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Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Der Triumph des 19. Jahrhunderts

Titel: Der Triumph des 19. Jahrhunderts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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den Füßen und unter Beobachtung der gebräuchlichen Ceremonien den Amretsir oder das Becken des Unsterblichkeitstrankes, von dem die Stadt ihren Namen hergeleitet hat. Es besteht aus einem Bassin von etwa hundertfünfunddreißig Schritten Seitenlänge, aus Backsteinen erbaut, in dessen Mitte sich ein hübscher, Gurugowind Singh geweihter Tempel befindet, zu dem man auf einem Dammwege gelangt; derselbe ist äußerlich und im Innern gleichmäßig verziert und der Rajah läßt wiederholt auf eigene Kosten noch neue Zieraten anbringen. An diesem geheiligten Orte liegt unter einem seidenen Himmel das von Guru in Guru-mukthir-Schrift abgefaßte Buch der Gesetze. Der Tempel selbst heißt Hermendel, oder der Wohnsitz Gottes. Den Dienst an demselben besorgen fast achthundert »Akalis« oder Priester, welche sich von den freiwilligen Spenden der den Tempel besuchenden Gläubigen ganz bequeme Häuser erbaut haben. Obwohl die Priester eine unbegrenzte Hochachtung genießen, halten sie sich doch keineswegs frei von Fehlern. Sobald sie Geld haben, verschwenden sie es eben so leicht, wie sie es erwarben. Der Zulauf von schönen Frauen, welche alle Morgen nach dem Tempel ziehen, ist wahrhaft wunderbar. Dieselben übertreffen in der Eleganz ihrer Erscheinung, der Wohlgestalt der Körperform und durch die regelmäßigen Gesichtszüge beiweitem die Frauen der anderen Volksclassen von Hindostan.«
    Nach Umritsar besuchte der Officier Lahore. Er war sehr begierig zu sehen, was von dieser ehemals so großen Stadt zu Anfang unseres Jahrhunderts noch übrig wäre.
    »Die sehr hohen Mauern, sagt er, sind äußerlich mit allem Luxus des orientalischen Geschmackes verziert, sonst aber ebenso in Verfall wie die Moscheen und Häuser der Stadt. Hier sah man die zerstörende Hand der Zeit, wie in Delhi und Agra. Schon sind die Ruinen von Lahore ebenso umfänglich wie die jener alten Hauptstadt.«
    Drei Tage nach seiner Ankunft wurde der Reisende von Rendjeit Singh empfangen, der ihn zuvorkommend aufnahm und sich mit ihm hauptsächlich über militärische Angelegenheiten unterhielt. Der Rajah war damals siebenundzwanzig Jahre alt. Sein Gesicht hätte man hübsch nennen können, wenn ihn die Pocken nicht eines Auges beraubt hätten; sein Auftreten war einfach, leutselig und doch erkannte man in ihm den Herrscher. Nachdem er noch das Grab des Schah Djahan, den Schalamar und andere hervorragende Bauwerke von Lahore in Augenschein genommen, reiste der Officier nach Delhi und nach den Besitzungen der Compagnie zurück. Man verdankte ihm die bessere Kenntniß einer interessanten Landschaft, welche die unersättliche Habgier der englischen Verwaltung bald genug reizen sollte.
    Im folgenden Jahr (1809) hatte die Compagnie eine aus den Herren Nicolas Hankey Smith, Henry Ellis, Robert Taylor und Henry Pottinger bestehende Gesandtschaft an die Emire von Sindhy abgeschickt. Die Begleitmannschaft führte der Kapitän Charles Christie.
    Die Gesandtschaft ging zu Schiffe bis Keratchi. Der Gouverneur dieses Forts wollte die Ausschiffung nicht gestatten, bevor er nicht Verhaltungsbefehle von den Emiren erhalten hätte. Dadurch entstand ein lästiger Schriftwechsel, in Folge dessen Smith einige verächtliche Redensarten in Bezug auf den Titel und Rang des General-Gouverneurs gegenüber dem der Emire zu Ohren kamen. Der Gouverneur des Forts entschuldigte sich mit seiner Unkenntniß der persischen Sprache und gelobte, um jede Spur von üblem Einvernehmen zu tilgen, die Personen, von welchen jene Beleidigungen ausgingen, nach Belieben des Gesandten hinrichten oder blenden zu lassen. Diese Erklärung genügte den Engländern, welche auf die Bestrafung der Schuldigen verzichteten.
    In ihren Briefen schlugen die Emire einen ziemlich verächtlichen Ton an; sie zogen gleichzeitig ein Heer von achttausend Mann zusammen und legten den Engländern alle erdenklichen Hindernisse in den Weg. Nach langen Verhandlungen, die nicht ohne wiederholte Demüthigungen des britischen Stolzes abgingen, erhielten die Gesandten die Erlaubniß, nach Hayderabad weiter zu reisen.
    Jenseits Keratchi, dem Hauptausfuhrhafen von Sindhy, erstreckte sich längs des Meeres eine ungeheure Ebene ohne Baum und Strauch. Fünf Tagereisen brauchte man, dieselbe zu durchziehen, um nach der, jener Zeit verlassenen und zerstörten früheren Hauptstadt von Sindhy, nach Tatah, zu gelangen. Früher stand dieselbe durch Kanäle mit dem Sindh, einem gewaltigen Flusse, der an seiner Mündung mehr einem Meeresarme

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