Der Triumph des 19. Jahrhunderts
Alëuten an Bord genommen, begann der Commandant die Untersuchung der Behrings-Straße von Neuem.
Kotzebue litt an heftigen Schmerzen in der Brust, seitdem er bei Umschiffung des Cap Horn durch eine gewaltige Welle umgeworfen und über Bord geschleudert worden war, was ihm ohne Zweifel das Leben gekostet hätte, wenn es ihm nicht gelungen wäre, sich an einem Seile zu halten. Sein Zustand verschlimmerte sich jedoch weiter, so daß er sich am 10. Juli, als er die Insel St. Laurent anlief, gezwungen sah, auf eine weitere Fortsetzung der Fahrt zu verzichten.
Am 1. October ging die »Rurik« noch einmal auf kurze Zeit bei den Sandwichs-Inseln vor Anker, nahm verschiedene Sämereien und Thiere ein und landete nachher unter den freudigsten Kundgebungen der Eingebornen wieder in Otdia. Vorzüglich entzückt zeigten diese sich darüber, daß die Russen einige Katzen mitbrachten, durch die sie von der Unzahl Ratten, welche auf der Insel hausten und die Pflanzungen verheerten, befreit zu werden hofften Gleichzeitig feierten sie die Rückkehr Kadous, dem die Russen eine Menge Geräthe und Waffen überließen, wodurch er zum reichsten Manne des ganzen Archipels wurde.
Am 4. November verließ die »Rurik« die Radak-Inseln und blieb, nach einem kurzen Besuche des Legiep-Archipels, bis zum Ende desselben Monates bei Guaham, einer der Mariannen, liegen. Ein mehrwöchentlicher Aufenthalt in Manilla gab dem Commandanten Gelegenheit, vielfache Kundschaft über die Philippinen einzuziehen, worauf wir später noch zurückkommen.
Nachdem sie glücklich mehrere Stürme in der Nähe des Caps der Guten Hoffnung überstanden, warf die »Rurik« am 3. November in der Newa, gerade vor dem Palaste des Grafen Romantzoff, Anker.
Die kühnen Seefahrer hatten die drei Jahre, welche ihre Seefahrt dauerte, wohl auszunutzen gewußt. Sie waren trotz ihrer geringen Zahl und der Schwäche ihres Fahrzeuges nicht davor zurückgeschreckt, sich auf die gefährlichsten Meere, in unbekannte Archipele, nach dem Eise des Pols und in die Gluth der Tropenzone zu wagen. Verdankte man ihnen nicht unwichtige geographische Entdeckungen, so kommt den vielen Berichtigungen früherer falscher Angaben ein noch ungleich höherer Werth zu. Zweitausendfünfhundert Pflanzenarten, darunter ein Drittel ganz neue, und vielfache Beiträge zur Kenntniß der Sprachen, der Ethnographie, der Religion und der Sitten der von ihnen besuchten Volksstämme – das verdient gewiß den Namen einer reichen Ernte, die ebenso für den Eifer, das Geschick und das Wissen des Kapitäns, wie für die Unerschrockenheit und Ausdauer der Mannschaft ein rühmliches Zeugniß ablegt.
Als die russische Regierung sich dann im Jahre 1823 entschloß, nach Kamtschatka Truppen zu senden, um dem Schleichhandel, der in ihren Besitzungen an der Nordwestküste Amerikas blühte, ein Ende zu machen, wurde das Commando der Expedition dem bewährten Kotzebue anvertraut. Man überließ ihm die Fregatte »Predpriatie« und stellte es ihm völlig frei, für die Hin-wie für die Rückfahrt denjenigen Weg einzuschlagen, der ihm zur Erreichung jenes Zweckes am geeignetsten dünkte.
Hatte Kotzebue als Seecadett früher mit Krusenstern eine Reise um die Welt gemacht, so gab ihm dieser jetzt seinen jüngsten Sohn als Begleiter mit, und Möller, der damalige Marineminister, folgte diesem Beispiele.
Die Expedition verließ Kronstadt am 15. August 1823, lief Rio de Janeiro an, segelte am 15. Januar 1824 um das Cap Horn, wandte sich nach dem Pomotu-Archipel, wobei die Insel Predpriatie entdeckt ward, lief hierauf die Inseln Araktschejef, Romantzoff, Carlshoff und Palliser an und ging am 14. März auf der Rhede von Matavaï auf Tahiti vor Anker.
Seitdem Cook in diesem Archipel gewesen war, hatten die Sitten und Lebensgewohnheiten der Bewohner eine völlige Umgestaltung erfahren.
Das Innere eines Hauses zu Radak. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Schon 1799 waren auf Tahiti Missionäre eingetroffen und hatten sich daselbst zehn Jahre lang aufgehalten, ohne nur einen einzigen Eingebornen bekehren zu können, ja, man muß leider zugeben, es war ihnen nicht einmal gelungen, die Achtung der Einwohnerschaft zu erringen.
Als sie durch Unruhen, welche Tahiti zu jener Zeit erschütterten, gezwungen wurden, auf Eimeo und anderen Inseln des Archipels Zuflucht zu suchen, konnten sie sich bald besserer Erfolge rühmen. Im Jahre 1817 rief Pomare, der König von Tahiti, die Missionäre zurück, trat ihnen bei Matavaï ein
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