Der Triumph des 19. Jahrhunderts
einiger Entfernung, die Aufsuchung der fabelhaften Insel Saxemburg und einige gespensterhafte Erscheinungen während einzelner Nächte waren die einzigen Vorkommnisse auf der Fahrt bis zur Isle Bourbon, wo die »Espérance« schon vor ihrem Begleitschiffe eingetroffen war. Bourbon kannten alle Seefahrer zu jener Zeit schon so hinreichend und so genau, daß nach Erwähnung der beiden offenen Rheden von St. Denis and von St. Paul darüber kaum noch etwas zu sagen übrig blieb.
St. Denis, die im Norden von Bourbon und am Fuße einer geneigten Ebene gelegene Stadt, ist eigentlich ja nichts anderes als ein großer Flecken ohne Umplankung oder Mauern, in dem jedes Haus von einem Garten umgeben ist. Von öffentlichen Bauwerken ist nichts zu sagen, außer etwa über den Palast des Statthalters, der eine, die ganze Rhede beherrschende Lage hat, über den botanischen Garten und den für Acclimatisation, der aus dem Jahre 1817 herrührt. Der erstere, inmitten der Stadt, bietet schöne, leider nur wenig besuchte, aber vortrefflich gepflegte Spaziergänge. Ihn zieren Eukalypten, die Riesen der australischen Flora,
Phormium tenax
oder der Neuseeländische Hanf, die Casuarina oder Pinie von Madagaskar, der Baobab mit überraschend dickem Stamme, ferner Averrhoa-, Breiapfelbäume und Vanillesträucher, während ihn Kanäle mit fließendem Wasser befeuchten. Der zweite, angelegt auf einem Hügel mit staffelförmigen Terrassen, über welche mehrere Bäche herabrieseln, war für die Acclimatisation der Bäume und Gewächse aus Europa bestimmt. Apfelbäume. Pfirsiche, Aprikosen-, Kirschen-und Birnbäume gedeihen hier ausgezeichnet und hatten der Kolonie schon sehr werthvolle Stöcklinge geliefert. Man cultivirte in diesem Garten auch den Weinstock, den Theestrauch und mancherlei andere ausländische Gewächse, unter denen Bougainville die »
Laurea argentea«
mit glänzenden Blättern besonders hervorhebt.
Am 9. Juni verließen die beiden Fahrzeuge die Rhede von St. Denis. Nachdem sie die Bänke de la Fortune und von Saya de Malfa umschifft, auf hoher See an den Seschellen vorübergekommen und dann zwischen den Atolls der Malediven – an jene kaum über das Wasser emporragenden, mit dichten Bäumen, aus denen einzelne Cocospalmen hervorragen, bedeckten Inseln – angelaufen waren, bekamen sie die Insel Ceylon und die Koromandelküste in Sicht und gingen vor Ponditscherry vor Anker.
Dieser Theil Indiens entspricht nun keineswegs der bestrickenden Vorstellung, welche sich die Europäer nach den dithyrambischen Schilderungen der Schriftsteller, die seine Wunder preisen, vielleicht gemacht haben.
Die Zahl der Wohnhäuser und öffentlichen Bauwerke von Ponditscherry ist sehr gering, und wenn man die Pagoden besichtigt, die vielleicht das größte Interesse erwecken, und die »Dampfkessel« (das sind warme Quellen) besucht hat, deren Nützlichkeit ihre einzige Empfehlung ist, so ergötzt man sich nur noch an den charakteristischen Scenen, die sich jeden Augenblick in der, in zwei bestimmt verschiedene Theile zerfallenden Stadt dem Blicke darbieten.
Dem einen Theil, der»Weißen Stadt«, mit zierlichen Häusern, aber verlassenen und stillen Straßen, dürfte wohl Jeder die »Schwarze Stadt« mit ihren Bazars, Jongleurs, den massiven Pagoden und den anziehenden Tänzen der Bajaderen vorziehen.
»Die indische Bevölkerung der Koromandelküste, heißt es in dem Berichte, zerfällt in zwei Classen, die »Rechte Hand« und die »Linke Hand«. Diese Theilung schreibt sich von der Zeit der Regierung eines Nabab her, unter der das Volk sich empörte; alle Diejenigen, welche dem Fürsten treu blieben, wurden durch den Namen die Rechte Hand ausgezeichnet, während die Anderen die Linke Hand genannt wurden.
Diese beiden großen Vereinigungen, welche die Bevölkerung in zwei fast gleich zahlreiche Abtheilungen scheiden, stehen sich wegen der Rangstellung und den Vorrechten, die der Ersteren als Freunden des Fürsten zuertheilt worden waren, stets feindlich gegenüber. Die Ersteren sind indeß im Besitze der Aemter geblieben, während sich die Anderen mit dem Handel und den Gewerben beschäftigen. Um unter denselben aber Frieden zu erhalten, hat man ihnen ihre früheren Processionen und Ceremonien untersagen müssen…
Die Rechte und die Linke Hand zerfallen dann selbst wieder in achtzehn Kasten oder Stände voller Prätensionen und Voreingenommenheiten, welche auch schon die Jahrhunderte lange Berührung mit Europäern nicht abzuschwächen
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