Der Tribun
Pferd gesprungen war, umschloss seinen Oberarm, zog ihn zu dem von zwei riesigen, gelben Pferden gezogenen Wagen, auf dem sich der Vater der Braut, Badwareiks, erhoben hatte; beim Absteigen half ihm ein junger Gefolgsmann, der den weiten, bunten, mit Borten und Fransen verzierten Mantel so fest um sich geschlungen hatte, dass er sogar seinen Hals bedeckte. Als der edle Herr den Knecht erkannte, der ihm den Begrüßungstrunk reichen sollte, gefroren seine Züge. Erst nach einem tiefen Atemzug, während dessen er den Gefangenen anstarrte – hartnäckig erwiderte Cinna diesen Blick –, nahm Thauris das Horn, um es dem Fürsten mit einem feierlichen Segensspruch zu übergeben.
Badwareiks, ein Bauer von durchschnittlicher Statur, der sich mit Beutestücken geschmückt hatte wie eine vornehme Dame mit Geschmeide, gab ihr das Horn zurück, um sich Liuba zuzuwenden, der abgestiegen war und der Braut vom Pferd half. Da stand sie nun zwischen Bräutigam und Vater, prüfte den Sitz ihres Kranzes aus welkenden Herbstblüten, und während sie ebenso linkisch wie vergeblich ihr weißes Leinenkleid zu glätten versuchte, klapperten die dicken goldenen Armreifen und Glasperlen, die sie trug. Von den Frauen ihrer neuen Familie wurde sie mit einer Umarmung empfangen, aber der verlorene Ausdruck auf ihrem Gesicht blieb. Ihr Name, Gunthis, war in aller Munde.
Ganz nebenbei sah Cinna, wie Hraban sich mit einer herausfordernden Geste entbot, Badwareiks Gefolgsmann den schweren Umhang abzunehmen; er zog denselben von den Schultern des Mannes, als dieser das Tuch heftig an sich riss. Belustigt über diese Eitelkeit, wandte Cinna sich ab, da bemerkte er Sunja, die bleich wie der geflügelte Tod unter den Frauen stand, die Augen geweitet. Ihre Hand wollte ihr Gesicht bedecken, und sie schien den Atem anzuhalten. Cinna folgte ihrem Blick und erkannte einen goldfarbenen Ring um den Hals des stolz und ernst dreinschauenden Kriegers, Torques, wie sie gallische Edle trugen, und wie er im römischen Heer als Auszeichnung für besondere Tapferkeit verliehen wurde. Ohne die Bedeutung zu kennen, welche die Barbaren diesem Schmuck beimaßen, ahnte er, dass darin der Grund ihrer Bestürzung lag. Während die Menschen an ihr vorüberströmten, verharrte sie auf der Stelle, den Kopf gesenkt unter dem blauen Tuch.
Der hintere Teil des Hauses, der sonst als Stauraum diente, war ausgeräumt und eine lange Tafel dort aufgestellt worden, flankiert von roh gezimmerten Bänken, auf denen sich die Männer niederließen, während auf Frauen und Gesinde Arbeit wartete.
Den Speisen wurde eifrig zugesprochen, die Tafeln aufgehoben und neu aufgetragen. Bier floss in Strömen durch die Kehlen der in dieser Hinsicht völlig hemmungslosen Barbaren. Cinna war ein viel beschäftigter Mundschenk, der von Mann zu Mann eilen und die geleerten Becher füllen musste, voll schadenfroher Ahnung, was das säuerliche Gebräu anrichten würde, unter dessen Einfluss die Feierlichkeit bald an Würde verlor und sich in jenes derbe Treiben verwandelte, das er schon immer von den Barbaren erwartet hatte.
Draußen tollten Kinder mit einigen zottigen Hunden herum und balgten sich um die süßen Kuchen, die Thauris reichlich verteilen ließ. Die Frauen saßen beim Herd, erzählten Geschichten und sangen Lieder, woran die Braut sich scheu beteiligte. Die Männer ergingen sich derweil in Herausforderungen und Prahlereien, rühmten sich, ihre Söhne und Väter, Brüder und Vettern der ruhmreichsten Taten, die, wenn sie nur zur Hälfte der Wahrheit entsprochen, das gesamte römische Imperium längst gestürzt hätten.
Hraban hatte ausgerechnet den Mann mit dem Halsreif zum Gegenüber, was ihn offenbar veranlasste, mehr zu trinken, als gut für ihn war. Seine Miene verfinsterte sich zusehends, die beiden steilen Linien gruben sich tiefer in seine Stirn, während der andere einige seiner Abenteuer zum Besten gab; denn auch er wusste seinen Beitrag zur Vernichtung der Legionen des Quinctilius Varus zu rühmen, und endete damit, wie er und seine Männer einen versprengten Trupp Legionäre auf der Flucht in die Zange genommen hatten. Dass er gerade jetzt nach einem frischen Trunk verlangte, war sicher kein Zufall.
»Harjawakrs weiß seine Taten ins rechte Licht zu setzen«, fiel Hraban dem Erzähler ins Wort und streckte ihm schief grinsend seine Schale entgegen.
Der Angesprochene starrte ihn feindselig an. »Was hast du dem entgegenzustellen, Inguhraban? Wo warst du, als wir den Feind
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