Der Triumph des 19. Jahrhunderts
vermochte. Dadurch entsteht ein so gespanntes Verhältniß, daß blutige Zusammenstöße nicht ausbleiben könnten, wenn die Hindus nicht Entsetzen vor Blut hätten und ihr Charakter sie nicht von Gewaltthätigkeiten abhielt.
Diese Milde der Sitten und die fortwährende gegenseitige Eifersucht allein vermögen die merkwürdige Erscheinung zu erklären, daß sich über fünfzig Millionen Menschen unter das Joch von fünfundzwanzig-bis dreißigtausend Ausländern beugen ließen.«
Die »Thetis« und die»Espérance« segelten am 30. Juli von der Rhede von Ponditscherry aus über den Golf von Bengalen und liefen die Nikobaren und Poulo-Penang an, einen Freihafen, in dem gleichzeitig dreihundert Schiffe lagen. Dann begaben sie sich nach der Straße von Malakka und hielten vom 24. bis 26. August in diesem holländischen Hafen an, um einige Beschädigungen der »Espérance« so auszubessern, daß diese wenigstens bis Manilla See halten konnte. Die Beziehungen zu dem Residenten und den Einwohnern gestalteten sich sehr freundlich und erhielten durch verschiedene, theils zu Lande, theils auf der »Thetis« zu Ehren der Könige von Frankreich und der Niederlande veranstaltete Feste unzweifelhaften Ausdruck.
Die Holländer waren übrigens schon darauf vorbereitet, diese Niederlassung den Engländern abzutreten, was kurze Zeit darauf wirklich geschah. In Bezug auf die Fruchtbarkeit des Bodens, der Annehmlichkeit der Lage und die Leichtigkeit der Beschaffung der verschiedensten Bedürfnisse übertrifft übrigens Malakka viele seiner Rivalen beiweitem.
Bougainville verließ diese Rhede am 26. August und hatte während der weiteren Fahrt durch die Meerenge von widrigen Winden, Windstillen und Gewittern nicht wenig zu leiden. Gerade diese Gegenden werden von malayischen Seeräubern vorzüglich heimgesucht. Obwohl die Division stark genug war, um keinen Feind fürchten zu müssen, so stellte der Befehlshaber doch Schildwachen aus und traf alle nothwendigen Maßregeln, um gegen einen Ueberfall gesichert zu sein. Hier sieht man sonst nicht selten mehrere jener, mit gegen hundert Mann besetzten Proas, und so manches Handelsschiff ist schon von den unverbesserlichen Piraten geraubt worden.
Die Division bemerkte während der Fahrt aber nichts Verdächtiges und segelte unbehelligt nach Singapore.
Die Bevölkerung dieser Stadt zeigt eine eigenthümliche Mischung. Hier trifft man Europäer, in deren Händen sich vorzüglich der Handel befindet, aber auch armenische und arabische Kaufleute; Chinesen, welche sich meist mit Landbau beschäftigen, doch zuweilen auch Handwerke betreiben, um die Bedürfnisse der Einwohnerschaft zu befriedigen. Die in diese aufblühende Civilisation gleichsam verschlagenen Malayen leben entweder als niedere Diener, oder bleiben bei ihrer Indolenz und ihrem Elend völlig verborgen. Die wegen Verbrechen aus ihrem Vaterlande vertriebenen und verbannten Hindus betreiben jene unaussprechlichen Gewerbe, welche die Hefe des Volkes in allen großen Städten gerade noch vor dem Hungertode bewahren.
Erst 1819 hatten die Engländer von dem malayischen Sultan von Djohor die Berechtigung erkauft, sich in der Stadt Singapore niederzulassen. Der kleine Flecken, in dem sie sich damals festsetzten, zählte kaum hundertfünfzig Seelen; bald erhob sich aber, Dank dem rastlosen Eifer Sir Stamfard Rafle’s, eine Stadt an Stelle der bescheidenen Hütten der früheren Bewohner; durch eine weise Verwaltung, Aufhebung aller Zölle und die Vortheile der Lage an einem geräumigen sicheren Hafen vollzog sich schnell eine an’s Wunderbare grenzende Umwandlung aller Verhältnisse.
Die Garnison hier betrug nur dreihundert Sipahis und dreißig Artilleristen; Festungswerke waren noch nicht angelegt, und das ganze Artilleriematerial beschränkte sich auf eine Batterie von zwanzig Festungs-und ebensoviel bronzenen Feldkanonen.
Singapore bildete im Grunde nur eine große Waarenniederlage. Madras lieferte hierher Baumwollengewebe, Calcutta das Opium, Sumatra den Pfeffer, Java Arak und Gewürze, Manilla Zucker und Arak, und alle genannten Waaren werden von diesem Platze aus nach Europa, China, Siam u. s. w. versendet.
Oeffentliche Gebäude finden sich keine. Es giebt weder städtische Magazine, noch Docks, Werfte oder Kasernen; doch existirte eine kleine Kirche für die bekehrten Eingebornen.
Am 2. September nahm die Division ihren Weg wieder auf und erreichte ohne Unfall den Hafen von Cavite. Der Commandant der»Espérance«, du Camper,
Weitere Kostenlose Bücher