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Der Tribun

Der Tribun

Titel: Der Tribun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
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könnt ja gar nicht unterliegen, denn ihr habt dem römischen Heer bereits eine schwere Niederlage zugefügt. Die von euch gestellten Soldaten haben ihre Offiziere getötet und sich den Meuterern angeschlossen. Drei Legionen habt ihr aufgerieben, die gallischen Hilfstruppen, das gesamte Heer, das in dieser Provinz stand. Ihr habt die Lager und Straßenposten geplündert und niedergebrannt, die Flüchtigen verfolgt und viele getötet. Ihr habt euren Feind vertrieben und einen glänzenden Sieg errungen.«
    Die Mienen der Zuhörer verrieten finstere Entschlossenheit, ihr Nicken und Murmeln war Zustimmung. Selbst wenn er stockte und nach Worten ringen musste, er hatte ihren Triumph anerkannt, ohne ihnen zu schmeicheln, und räusperte sich unhörbar, ehe er weiter sprach.
    »Ihr könnt nicht unterliegen, weil die Götter mit euch sind, denn euer Anführer Ermanamers, Segimers’ Sohn, stand schon immer in ihrer Gunst. Nicht nur, dass er einem der vornehmsten Geschlechter dieses Stammes entstammt und Sohn eines Mannes ist, der für seine Tapferkeit das Recht erhielt, sich römischer Bürger zu nennen, und die Erlaubnis, dieses Recht seinen Söhnen zu vererben. Ermanamers erhielt seine Ausbildung im Gefolge des Tiberius Caesar, den Caesar Augustus zu seinem Sohn und Erben machte. Mit diesem zog Ermanamers ebenso gegen Marhabadws wie zur Niederwerfung der aufständischen Illyrer und Pannonier, in einen Kampf, in dem er seine Männer – euch! – von Sieg zu Sieg führte. Beute und Belohnungen, die er sich erfocht, türmten sich zu einem Vermögen, und er wurde in den Ritterstand aufgenommen. Nach jedem seiner Siege wurde er mit höheren Ehren überhäuft und befördert, aus jedem ging er stärker und mächtiger hervor, während gleichzeitig die Zahl derer schrumpfte, mit denen er seinen Erfolg teilen musste. Solch einen Mann dürft ihr euren Anführer nennen!«
    Einzelne Hochrufe ertönten, Arminius’ Name wurde gepriesen, während Inguiotar die Brauen zusammenzog und zwei scharfe Linien seine Stirn durchschnitten. Seine Augen waren auf Cinna geheftet, der keine Miene verzog, sondern nur den Blick erwiderte, bevor er fortfuhr.
    »Noch ehe Ermanamers in seine Heimat zurückkehrte, waren ihm bei uns die höchsten Ehrungen verliehen worden, die sich ein befreundeter Fürst verdienen kann. Doch damit nicht genug: Er genoss großes Ansehen bei den obersten Rängen – sogar Legaten hörten auf sein Wort. Um noch höher aufzusteigen, um noch mehr zu erlangen, hätte er nach Rom gehen und über den langen Weg durch die Ehrenämter in die einsame Spitze aufsteigen müssen. Was für einen Ruhm hätte er seinem Volk verschaffen können im Herzen der Macht!«
    Noch immer starrte Inguiotar Cinna an, dann wanderte sein Blick zu Arminius, auf dessen Züge die Jubelrufe ein winziges Lächeln gelockt hatten. Argwöhnisch flog Inguiotars Aufmerksamkeit zwischen ihnen hin und her, als sich unversehens seine Stirn glättete. Er rempelte den neben ihm stehenden Hraban an, flüsterte ihm etwas zu, und Hraban biss sich auf die Lippen, um das Grinsen zu unterdrücken.
    »Aber dieser Weg war nicht seiner, und es mag sein, dass die Bürger Roms ihn, den Fremden, niemals unterstützt hätten, denn sie taten sich schon immer schwer mit neuen Männern anstelle der alten Geschlechter.
    Ermanamers ging nicht nach Rom, sondern führte seine Truppen zurück in die Heimat, wo ihn der Statthalter Quinctilius Varus in sein Vertrauen zog, ein Mann, der berühmt ist für seinen Argwohn. So wurde Ermanamers, Segimers’ Sohn, der Mann an der Seite des Statthalters, den er beriet, dem er half, in Caesar Augustus’ Namen über euch zu herrschen.
    Und zugleich ersann dieser euer Anführer, Ermanamers, Segimers’ Sohn, erster unter den Fürstensöhnen diesseits des Rhenus, den kühnsten Plan, den ein Mann ersinnen kann, um diejenigen, die ihn zu dem gemacht hatten, was er war, vernichtend zu schlagen, und sein Volk, seine Verbündeten von der drückenden Last der Abgaben zu befreien.«
    Sie hatten ihm still, fast atemlos zugehört, bis seine letzten Worte von brausendem Jubel übertönt wurden. Indessen nahm Cinna wahr, wie sich unter den Fürsten Missstimmung ausbreitete; sie verschränkten die Arme, schoben das Kinn vor, runzelten die Stirn angesichts der Begeisterung. Cinna verbiss sich das Grinsen, hob die Hände in dem nicht einmal ernst gemeinten Versuch, sich Gehör zu verschaffen – und die Menge hielt inne. Einzelne verlangten lautstark Ruhe, bis alle

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