Der Triumph des 19. Jahrhunderts
desto mehr wuchs auch die Frechheit der Eingebornen. Sie konnten zuletzt nur durch Gewalt zurückgedrängt werden, und die Fregatte setzte schleunigst ihre Fahrt fort, um sich vor den zudringlichen und unverschämten Wilden zu sichern.
An Oiolava, den Inseln Plate und Pola, welche ebenso einen Theil des Archipels der Schifferinseln bilden, fuhr Kotzebue ohne Aufenthalt vorüber und segelte nach den Radak-Inseln, wo er schon bei seiner ersten Reise einen so freundschaftlichen Empfang gefunden hatte.
Der Anblick des großen Schiffes flößte aber den Einwohnern eine solche Furcht ein, daß sie haufenweise in ihre Boote sprangen oder weiter in’s Innere entflohen, während am Strande nur eine gewisse Zahl zurückblieb, welche mit Palmenzweigen in den Händen den Fremden entgegenzog und sie um Frieden und Schonung bat.
Da sprang Kotzebue mit dem Arzte Eschscholtz in eine Schaluppe, ruderte schnell nach dem Ufer und rief wiederholt: »Totabu aïdara« (Kotzebue, Freund!) Das verfehlte seine Wirkung nicht. Wenn die Eingebornen die Russen früher um Schonung anflehten, so stießen sie nun ein helles Freudengeschrei aus, eilten den alten Freunden entgegen und verbreiteten die Botschaft von Kotzebue’s Wiederkehr schnell unter ihren Landsleuten.
Der Commandant hörte mit Vergnügen, daß Kadon noch in Aur unter dem Schutze Lamary’s lebe, dessen Wohlwollen er sich durch die Abtretung der Hälfte seiner, von den Russen erhaltenen Schätze erkauft hatte.
Von den Thieren, welche Kotzebue früher auf Otdia zurückließ, lebten nur noch die inzwischen wild gewordenen Katzen, denen es aber bisher noch nicht gelungen war, die Ratten auszurotten, von denen es auf der Insel wimmelte.
Der Commandant verweilte einige Tage bei seinen Freunden, die ihn durch dramatische Vorstellungen zu ergötzen suchten, und segelte am 6. Mai nach der, bei seiner ersten Fahrt nur oberflächlich untersuchten Legiep-Gruppe ab. Nachdem er die Aufnahme derselben vollendet, beabsichtigte Kotzebue, die Untersuchung der Radak-Inseln wieder aufzunehmen; die ungünstige Witterung legte dem aber so große Hindernisse in den Weg, daß er sich genöthigt sah, nach Kamtschatka abzusegeln.
Vom 7. Juni bis 20. Juli genoß die Mannschaft hier der wohlverdienten Ruhe. Dann ging er wieder in See und am 7. August vor Neu-Archangel an der amerikanischen Küste vor Anker.
Die Fregatte aber, welche die »Predpriatie« an dieser Station ablösen sollte, befand sich noch daselbst und mußte auch bis zum 1. März des folgenden Jahres dableiben. Kotzebue benutzte diese Zeit, um noch einmal den Sandwichs-Archipel zu besuchen, wo er, im December 1824, bei Waihou vor Anker ging.
Der Hafen von Rono-Rourou oder Honolulu ist der sicherste des ganzen Archipels. Hier liefen auch schon zahlreiche Schiffe ein und die Insel Waihon war auf bestem Wege, sich zur wichtigsten der ganzen Gruppe zu erheben und Hawaï oder Owyhee von der früheren Stellung herabzudrücken. Die Stadt hatte schon ein halb europäisches Ansehen gewonnen; an Stelle der primitiven Hütten waren steinerne Häuser emporgewachsen; regelrecht angelegte Straßen mit Läden. Cafés, Branntweinschänken, welche von den Matrosen der Walfischfahrer und Pelzhändler stark besucht wurden, ferner ein mit Kanonen ausgerüstetes Festungswerk bezeugten die schnelle Veränderung aller Verhältnisse und Sitten der Eingebornen.
Fünfzig Jahre waren seit Entdeckung der meisten oceanischen Inseln verflossen, und fast überall hatte sich, wie auf den Sandwichs-Inseln, ein schneller, auffallender Wechsel vollzogen.
»Der Pelzhandel, sagt Desborough Cooley, ein Handel, der auf der Nordwestküste Amerikas betrieben wird, hat auf dem Sandwichs-Archipel eine erstaunliche Umwandlung zuwege gebracht, da gerade diese Inseln für die damit beschäftigten Schiffe einen willkommenen Schutz und Ruheplatz gewähren. Die Händler pflegen hier den Winter über zu verweilen, ihre Fahrzeuge auszubessern und mit allem Nothwendigen zu versehen; mit dem Sommer kehren sie dann nach der Küste Amerikas zurück, um ihre Ladung zu vervollständigen. Für das, was sie lieferten, tauschten die Insulaner meist eiserne Geräthe, am liebsten aber Gewehre ein, und die Händler beeilten sich, ohne die mögliche Folge zu bedenken, ihren Wünschen entgegenzukommen. Feuerwaffen und Schießbedarf wurden als das beliebteste Tauschmittel in großen Mengen nach den Sandwichs-Inseln geschafft. Die Bewohner derselben wurden den Fremden auch bald gefährlich; sie
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