Der Traummann aus der Zukunft (German Edition)
das klang alles so, als ob nichts wäre. Natürlich war etwas nach dieser langen Funkstille. Oder einfach ehrlich sein und sagen, dass sie sich Sorgen um ihn machte? Aber das klang so mütterlich. Alles fühlte sich falsch an. Emilia wog ihr Handy in der Hand. Die Situation war wie ein Déjà-vu. Es war dasselbe wie mit Miguel. Sie wollte jemanden anrufen, den sie nicht erreichen konnte. Lief sie denn, obwohl sie so viel verändert hatte, trotzdem nur im Kreis? Für einen Moment hätte Emilia das Handy am liebsten gegen die Wand gefeuert. Sie war wütend, auf das Leben, auf Hilda, auf Erik, auf alles. Alle hatten sich scheinbar verabredet, sie zu veralbern. Oder war sie am Ende auch noch selbst schuld, weil ihr Unbewusstes das alles erzeugte, wie Hilda sagte? Emilia sprang auf, als müsste sie einen Sprung aus dem Meer des Unbewussten an die Oberfläche schaffen. Sie rief noch einmal Eriks Mailbox an.
„Hallo Erik, hier ist Emilia. Ich muss dich sprechen. So schnell wie möglich. Bitte ruf mich zurück und sag mir, wann wir uns sehen können. Mittagspause reicht auch, oder kurz nach der Arbeit oder heut Abend noch. Ciao.“
Okay, das hatte fordernd geklungen. Das sollte es auch. Und es war kein bisschen romantisch. Na und! Vielleicht hatte Emilia jetzt was zerstört, weil sie so unromantisch war. Das hatte er ihr eh schon vorgeworfen. Und wenn schon. Selbst wenn was Schlimmes passiert war, seit Mittwochnacht musste sie doch ein Recht darauf haben, es zu erfahren, statt völlig im Ungewissen gelassen zu werden.
Emilia wälzte sich noch lange in ihrem Bett hin und her. Eriks Duft war leider längst verflogen. Ihre Augenränder würden morgen nicht zu verbergen sein. Und wenn schon, dann sah er wenigstens, dass sie sich wirklich Sorgen machte um ihn.
Am Montagvormittag, noch vor dem Umziehen marschierte Emilia schnurstracks in das Büro von Erik. In ihrem roten Kleid fühlte sie sich einfach selbstbewusster als in ihrer Ikea-Uniform. Erik war sogar da. Doch die Sekretärin hielt Emilia zurück.
„Ich muss Herrn Reinbeck sofort sprechen!“
„Das geht gerade leider nicht. Er ist in einem wichtigen Gespräch.“
„Ich erzeuge keine Situationen mehr, in denen ich an andere Leute nicht herankomme. Das habe ich mir fest vorgenommen!“, erklärte Emilia. Die Sekretärin sah sie fragend an und verstand kein Wort. Ehe sie etwas tun konnte, hatte Emilia die Tür zu Eriks Büro aufgerissen.
Erik lümmelte mit den Füßen auf seinem Schreibtisch, genauso wie es Chefs in Filmen taten. Emilia verschlug es für einen Moment die Sprache. Er sah einfach umwerfend aus, noch umwerfender, als sie es in Erinnerung hatte. Erik telefonierte und hielt die Hand vor die Sprechmuschel, als Emilia laut und deutlich rief:
„Ich muss mit dir reden. Sofort!“
Er schüttelte den Kopf und machte Zeichen, dass es jetzt absolut nicht ginge. Dann lächelte er. Das war entwaffnend. Die Sekretärin hatte Emilia bereits am Arm gepackt und führte sie heraus.
„Das können Sie doch nicht machen. Da ist gerade der Vorstand am Apparat. Die entlassen Sie noch!“
Die Drohung hing im Raum und Emilia schämte sich. Sie bekam sogar etwas Angst. Die Sekretärin beruhigte sich wieder.
„Naja, so schlimm wird’s schon nicht kommen. Aber Sie haben mich ganz schön erschreckt. Soll ich Ihnen vielleicht einen Termin geben?“
„Ja, aber heute noch!“, verlangte Emilia.
Eriks Sekretärin blätterte im Terminkalender. Der sah tatsächlich ziemlich voll aus.
Sie schüttelte bedauernd den Kopf.
„Die Woche ist dicht. Freitag geht noch was, allerdings nur eine halbe Stunde. Würde das reichen?“
„Heute!“ Emilia versuchte, dem Blick der Sekretärin standzuhalten.
„Heute ist leider unmöglich.“ Die Sekretärin blieb stur und klappte das Buch zu. Emilia verließ den Raum und knallte die Tür.
Wer war sie überhaupt, dass sie sich in einen Terminkalender von Herrn Reinbeck eintragen ließ! Sie würde Erik stellen, und zwar so bald wie möglich! Sie würde herausfinden, wo er wohnte. Dazu brauchte sie Claudias Hilfe.
„Du willst ihn echt verfolgen?“ Claudia machte große, anerkennende Augen.
„Klar, du hast doch gesehen, was in der Mittagspause los war. Er weicht mir aus!“
„Er hatte den ganzen Vorstand am Hals. Ist doch logisch, dass er dann keinen Nerv hat, mit dir zu reden.“
„Ach, und jetzt verteidigst du ihn auch noch!“
„Quatsch. Der benimmt sich definitiv wie ne Gurke und bestätigt, was ich so gehört
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