Der Tribun
drängten an die Bühne heran, schüttelten ihre Waffen, brüllten und schrien durcheinander; er selbst hatte nach dem Schwert greifen wollen, als ihn der Stab eines der Priester berührte. Seine Augen waren schmal und funkelten. Segimers, der seine dürren Finger auf den Arm seines Sohnes gelegt hatte, kaute auf den Lippen.
»Diese Schande hat euch von dem befreit, worüber ihr gejammert habt, soweit ich mich zurückerinnern kann«, fauchte Arminius. »Und ich werde dafür sorgen, dass es so bleibt – mehr noch: Wir werden sie endgültig vom Rhenus verjagen und uns die fruchtbaren Äcker und reichen Städte der drei Gallien erobern!«
Er hatte die Hände emporgestoßen, als wolle er die Götter anrufen, erstarrte dann für einen Augenblick, bevor er die Arme langsam sinken ließ. »Doch dazu brauchen wir den Beistand von Teiwas und Wodanas.« Seine Blicke hefteten sich auf Cinna. »Und deren Beistand muss durch Blut gewonnen werden.«
Cinna schluckte. Seine Knie schienen nachzugeben, und er musste sich zwingen zu atmen.
»Der Mann ist eine Geisel«, entgegnete Inguiotar, »eine wertvolle Geisel, denn er war ein hoher Offizier und entstammt einer vornehmen Familie. Sein Vater wird viel daransetzen, um ihn zurückzuholen. Eine solche Geisel ist ein unschätzbares Unterpfand für Verhandlungen.«
»Verhandlungen?« Arminius spie aus. »Wer spricht von Verhandlungen? Gibt es ein wichtigeres Ziel als den endgültigen Sieg über einen verhassten Feind?«
»Inguiotar hat Recht«, mischte sich Segestes ein. »Wir dürfen die Möglichkeit von Verhandlungen nicht restlos vereiteln.«
»Von dir habe ich nichts anderes erwartet, Segigastis!« Arminius wandte sich den übrigen Edlen zu. »Will noch jemand für Inguiotar sprechen?«
Die Reihen der Männer gerieten in Bewegung, als einer der Priester sich mit seinem Stab Cinna näherte, Inguiotar und Thiudawili traten ehrerbietig zur Seite, selbst Hraban entfernte sich. Als der Weiße mit der Spitze des Stabes auf eine Stelle zwischen den Parteien wies, atmete Cinna tief durch und machte ein paar Schritte, die entschlossen wirken sollten. Unter Arminius’ Schnurrbart schien sich ein Grinsen zu verstecken, doch seine Augen waren ebenso kalt wie hell.
Mit einer schnellen Bewegung riss er einen Dolch vom Gürtel, packte Cinnas Hemd an der Schulter und zog ihn zu sich heran. Der Dolch zerriss das grobe Tuch, und das Hemd rutschte über seine Arme hinunter.
»Ein hübsches, wertvolles Beutestück haben wir da. Sein Urgroßvater war viermal Consul von Rom, sein Vater hat dieses Amt ein Jahr nach dem letzten schmachvollen Friedensschluss eine Weile innegehabt, und er ist der letzte überlebende Sohn dieser reichen und noblen Familie. Nach einem halben Jahr Gefangenschaft ist sein Hochmut ungebrochen. Sicherlich eine der vornehmsten Gaben, die wir den Göttern des Krieges weihen können als Vorgeschmack auf das Blut, das für sie vergossen wird, wenn sie uns zum Sieg führen.«
Ein Zittern durchlief Cinna; er schwitzte und atmete mühsam, aber er wollte nicht wie ein Schlachtvieh, ein Opfertier vorgeführt werden. Sein Blick flog über die versammelte Menge und blieb an Sunja hängen, die mit ihrer Mutter am Rand des eingezäunten Platzes stand und Saldir fest umarmt hielt. Obwohl er ihr Gesicht kaum erkennen konnte, erinnerte er sich an ihre Hand, die sie ihm nicht entzogen hatte, als habe sie ihn verstanden.
Er wandte sich Arminius zu. »Wenn ich mich recht erinnere, sind schon Mächtigere trotz großer Opfer und gewonnener Schlachten am Ende unterlegen.«
Arminius fuhr herum, als wolle er gegen ihn ausholen, hielt dann aber inne. In der Menge erhob sich Gemurmel.
»Nur zu, Ermanamers, Sohn des Segimers. Dann schlägst du dieses Mal wenigstens selbst zu. Trotzdem solltest du denen, die dir folgen, sagen, was sie wirklich erwartet.«
»Schweig!«, zischte einer der Umstehenden. »Was weißt du schon?«
»Ich weiß, dass Ermanamers nur das sagt, was ihm nützlich –«
Hart fuhr eine Faust in Cinnas Gesicht, dass er gegen den Mann taumelte, der hinter ihm stand.
»Schweig, du Sohn einer römischen Hure!«, polterte der Angreifer, der sich die Finger rieb.
Cinna kniff die Lider zusammen. Der Schmerz betäubte ihn, rann warm über Kinn und Arm und schmeckte nach Eisen. Prüfend ließ er die Zunge an den Zahnreihen entlanggleiten, wo alles fest an seinem Platz schien. Als er die Augen öffnete, troff hellrotes Blut auf seine Brust.
In der Menge erhoben sich einzelne
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