Der Triumph des 19. Jahrhunderts
in den Ohren und der Nase Zieraten aus Gold und Silber, welche mit ihrer, übrigens recht groben Kleidung gar nicht übereinstimmen. Einzelne Kinder hatten an dem Halse und an den Armen Ringe und Ketten von Silber im Werthe von sechshundert Rupien.
Im Winter liegt diese Stadt, die einen lebhaften Handel mit Thibet treibt, völlig unter dem Schnee vergraben. Die Bewohner ziehen sich dann auch nach benachbarten Städten zurück.
In Badrinath besuchte die Gesellschaft den wegen seiner Heiligkeit weit berühmten Tempel. Der Bau selbst, wie der Anblick, den er bietet, lassen gar nicht ahnen, welche ungeheure Summen seine Unterhaltung verschlingt. Er ist eines der ältesten und verehrtesten Heiligthümer Indiens. Die Abwaschungen nimmt man hier in Bassins mit warmem schwefelhaltigen Wasser vor.
»Es giebt daselbst eine Menge warmer Quellen, sagt der Bericht, alle mit besonderer Benennung und Wirksamkeit, was die Brahminen ohne Zweifel mit großem Vortheil ausnützen. So sieht der arme Pilger, der nach und nach die vorgeschriebenen Waschungen vornimmt, seine Börse freilich in gleichem Grade wie seine Sünden abnehmen, und die zahlreichen Zölle, welche man ihm für diesen Weg zum Paradiese abfordert, müssen ihm wohl den Gedanken nahe legen, daß dieser schmale Weg nicht der mindest kostspielige ist. Der Tempel besitzt siebenhundert, ihm von der Regierung zuerkannte Dörfer, entweder durch Anlehen oder von reichen Privatleuten erkauft, die sie als Opfer darbrachten.
Am 1. Juni befand sich die Expedition in Djosimah. Hier erhielt der als Führer dienende Brahmine von der Regierung in Nepal den Befehl, die Reisenden schnellstens nach den Gebieten der Compagnie zurückzubefördern. Jener erkannte nun, freilich etwas spät, auch selbst, daß diese Besichtigung seitens der Engländer mehr einen politischen als einen geographischen Zweck verfolgt habe. Einen Monat später kehrte Webb nebst seinen Begleitern nach Delhi zurück, nachdem er den Oberlauf des Ganges festgestellt und die Quellen des Baghirati und der Analcauda aufgesucht, das heißt also, nach allen Seiten den von der Compagnie beabsichtigten Zweck erreicht hatte.
Im Jahre 1808 beschloß das englische Gouvernement, eine neue Expedition nach dem Pendjab abgehen zu lassen, das jener Zeit unter der Herrschaft Rendjeit Singh’s stand. Der anonyme Bericht über dieselbe, der in den »
Annales des Voyages
« erschien, enthält mehrere interessante Einzelheiten. Wir theilen also einige Auszüge daraus mit.
Am 6. April traf der englische Officier, dem diese Mission anvertraut war, in Herduar ein, eine Stadt, welche zur Zeit der jährlich abgehaltenen Messe den Sammelplatz von wenigstens einer Million Menschen bildet. In Boria, zwischen der Jumna und dem Seteedje, konnte sich der Reisende der indiscreten Neugier der Weiber, die ihn mit aller Gewalt sehen wollten, nicht entziehen.
»Ihre Blicke und Gesten, sagt der Bericht, drückten die höchste Bewunderung aus. Sie drängten sich, aus vollem Halse lachend, heran; meine Gesichtsfarbe erregte ihre Heiterkeit. Sie richteten eine Menge Fragen an mich, wollten wissen, ob ich keinen Hut trüge, ob ich das Gesicht der Sonne aussetze, ob ich nur unter einem Schutzdache ausginge und auf dem, in meinem Zelte stehenden Tische schlafe. Mein Bett stand übrigens im Zelte an der Seite, doch waren dessen Vorhänge geschlossen. Dann besichtigten sie eingehend die Leinwand des Zeltes und Alles, was sich darin vorfand. Sie hatten Alle recht hübsche Gesichter, mit mildem, angenehmem Ausdrucke; ihr olivenfarbiger Teint contrastirte wohlthuend gegen ihre weißen wohlgeformten Zähne, eine Eigenschaft, welche alle Bewohner des Pendjab gemein haben.«
Der englische Officier besuchte weiter Mustafabad, Mulana und Umballa. Das Land, durch welches er kam, bewohnten meist Shiks, deren Charakter sich durch Wohlthätigkeit, Gastfreundschaft und Wahrheitsliebe recht vortheilhaft auszeichnet. Der Verfasser nennt dieselben die beste Menschenrace in Indien. Die nächsten Stationen bildeten dann Patiata, Makenara, Fegnara, Oudamilla, bis wohin Lord Lake bei der Verfolgung eines Maharattenhäuptlings im Jahre 1805 vorgedrungen war, und endlich Umritsar, welche alle ohne Schwierigkeiten erreicht wurden. Umritsar ist besser gebaut, als die meisten anderen Städte von Hindostan. Es bildet den bedeutendsten Handelsplatz für Shawls und Safran, sowie für andere Waaren aus dem Dekkan.
»Am 14. besuchte ich, erzählt der Reisende, mit weißen Schuhen an
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