Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
sprang auf, klemmte einen zehn Euro-Schein unter den Kuchenteller und schnappte ihre Tasche.
„Wenigstens entschuldigen könnte sie sich ja mal.“
Sandra sah zum ersten Mal zu Emilia und sprach sie in der dritten Person an.
„Es-tut-mir-kein-bisschen-leid“, zischte Emilia gedehnt und machte sich aus dem Staub.
Hilda: Oh man, na das ist echt dreckig.
Emilia: Meinst du, er fällt drauf rein?
Hilda: Du hast gesagt, du fandest sie am Anfang sympathisch?
Emilia: Naja, jedenfalls mehr als ihre dämliche Schwester. Das ist wirklich nur ne verwöhnte und eingebildete Zicke.
Hilda: Vergiss dabei nicht, Miguel ist der, der sich auch verlieben muss, da können die Weiber aushandeln, was sie wollen.
Emilia: Sie hat ein Haus, sie hat Kinder, sie ist attraktiv, und, ja, leider ist sie sympathisch. Höchstens ein bisschen alt, aber auch nicht wirklich alt.
Hilda: Trotzdem, sehr unwahrscheinlich. Vielleicht solltest du diesmal nicht den richtigen Zeitpunkt verpassen.
Emilia: Leicht gesagt.
Hilda: Aber weißt du, was du auf keinen Fall verpassen solltest? … Dein Bewerbungsgespräch. Dein Miguel scheint ja nicht so der Versorgertyp zu sein.
Emilia: Ha, ha… Ja, ich geh hin… Irgendwie tat die ganze Aktion gut … irgendwie fühle ich mich satt, abgekühlt … soll er doch als nächstes die Schwester nehmen, na und … so fühle ich mich grad.
Hilda: Na, mal sehen, wie lange das anhält…
Natürlich hielt das „satte“ Gefühl nicht sehr lange an, doch es kam viel zu schnell zurück. Emilia war nach ihrer Beschattungsaktion emotional bergauf und bergab geschwankt. Sie fühlte sich abgewertet durch die Wahl, die Miguel getroffen hatte. Warum war sie hinter einem Kerl hinterher, der auf Barbies stand? Warum schlich sie Leuten hinterher, die sich kein bisschen für sie interessierten? In welchem Keller sollte sie ihr Selbstbewusstsein jemals wieder ausbuddeln? Dann wiederum kippte das Gefühl der Selbstentwertung. Sie wollte Miguel die Augen öffnen, ihn bewahren vor seiner Blindheit, die nur einer Krise zuzuschreiben war, die er augenscheinlich wegen seiner Trennung durchmachte. Sie wollte ihm zeigen, dass er mehr wert war, als sich auf einem Markt handeln zu lassen wie ein Stück Gurke. Miguel war so viel wert wie Emilia und nicht so wenig wie Barbie! Doch was sollte sie tun? Was konnte sie denn unternehmen? Nichts. Sie konnte nur weiter zuschauen, solange das Schicksal es nicht anders wollte. Und was sie als nächstes zu sehen bekam, erzeugte nicht nur ein sattes Gefühl, sondern ein kotzüberdrüssiges.
Den ganzen Samstagabend dachte Emilia an die Grillpartie in Tegel. Den ganzen Sonntag fragte sie sich, was wohl geschehen war. Sie schlich um Miguels Haus herum und versuchte zu analysieren, was in der Luft lag. Natürlich lag da nichts als Abgase und Straßenstaub. Okay, Barbie war früher oder später weg vom Fenster, egal, ob sie es ihm schon Samstag gesagt hatte oder nicht. Und in wen er sich als nächstes verlieben würde, blieb völlig offen. Emilia ging weiter täglich ins Fitnesscenter. Sie fuhr täglich an Miguels Wohnung vorbei. Sie klingelte einige Male bei ihm, aber natürlich machte er nicht auf. Sie kaufte im Supermarkt bei Miguel um die Ecke ein. Sie versuchte, ihn täglich anzurufen, um diesmal nicht den richtigen Moment zu verpassen. Doch alles war vergeudete Zeit. Zwei Wochen später war es tatsächlich die große Schwester von Barbie, die Miguel leidenschaftlich küsste, während er versuchte, den Schlüssel in die Haustür zu stecken und Emilia auf ihrem Fahrrad vorbeischlingerte, voll bepackt mit Einkaufstaschen.
Hilda: Nee, das hätte ich jetzt nicht gedacht. Man, der Typ scheint an Beliebigkeit zu leiden.
Emilia: Total! Also, mir reicht es! So ein Arschloch!
Hilda: Emilia! Solche Worte hab ich von dir ja noch nie gehört!
Emilia: Ist doch wahr! Ich mach mich völlig zum Deppen…
Hilda: Und er weiß nichts mal davon.
Emilia: Ein Glück auch! Weißt du, wie ich mir vorkomme? Als würden alle ein pralles Leben leben, nur ich warte, dass es morgen anfängt.
Hilda: Da hast du allerdings recht.
Emilia: Mir reicht‘s.
Hilda: Das hast du schon mal gesagt. Und ich bin froh darüber. Fassen wir zusammen: Der Typ hat keine Zähne, dafür einen Bauch, kein Geld, dafür zwei Kinder und dazu einen Besorgnis erregenden Frauengeschmack, scheint sich zu schnappen, was nicht bei drei auf den Bäumen ist.
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