Der Triumph der Heilerin.indd
von Burgund hatte seine Gemahlin bitter enttäuscht. Aber er zeigte keinerlei Bedauern. »Nein! Das geht nicht. Louis de
Valois wird es schon bald erfahren - wenn er es nicht bereits weiß -, dass Edward nach Brügge gekommen ist. Es könnte schreckliche Folgen haben für Burgund und auch für uns beide, wenn er erführe, dass wir uns getroffen haben.«
»Aber Karl, Ihr müsst Edward anhören. Er braucht ...«
»Muss! Was heißt hier >muss Ihr gehört jetzt zu Burgund, Frau, nicht zu England. Muss ich Euch an Eure Pflicht erinnern? Oder ist es dafür schon zu spät? Habt Ihr Eurem Bruder geholfen, Madame?«
Margarets Augen füllten sich mit Tränen. Sie und Karl hatten selten eine Meinungsverschiedenheit, aber über Edward und seine Rückeroberung des englischen Throns zu streiten war für sie unerträglich. Sie ignorierte die Frage und sprach überstürzt weiter.
»Aber Karl, Ihr habt doch immer gesagt, dass Burgund England als Verbündeten gegen Frankreich braucht. Ihr braucht doch Edwards Unterstützung als König von England, wenn Ihr, was Euch zustünde, ebenfalls König werden wollt. England aber wird unser Feind werden - unser Feind, mein Herr, nicht nur Euer Feind -, wenn Warwick sich mit Margaret von Anjou verbündet. Bald schon wird sie mit ihren Truppen landen -das habt Ihr mir selbst erzählt -, Truppen, die Louis de Valois ihr zur Verfügung gestellt hat. Edward ist Eure und auch meine letzte Hoffnung, dass England wieder ein Gegengewicht zu Frankreich bilden kann. Ich sage Euch die Wahrheit, mein Gemahl, auch wenn sich das kein anderer traut. Auch das ist meine Pflicht.«
Karl antwortete mit eisiger Ruhe. »Frauen haben sich in Staatsgeschäfte nicht einzumischen und auch kein Recht, sich den Wünschen und Befehlen ihres Gatten in irgendeiner Form zu widersetzen. Beherzigt die Worte des heiligen Paul, Frau: >Die Frau möge schweigen, wenn der Gemahl spricht.< Es steht Euch nicht zu, mich zu belehren, wie ich mein Herzogtum zu regieren habe. Auch habt Ihr mir nicht meine Herrschaft über diesen Haushalt und über Euch streitig zu machen. Muss ich Euch schlagen, damit Ihr das begreift?«
Margaret schluckte betroffen ihre Tränen hinunter. Er meinte es ernst. Er wollte sie schlagen, wenn sie weiter in ihn drang. Und das war sein gutes Recht, denn er war ihr Gemahl. Die Nachricht über diese Demütigung würde sich wie ein Lauffeuer durch den Prinzenhof verbreiten. Zwar waren sie allein im Zimmer, doch vor der Tür warteten mindestens fünfzig sensationslüsterne Höflinge, von den Wachen ihres Gemahls und ihren eigenen Wachen ganz zu schweigen. Soldaten waren die schlimmsten Schwätzer von allen. Verachtete Karl sie jetzt, weil sie Engländerin war? Liebte er sie nicht mehr um ihrer selbst willen, sondern nur noch für das, was sie einst gewesen war: eine englische Prinzessin, die nicht mehr als eine nützliche Schachfigur war? Das waren schreckliche Gedanken, aber vielleicht war es die Wahrheit. Die wenigsten Ehen zwischen Königshäusern wurden aus Liebe oder auch nur Zuneigung geschlossen, sondern aus Pflicht gegenüber der Dynastie. Und wenn ihre Ehe nicht besser wäre? Würde er sie verbannen, weil sie nicht schwanger wurde und deshalb nutzlos für ihn geworden war? Oder wollte er sie in ein Kloster sperren, wo sie, ein abscheuliches Weib, das ihrem Gatten nicht gehorchen wollte, zur Strafe verhungern musste?
Die Herzogin von Burgund verschränkte ihre bebenden Finger vor ihrem Leib, sank in einen tiefen Knicks und neigte ihren Kopf. Wenn sie diese schreckliche Wut, diese Ungerechtigkeit ertragen musste, um ihrem Bruder und dem Land ihrer Geburt zu helfen, dann war sie dazu bereit. In bemüht sanftem Ton sagte sie: »Verzeiht mir, mein Gemahl und Gebieter. Ich wollte Euch mit der Nachricht erfreuen, dass sich König Edward, mein Bruder, in Eurem Herrschaftsgebiet aufhält. Ich weiß, dass Ihr ihn mögt und achtet. Doch es war falsch von mir, Euer Urteil in dieser Angelegenheit anzuzweifeln. Berichtigt mich, und ich werde Eure Strafe mit Freuden ertragen.«
Karl ging aufgeregt auf und ab. Er sah seine Frau nicht an. »Habt Ihr ihn getroffen?«
»Lady de Bohun hat mir Nachricht von ihm übermittelt.«
Der Herzog sah seine Frau argwöhnisch an. »Lady de Bohun? Wieso weiß sie etwas darüber? Und wo ist sie gewesen? Ich habe sie seit Wochen nicht mehr gesehen.«
Die Herzogin schluckte. »Wie Ihr wisst, haben Lady de Bohun und mein Bruder eine« - sie unterbrach sich und suchte nach einem
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