Frage kam also doch noch.
„So viel, dass ich jetzt wohl noch fleißig sein sollte.“ Emilia lächelte Bernhard schuldbewusst an.
„Im Park? Seit wann arbeitest du überhaupt im Park?“
„Ach, so ‘ne Spontanidee, weil das Wetter so schön ist. Da fällt einem ja die Decke auf den Kopf.“
Bernhard sah Emilia für einen Moment skeptisch an.
„Weißt du was?! Ich komm mit!“
„Wie, du kommst mit!? Aber dann kann ich mich doch gar nicht konzentrieren.“
„Die Abgabetermine haben sich verschoben. Wie gesagt, es wird alles größer angelegt. Es hat also Zeit. Und weißt du was? Wir fahren nicht nur in den lumpigen Stadtpark. Wir fahren an den Liepnitzsee. Was hältst du davon?“
Bernhard grinste sie triumphierend an. Er war sich sicher, ihr eine riesen Freude zu machen. Die ganzen letzten Wochen hätte sie sich auch gefreut, über das Rauskommen und darüber, plötzlich vom Lektorat frei zu sein. Doch heute war nicht mehr Gestern oder Vorgestern. Heute wollte sie nur eins: in den Schlosspark um die Ecke. Trotzdem gab es keine Möglichkeit, sich weiter herauszureden. Emilia rang sich ein Lächeln ab, räumte das Manuskript aus der Tasche und steckte stattdessen Bikini, Buch und Handtuch ein. Bernhard klatschte in die Hände, ging in die Küche und füllte den Picknickkorb.
Sie stellten das Auto am Waldrand ab und folgten einem Pfad zu einer kleinen Badestelle, etwas abseits. Bernhard nahm Emilias Hand und erzählte von dem heutigen Meeting, und dass aus der Erhebung sogar ein Buch zum Thema Kinderlosigkeit unter Akademikern werden würde. Das Ganze würde auch etwas populärwissenschaftlich aufgezogen, so dass man eine breite Leserschaft erreichen könnte. Emilia gab hin und wieder einen bestätigenden Brummton von sich.
So einen Redestrom hatte Bernhard vielleicht einmal im Viertel Jahr. Auf einmal schien wieder der frühere Bernhard durch, in den sie sich damals verliebt hatte. Emilia sog die würzige Waldluft ein. Es kam ihr so vor, als wäre sie durch ein Zeitloch in das wirkliche Leben zurückgekehrt und das war eigentlich ganz in Ordnung. Bernhards Hand fühlte sich warm an. Er redete und redete und war ganz aufgekratzt. Die Vögel sangen in den Bäumen. Die Badestelle hatten sie für sich allein. Bernhard sah vergnüglich zu, als Emilia sich umzog.
„Schatz, es ist unglaublich. Du gehst auf die vierzig zu und siehst immer noch aus wie zwanzig. Was hab ich für ein Glück!“
„Jetzt übertreibst du aber.“
Bernhard versuchte Emilia in eine Umarmung zu ziehen. Doch Emilia war schneller und kletterte die Böschung hinunter zum See.
Sie ließ sich in das kühle, klare Wasser gleiten, während Bernhard noch ein bisschen brauchte um hineinzukommen. Sie hätte ihm gern das Kompliment zurückgegeben. Aber das ging leider nicht. Bernhard benetzte seine käseweißen, beharrten Arme und seinen runden Bauch, den er sich während seiner Jahre vor dem Bildschirm angeschafft hatte. Emilias Bikini-Oberteil würde ihm inzwischen ganz gut passen. Das athletische Bild von Miguel schob sich vor Bernhards Bild.
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